Politik
Kommentar

Elektromobilität: Deutschlands Spaltung erschwert die sachliche Debatte

Beim Thema Elektromobilität ist eine Einigung oder wenigstens eine sachliche Debatte nicht zu erwarten. Denn die politischen Parteien sind in zwei unversöhnliche Lager gespalten.
Autor
25.03.2020 14:00
Lesezeit: 4 min

Beim Thema Elektromobilität ist Deutschland in zwei unversöhnliche Lager gespalten. Auf der einen Seite gibt es jene, die von der Politik wirksame Maßnahmen erwarten, damit möglichst viele Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren durch Elektroautos ersetzt werden. Und auf der anderen Seite gibt es jene, die es für falsch halten, dass der Staat hier die Richtung vorgibt.

Einig sind sie sich immerhin darin, dass der Umgang mit der Elektromobilität massive Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und auf die Umwelt hat. Denn auch die Befürworter räumen ein, dass die Umstellung kurzfristig hohe Kosten verursacht. Dies sei jedoch durch den langfristigen Nutzen gerechtfertigt, gerade auch im Hinblick auf das Klima. Die Gegner hingegen fürchten, dass die Umstellung eine Verschwendung von Ressourcen ist und ihre Kosten weit geringer sind als der Nutzen.

Die große Koalition hat zum 19. Februar einen erhöhten „Umweltbonus“ für neue Elektroautos, Plug-in-Hybride und Wasserstofffahrzeuge eingeführt. Diese erhöhte Kaufprämie von bis zu 6.000 Euro kann man auch noch im Nachhinein für alle berechtigten Fahrzeuge beantragen, die nach dem 4. November 2019 zugelassen wurden. Der Bund und die Autoindustrie übernehmen jeweils die Hälfte der Kosten. An Bundesmitteln sind dafür mehr als 2 Milliarden Euro eingeplant.

Die Grünen unterstützen diese Subventionierung von Elektroautos, Plug-in-Hybriden und Wasserstofffahrzeugen, gehen in ihren Forderungen aber noch weiter. So wollen sie die Autohersteller dazu verpflichten, „einen bestimmten Anteil an E-Autos zu produzieren, damit die Absatzzahlen nach oben gehen“, sagt Grünenchefin Annalena Baerbock. Denn das Ziel der Grünen ist eine „klimaneutrale Produktionsweise“.

Auch die Linke ist prinzipiell dafür, dass der Staat die Transformation der Automobilindustrie subventioniert. Sie fordert dafür aber im Gegenzug, dass „Beschäftigung erhalten bleibt und neue gute Arbeitsplätze in zukunftsträchtigen Bereichen geschaffen werden“ sowie zusätzlichen Einfluss der Beschäftigten auf Unternehmensentscheidungen, sagte kürzlich Linke-Politiker Klaus Ernst, der mitunter auch „Porsche-Klaus“ genannt wurde, weil er einen Porsche fuhr, den er vor rund zwanzig Jahren bekam, als er im Aufsichtsrat von Porsche war.

Auch die FDP will „den Null-CO2-Ausstoß so schnell es geht“, heißt es auf ihrer Webseite. Allerdings stellen die Liberalen die Nachhaltigkeit von E-Autos insgesamt in Frage. „Die Bundesregierung rechnet sich die E-Mobilität schön. So sollen E-Autos durchschnittlich zwölf Jahre in Betrieb bleiben. Wegen der sinkenden Batterieleistung geben Autohersteller allerdings nur sieben bis acht Jahre Garantie. Da die Herstellung der Batterie äußerst CO2-intensiv ist, steht und fällt damit die Ökobilanz“, so der FDP-Politiker Oliver Luksic. Stattdessen sollten synthetische Kraftstoffe und die Brennstoffzelle eine Chance bekommen.

