Deutschland

Ministerium: Zahl der Anrufe wegen häuslicher Gewalt gestiegen

Zu Beginn der Corona-Krise warten Experten eindringlich vor einem Anstieg der häuslichen Gewalt und des Missbrauchs in den eigenen vier Wänden. Im Familienministerium gibt es nun erste Hinweise, dass es wirklich so kommt - die Datenlage ist allerdings schwierig.
22.04.2020 15:34
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Ministerium: Zahl der Anrufe wegen häuslicher Gewalt gestiegen
Ein als Silhouette abgebildeter Mann droht einer Frau mit der Faust. (Foto: dpa) Foto: Jan-Philipp Strobel

Beim deutschlandweiten Hilfetelefon «Gewalt gegen Frauen» hat die Nachfrage nach Beratung zu häuslicher Gewalt zuletzt zugenommen. Vergangene Woche habe man eine Steigerung von 17,5 Prozent im Vergleich zu zwei Wochen zuvor verzeichnet, sagte eine Sprecherin von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. Bis dahin sei die Entwicklung der Beratungskontakte vergleichbar zum Vorjahr 2019 verlaufen - also ohne Auffälligkeiten. Ein Trend sei feststellbar. Giffey hatte Anfang der Woche die gestiegene Nachfrage in Zusammenhang mit der Corona-Krise gestellt, Familien stünden auf engem Raum unter besonderem Stress.

Zu Beginn der Krise hatten Experten und Politiker vor einer Zunahme von häuslicher Gewalt und Missbrauch gewarnt, weil die Familien dauerhaft in der Wohnung bleiben müssten und soziale Kontrolle durch Schulen, Kitas sowie Freunde und Bekannte entfalle.

Bis es dazu belastbare Daten etwa in den Kriminalstatistiken gibt, dauert es. «Wir haben bislang keine besorgniserregenden Steigerungen festgestellt und kein erhöhtes Fallaufkommen», sagte ein Sprecher der Polizei in München der dpa. «Das ist die erste Trend-Beobachtung.» Allerdings würden Fälle oft erst im Nachhinein oder verspätet angezeigt. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen hatte das Innenministerium nach Ostern mitgeteilt, der befürchtete Anstieg der häuslichen Gewalt sei ausgeblieben. Der Rückgang der registrierten Gewalttaten insgesamt liege bei 30 Prozent.

Auch Berichte von Behörden und Hilfseinrichtungen aus anderen Bundesländern geben bisher keine Hinweise auf einen deutlichen Anstieg der Gewalt innerhalb der Familien - allerdings sind sie fast immer verbunden mit dem Hinweis, dass Fälle später oder auch gar nicht angezeigt würden.

Im Bereich häuslicher Gewalt, die sich in den meisten Fällen gegen Frauen und Kinder richtet, wird die Dunkelziffer von Experten generell als hoch eingeschätzt. Bereits Ende März hatte der Europarat auf Frankreich verwiesen, wo viele Frauen wegen der Beschränkungen keine Notrufstellen anrufen könnten.

Nach Angaben des Kinderschutzbunds sind die Meldungen bei Jugendämtern wegen Kindeswohlgefährdung zuletzt deutlich gesunken - was aber nicht bedeutet, das weniger passiert. «Vor dem Shutdown kamen etwa 60 Prozent dieser Meldungen von Schulen, Kitas und aus Kinderarztpraxen», sagte der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, der «Rheinischen Post».

Die FDP im Bundestag forderte, die Prävention in den Fokus zu stellen. Es brauche Hotlines «auch für die Täter und solche, die potenziell zu welchen werden könnten», sagte die frauenpolitischen Sprecherin der Fraktion, Nicole Bauer. Für zusätzliche Ferienwohnungen oder Hotelzimmer als Schutzeinrichtungen und mehr Beratung brauche es auch mehr Fachkräfte und Infrastruktur. «Beides fehlt und wird nicht von heute auf morgen verfügbar sein.» Der FDP-Fachpolitiker Matthias Seestern-Pauly mahnte, gerade jetzt müsse man «genau hinschauen, um Gewalt an Kindern und Jugendlichen zu verhindern».

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte unter Druck: Wie private Kreditmärkte einen Börsencrash begünstigen
15.10.2025

Die Finanzmärkte sehen sich neuen Risiken ausgesetzt, die im schlimmsten Fall zu einem Börsencrash führen könnten. Besonders die...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Demenz-Todesfälle in Deutschland registriert
15.10.2025

Immer mehr Menschen in Deutschland sterben an Demenz. Besonders betroffen sind Frauen – doch bei Männern steigt die Zahl besonders stark.

DWN
Politik
Politik Migration: Großteil der Geflüchteten armutsgefährdet
15.10.2025

Viele der in Deutschland lebenden Flüchtlinge gelten laut einer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) als...

DWN
Finanzen
Finanzen Ethereum-Kurs erholt sich nach Marktrückgang: Chancen für Kryptowährung
15.10.2025

Die weltweiten Finanzmärkte stehen unter Druck, während geopolitische Spannungen Investoren verunsichern. Der Ethereum-Kurs rückt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen US-Autoindustrie: Autokonzern Stellantis investiert Milliarden in den USA
15.10.2025

Der Opel-Mutterkonzern Stellantis will das lahmende Geschäft auf dem wichtigen US-Markt ankurbeln und nimmt dafür viel Geld in die Hand....

DWN
Politik
Politik Ärztliches Attest: Warken offen für Gespräche über Lockerung bei Krankschreibungen
15.10.2025

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Die besten S&P 500-Aktien: Laut Analysten sollten Anleger diese Aktien aus dem S&P 500 jetzt kaufen
15.10.2025

Analysten empfehlen zehn S&P 500-Aktien zum Kauf. Doch während die Anleger an der Wall Street jubeln, bleibt die Frage: Sind sie wirklich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Öl in der Nordsee: Internationale Konzerne erzielen Milliardenumsätze
15.10.2025

Die Nordsee ist ein wichtiger Schauplatz der globalen Energiebranche, in dem internationale Konzerne hohe Umsätze erzielen und zugleich...