Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bisher im Rahmen ihrer verschiedenen Wertpapierkaufprogramme nur europäische Staats- und Unternehmensanleihen gekauft. Doch aus Sicht des slowakischen Notenbankchefs Peter Kazimir könnte die EZB künftig mit frisch gedrucktem Geld auch börsennotierte Fonds (ETFs) erwerben.
"Es handelt sich um eine sehr technische Frage, die auf technischer Ebene offen ist und mit der sich die Experten beschäftigen. Ich will das für die Zukunft nicht ausschließen, aber es gibt keine Entscheidung zu diesem Thema", sagte das EZB-Ratsmitglied am Dienstag auf einer Konferenz der slowakischen Notenbank, wie Reuters berichtet.
Diese Andeutungen zu möglichen ETF-Käufen aus dem obersten Beschlussorgan der EZB sind möglicherweise ein Test, ob diese Idee bei Investoren gut ankommen würde. In den USA hatte die Federal Reserve am Montag bereits angekündigt, künftig neben anderen Papieren auch ETFs (und kurzlaufende Unternehmensanleihen) zu kaufen.
In Japan erwirbt die dortige Notenbank schon seit vielen Jahren börsennotierte Fonds. Sie hält inzwischen knapp 75 Prozent - in Worten: drei Viertel aller ETFs in dem Land. Dies ist de facto weit voran geschrittene Verstaatlichung des japanischen Aktienmarkts. Zudem macht die Zentralbank derzeit massive Verluste mit ihrem ETF-Portfolio, da die Kurse fallen, und dies obwohl sie beliebig viel Geld drucken kann.
Die EZB hatte in Reaktion auf die Verschärfung der Viruskrise in der vergangenen Woche umfangreiche zusätzliche Anleihenkäufe im Volumen von 750 Milliarden Euro bis zum Jahresende beschlossen. Erstmals erwerben die Euro-Wächter auch kurzlaufende Firmenanleihen, auch "commercial papers" genannt. Damit verfolgen sie das erklärte Ziel, Unternehmen gegen Finanzierungsengpässe abzusichern.
Insgesamt addieren sich die für dieses Jahr geplanten Wertpapierkäufe der EZB auf rund 1,1 Billionen Euro. Damit dürfte die Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank bis zum Jahresende auf ein neues Allzeithoch nahe der Marke von 6 Billionen Euro steigen.