Noch weiter geht die AfD, die nicht nur die Umstellung auf E-Autos für unsinnig hält, sondern auch die von den anderen angestrebte CO2-Neutralität. „Der politisch gewollte Kampf gegen Diesel- und Verbrennungsmotoren, der willkürliche Grenzwertewahn und die von Brüssel und Berlin verordnete E-Auto-Planwirtschaft treffen die deutsche Automobilindustrie gerade dort, wo sie ihre Stärken hat, nämlich in der Antriebstechnik, Forschung und Entwicklung“, sagt Vize-Bundessprecherin Alice Weidel. „Wir müssen endlich aufhören, dem Herzstück unserer produktiven Industrie im ‚Klimaschutz‘-Wahn laufend weitere Mühlsteine um den Hals zu hängen.“

Bei der Elektromobilität zeigt sich also die gleiche Spaltung der politischen Landschaft wie bei vielen anderen Themen. Auf der einen Seite steht die AfD – ganz deutlich wird dies etwa im Streit um EU und Euro-Rettung, um Asyl und Zuwanderung oder um das zu fördernde Familienbild. Und auf der anderen Seite stehen CDU/CSU, Grüne, SPD, die Linke und meist auch die FDP. Und weil große Teile der Bevölkerung die AfD mehr oder weniger als „Nazis“ sehen, sind auch viele ihrer Positionen tabu und können nicht mehr sachlich diskutiert werden.

Diese Spaltung unseres Landes ist ein gewaltiges Problem für die Debatte. Denn Positionen, die auch von der AfD unterstützt werden, erscheinen vielen als „rechts“ und werden daher erst gar nicht diskutiert – so auch beim Thema Elektromobilität. Zwar ist Adolf Hitler einst ein Auto mit Verbrennungsmotor gefahren und hat wohl auch die Konstruktion eines „Volkswagens“ angeordnet, doch das ist nicht der Grund, warum heute jemand an der alten Technologie festhalten will.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Eilmeldung Washington DC: Schüsse nahe dem Weißen Haus - Zwei Nationalgardisten angeschossen
26.11.2025

In der Nähe des Weißen Hauses in Washington sind zwei Nationalgardisten von einem Schützen angeschossen worden. Sie befinden sich in...

DWN
Politik
Politik Deutsche Bank gegen Verband der Familienunternehmer: Mietvertrag gekündigt auf Grund der Einladung eines AfD-Politikers
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein – entgegen der politisch gewollten Brandmauer der etablierten...

DWN
Politik
Politik Bündnis Sahra Wagenknecht: AfD unterstützt Neuauszählung der Bundestagswahl
26.11.2025

An gerade mal 9.500 fehlenden Stimmen scheiterte im Februar der Einzug des BSW in den Deutschen Bundestag. Seitdem fordert die Partei eine...

DWN
Politik
Politik Grüngasquote für Energiewende: Mehr Umweltschutz und mehr Kosten für Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft und Energiewende in Deutschland weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz bei GOVECS – das Ende der elektrischen Schwalbe
26.11.2025

Das Münchner Unternehmen Govecs stellt unter dem Namen der in der DDR populären Moped-Marke seit einigen Jahren Elektroroller her. Nun...

DWN
Politik
Politik Chatkontrolle: EU-Staaten setzen auf freiwillige Maßnahmen statt Pflichtkontrollen
26.11.2025

Die EU ringt seit Jahren darum, wie digitale Kommunikation geschützt und zugleich besser überwacht werden kann. Doch wie weit sollen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarz Group plant Lidl-Rechenzentrum: Milliardenprojekt für Deutschlands KI-Infrastruktur
26.11.2025

Die Großinvestition der Schwarz Group verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb um digitale Infrastruktur in Europa. Doch welche Bedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobs wandern nach Südamerika: Faber-Castell will 130 Stellen in Deutschland streichen
26.11.2025

Hohe Kosten und eine schwache Nachfrage: Der fränkische Schreibwarenhersteller will Fertigung nach Südamerika verlagern und dafür...