Politik

Wenige Hunderttausend bestimmen über das Schicksal von Milliarden: „Nie haben weniger Menschen mehr Umwälzungen bewirkt!“

Lesezeit: 2 min
27.03.2020 11:25  Aktualisiert: 27.03.2020 11:25
Der Informations- und Finanzdienst Solvecon liefert in seinem aktuellen Forex-Report einen interessanten Kommentar zur gegenwärtigen Corona-Pandemie.
Wenige Hunderttausend bestimmen über das Schicksal von Milliarden: „Nie haben weniger Menschen mehr Umwälzungen bewirkt!“
Eine verwaiste U-Bahn-Station in Hamburg. (Foto: dpa)
Foto: Markus Scholz

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Informations- und Finanzdienst Solvecon Invest liefert in seinem aktuellen Forex-Report einen interessanten Kommentar zur gegenwärtigen Corona-Pandemie:

Nie haben weniger Menschen abseits von Kriegen abrupter mehr strukturelle Umwälzungen ausgelöst als in dieser Corona-Krise. Diese Umwälzungen haben markante Folgen.

Anders ausgedrückt lässt die Politik es zu, dass global etwa 530.000 offiziell nachgewiesene Corona-Fälle (davon circa 122.000 genesen, inoffizielle Zahl höher, damit Sterblichkeitsrate geringer) und bisher circa 24.000 Todesfälle (Grippesaison Deutschland 2018: 20.000 Tote) über die restlichen 7,7 Milliarden Menschen bezüglich der Freizügigkeit und der wirtschaftlichen und existentiellen Bedingungen implizit „bestimmen“.

Fünf Prozent der Erkrankten zeigen laut Experten schwere Symptome. Mit anderen Worten sind derzeit circa 27.000 kritische Fälle Treiber der aktuellen politischen Extremmaßnahmen, die bezüglich einer Pandemie historisch einmalig sind.

Die Infektionsdynamik ist außerhalb Chinas derzeit noch nicht gebrochen. Das Risikocluster dieser Pandemie ist für alte und durch andere Krankheiten vorbelastete Menschen unverändert hoch (wie jede normale Grippe). Es gilt diese Gesellschaftsgruppen effizient abzuschirmen, um Zeit zu gewinnen, bis Erfolg versprechende Behandlungsmöglichkeiten gegeben sind. Das wird laut Experten bis spätestens Mitte 2021 der Fall sein. In der Zwischenzeit sind Tests drastisch auszuweiten, um überhaupt die Basis eines sachlichen Status Quo zu gewährleisten und die Angemessenheit der politischen Aktivität der Extremmaßnahmen zu überprüfen.

Macht es Sinn im Rahmen der aktuellen politischen Extremmaßnahmen die gesunden Grundstrukturen der Versorgung der Weltwirtschaft und der Stabilität der Gesellschaften zu riskieren? Die Antwort lautet umfänglich „Nein“. Es wäre tollkühn, eine temporäre Krise zu einer existentiellen Krise der Weltwirtschaft mit destabilisierenden Folgen für die Gesamtgesellschaften zu machen. Wieviel Tote hätte das zur Folge? Wieviel politische Instabilität mit massivsten Folgen für die Menschen wären die Konsequenz?

Kurzfristig ist es sinnvoll, einen „Shutdown“ (zwei bis maximal vier Wochen) zu verfügen, weil dadurch die Möglichkeit geschaffen wird, dass die Verantwortlichen die Situation der Infektion besser kontrollieren können und nicht das Virus solitär die Situation in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, in den Medien und schlussendlich in der Politik bestimmt. Die Erfolge Chinas können diesbezüglich als Richtung weisend interpretiert werden. Die Betonung liegt auf dem Begriff kurzfristig. Diese kurzfristige Zeitspanne muss dazu genutzt werden, die Gesundheitsinfrastruktur zu optimieren.

Mittel- und langfristig muss aber auch hinterfragt werden, ob die gegenwärtige Gesundheitsinfrastruktur die in sie gesetzten Ansprüche erfüllt. Die Sterbefälle in den USA und dem UK (unterfinanziertes NHS) sprechen diesbezüglich Bände. Gibt es politische Güter, die unter Umständen besser nicht nach dem Gewinnmaximierungsprinzip, sondern nach den gesellschaftspolitischen Erfordernissen organisiert werden sollten? Ist das am Ende nicht drastisch billiger als die jetzt verfügten haushaltspolitischen Maßnahmen? Heute bestimmen Virologen (die sich in der Vergangenheit häufiger irrten, u.a. Schweinegrippe) und Medien über die Stimmungen, die in der Gesellschaft gespiegelt werden, in der Ökonomie Folgen zeitigen und Politik zu Aktionen veranlassen.

Exkurs für Nachdenklichkeit: Wie viele Menschen starben über die Jahrhunderte, um die aktuell in den westlichen Gesellschaften gelebte Freiheit und Selbstbestimmung zu erreichen? Wie willfährig ist die Gesellschaft bereit, diese Freiheiten wegen einer temporären gesundheitlichen Bedrohung aufzugeben?


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Das Ende des Wirtschaftswachstums: Kommt nun der Untergang des Abendlandes?
29.05.2023

Stagniert unsere Wirtschaft in Wahrheit seit Jahren? Sinkt der Lebensstandard bereits? Christian Kreiß deckt die Faktoren auf, auf die es...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis steigt - trotz wachsendem Widerstand der Klimapolitik
29.05.2023

Der Goldpreis wurde zuletzt durch Geldpolitik und geopolitische Umbrüche nach oben getrieben. Doch nun macht die Klimapolitik der Branche...

DWN
Deutschland
Deutschland DWN-Exklusiv-Interview: Sterberisiko Armut
29.05.2023

Wer arm ist, muss in der Regel früher sterben. Das liegt nicht allein an schlechterer Ernährung oder schlechterer medizinischer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mehr Unternehmensinsolvenzen – langjähriger Trend gebrochen
29.05.2023

Die wirtschaftliche Unsicherheit sorgt für mehr Unternehmensinsolvenzen. Nach vielen Jahren mit immer weniger Pleiten manifestiert sich...

DWN
Ratgeber
Ratgeber Gehören Rohstoff-ETFs ins Portfolio?
29.05.2023

Rohstoffe gelten als Inflationsschutz. Das zeigte sich vor allem im vergangenen Jahr. Lohnt sich ein Investment?

DWN
Politik
Politik DWN Exklusiv – Folker Hellmeyer: „Wir erleben die größte existenzielle Krise seit 1949“
28.05.2023

Die Machtachsen verschieben sich zu Ungunsten des Westens, konstatiert Folker Hellmeyer, Experte für Weltwirtschaft und Geopolitik. Ein...

DWN
Finanzen
Finanzen So wird der Yuan zur Reservewährung für Eurasien und Afrika
28.05.2023

Große Teile der Welt ersetzen den Dollar für Importe und Exporte durch den Yuan. Die Entwicklung erinnert an die Einführung des...

DWN
Ratgeber
Ratgeber Rentenberater erklärt: So gehen Sie vorzeitig in Rente
28.05.2023

Bis zum Jahr 2031 steigt das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre. Doch es gibt Tricks, um früher in Rente zu gehen. Wir haben mit einem...