Politik

Corona: Im eigenen Land setzt China auf Zensur, im Ausland auf PR

Die chinesische Regierung unterdrückt wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Corona-Virus. Darüber hinaus versuchen staatliche Online-Medien, die Meinung im Westen im Sinne Pekings zu beeinflussen.
11.04.2020 19:04
Aktualisiert: 11.04.2020 19:04
Lesezeit: 2 min
Corona: Im eigenen Land setzt China auf Zensur, im Ausland auf PR
Eröffnungszeremonie des 19. Parteitages der Kommunistischen Partei Chinas (Oktober 2017). (Foto: dpa) Foto: -

Offenbar will die chinesische Politik Einfluss auf wissenschaftliche Veröffentlichungen nehmen, die sich mit dem Corona-Virus befassen. Wie der Guardian berichtet, sind auf den Webseiten von mindestens zwei renommierten chinesischen Universitäten sowie einem Universitäts-Krankenhaus Aufrufe von Ministerien veröffentlicht worden, in denen Wissenschaftler aufgefordert wurden, sich erst mit staatlichen Stellen in Verbindung zu setzen, bevor sie Forschungsergebnisse zum Thema Corona veröffentlichen. Die Aufforderungen sind inzwischen wieder gelöscht worden.

Eine der betroffenen Universitäten ist die „China University of Geo-Sciences“ in Wuhan, also der Stadt, in der das Virus ausbrach. In dem Aufruf stand, dass der akademische Rat der Uni „mit Nachdruck sowohl die Richtigkeit von Artikeln“ prüfen solle als auch, „ob sie für die Veröffentlichung geeignet“ seien. Und weiter: „Nach Beendigung der Überprüfung sollte die Universität das Ministerium für Wissenschaft und Technik kontaktieren, und der Artikel sollte erst dann veröffentlicht werden, wenn das Ministerium ihn überprüft“ habe.

In einem Aufruf auf der Webseite des Renmin-Krankenhauses der Universität Wuhan stand, dass wissenschaftliche Aufsätze, die sich mit der Entstehung des Corona-Virus befassen, zur Veröffentlichung die Genehmigung des Ministeriums benötigen.

In einem Aufruf auf der Webseite des Instituts für Informatik an der Fudan Universität in Schanghai hieß es, Aufsätze mit dem Ausbruch des Virus als Thema müssten „streng und ernsthaft“ geprüft werden. Sie dürften nur mit Genehmigung des chinesischen Erziehungs-Ministeriums veröffentlicht werden.

Der Leiter des renommierten China-Instituts an der Universität London, Steve Tsang, sagte, dass die chinesische Regierung seit Ausbruch der Pandemie sehr genau beobachtet habe, wie die Ereignisse rund um das Virus wahrgenommen wurden. Für Peking habe „die Kontrolle über die öffentliche Wahrnehmung Priorität“; sie sei „wichtiger als die öffentliche Gesundheit oder der ökonomische Schaden“.

Der Guardian kontaktierte die chinesische Botschaft in Washington, die sich jedoch in der Angelegenheit nicht äußern wollte.

Das von dem schwedischen IT-Unternehmer Christopher Ahlberg gegründete Cyber-Sicherheits-Unternehmen „Recorded Future“ hat in einer Studie untersucht, wie staatliche chinesische Online-Medien, die sich an ein westliches Publikum wenden, die Pandemie dargestellt haben und noch immer darstellen. Die Studien-Autoren fest, dass es zwei Phasen gegeben habe: Die erste vom 9. Januar bis zum 10. Februar, in der die Öffentlichkeit ziemlich sachlich und objektiv informiert wurde. Die zweite, die am 11. Februar begann und bis heute andauert, in der großer Aufwand betrieben wird, um China positiv darzustellen. Ziel sei es, das Reich der Mitte und seine Regierung von jeder Schuld frei zu sprechen, Staatspräsident Xi Jinping als umsichtigen Anführer zu porträtieren, der die Zügel fest in der Hand hält, sowie zu erreichen, dass China nicht mehr als das Land angesehen wird, wo das Virus ausbrach, sondern als das Land, das in der Krise als Helfer eine globale Führungsrolle einnimmt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Schott Pharma-Aktie: Zähe Nachfrage nach Glasspritzen – Pharmazulieferer Schott Pharma schaut vorsichtig auf 2026
04.12.2025

Die Schott Pharma-Aktie ist am Donnerstag nachbörslich unter Druck geraten, Anleger beäugen den Ausblick des Mainzer Pharmazulieferers...

DWN
Politik
Politik Die EZB blockiert: Streit um EU-Pläne für eingefrorene russische Vermögenswerte
04.12.2025

Die EU ringt um einen Weg, die finanziellen Belastungen des Ukrainekriegs abzufedern, doch zentrale Institutionen setzen klare Grenzen. Wie...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Moskau: Trump-Gesandte führen Gespräche mit Putin
04.12.2025

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau rücken die Suche nach einer realistischen Friedenslösung wieder in den Mittelpunkt der...

DWN
Politik
Politik EU Ermittlungen: Staatsanwaltschaft nimmt Büros von Kaja Kallas ins Visier
04.12.2025

Die Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft rücken den Umgang mit sensiblen EU-Mitteln und institutionellen Abläufen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell leichter: Kurspotenzial weiter hoch – jetzt Rücksetzer nutzen und Silber kaufen?
04.12.2025

Der Silberpreis hat am Mittwoch ein Rekordhoch erreicht. Doch der starke Anstieg des Silberpreises in den vergangenen Monaten stellt die...