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Deutschland, ein Nachtwächter-Staat: Ein Plädoyer für mehr Konsequenz und Härte

Deutschland entwickelt sich immer mehr zu einem Nachtwächterstaat, in dem jedes Verhalten - und sei es noch so unsozial und gemeinschaftsschädlich - um des lieben Friedens willen toleriert wird. DWN-Chefredakteur Hauke Rudolph fordert mehr Bürgersinn - und eine Rückkehr zu mehr Härte und Durchsetzungswillen.
24.03.2020 15:27
Aktualisiert: 24.03.2020 15:27
Lesezeit: 2 min
Deutschland, ein Nachtwächter-Staat: Ein Plädoyer für mehr Konsequenz und Härte
Romantik pur: Ein Nachtwächter. Aber in der realen Welt benötigt die deutsche Gesellschaft wieder mehr Härte und weniger Gefühlsduselei und falsch verstandene Toleranz. (Foto: dpa)

Das Corona-Virus breitet sich immer weiter aus, es ergehen eindeutige Vorschriften zum Verhalten in der Öffentlichkeit – und trotzdem feiern Zehntausende junge Leute, als ob es kein Morgen gäbe, setzen sich und die Menschen, mit denen sie anschließend in Kontakt treten, auf diese Weise einem vielfach erhöhten Infektions-Risiko aus.

Und die Polizei? Versucht mit Ansprachen, die Feierwütigen zu Einsicht und Vernunft zu bringen. Zum konsequenten Mittel Versammlungsauflösung wird nur im äußersten Fall gegriffen, wenn´s anders nicht mehr geht.

Mittlerweile landen auf deutschen Flughäfen Maschinen aus China und dem Iran, wo die Zahlen der an Corona Erkrankten besonders hoch sind. Werden die aussteigenden Passagiere auf den Virus getestet? Natürlich nicht (inzwischen wurden Corona-Partys und Flugzeug-Ankünfte aus Risiko-Ländern gestoppt, doch wie lange hat das gedauert?).

Merken Sie etwas, liebe Leser? Wir leben in einem Nachtwächter-Staat. Einem Staat, der sich davor scheut, auch nur die geringsten Schritte zu unternehmen, um die notwendigen Regeln, die den Kitt des Zusammenlebens und des Zusammenhalts in einer freien demokratischen Gesellschaft bilden, auch durchzusetzen.

Täte er das, würden er und seine Repräsentanten, beispielsweise die Polizei, sofort der überzogenen Härte bezichtigt. Des Faschismus. Oder – ein ganz besonders perfider Vorwurf – sie würden als „Nazis“ beschimpft.

Wer diesen Staat schätzt, in dem die Menschen seit 1949 so frei leben können, wie vorherige Generationen es sich niemals hätten träumen lassen, muss solchen Exzessen entgegenwirken. Das heißt nicht, dass er mit allem einverstanden sein muss, was die Regierung beschließt. So mancher glaubt nicht an die Gefährlichkeit des Corona-Virus – und dazu hat er jedes Recht. Aber: Es kann nicht sein, dass er daran sein Verhalten ausrichtet. Wenn ich mich ausschließlich an dem orientiere, was ich persönlich für richtig halte, wenn ich nur die Regeln einhalte, die ich selbst für sinnvoll erachte: Dann, ja dann haben wir bald das Chaos. Die Anarchie. Dann setzt sich derjenige durch, der seiner Meinung am wirkungsvollsten mit der Faust Nachdruck verleihen kann. Oder mit noch effektiveren Mitteln als nur der Faust.

Ich will, dass das Recht durchgesetzt wird. Dass sich alle an das Recht halten. Und sich anständig verhalten; so, wie man es von einem normalen Bürger dieses Landes, einem durchschnittlichen Mitglied der Gesellschaft erwarten kann. Ich will nicht, dass Gutmenschen, lasche Richter und politische Profiteure der Polizei in den Rücken fallen. Die Polizei ist nicht dafür da, zu diskutieren – sie ist dafür da, das Recht durchzusetzen. Konsequent. Ausnahmslos. Wenn notwendig, mit aller Härte.

Ich will nicht, dass Richter immer und immer wieder ein Auge zudrücken. Erste Tat: Bewährung. Zweite Tat: Jetzt werd´ ich aber ungeduldig - aber ich will Ihnen noch eine Chance geben: Bewährung. Dritte Tat: Das hier ist meine letzte Warnung - Bewährung. Vierte Tat: Aber jetzt wirklich die allerletzte Warnung: Bewährung ...

Ich will nicht, dass junge Menschen, die Corona-Partys feiern, mit Samthandschuhen angefasst werden. Weil die lieben Jungs und Mädchen doch so sensibel sind, und Laktose-intolerant, und vegan lebend, und überhaupt… Hat eigentlich schon mal jemand daran gedacht, die Wehrpflicht wieder einzuführen, oder – sollte das aus geopolitischen Gründen keinen Sinn machen – einen einjährigen Dienst für die Gesellschaft?

Ich will vor allem nicht, dass Politiker sich dem allgemeinen Trend, der da heißt, „alles geht, und nichts und niemandem sind Grenzen gesetzt“, aus wahlstrategischen Gründen anpassen beziehungsweise diesen Trend noch verstärken. Wer dies tut, macht sich an unserer Gesellschaft und unserem Land schuldig.

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