Finanzen

George Soros: „Die EU sollte Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ausgeben“

Lesezeit: 2 min
23.04.2020 14:41  Aktualisiert: 23.04.2020 14:41
Der US-amerikanische Investor George Soros plädiert dafür, dass die EU Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ausgeben sollte, um den europäischen „Recovery Fund“, also den Wiederaufbau-Fonds, zu finanzieren. Die Zerstörungskraft der Corona-Pandemie könne damit zeitlich begrenzt werden.
George Soros: „Die EU sollte Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ausgeben“
Der US-amerikanische Investor George Soros. (Foto: dpa)
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Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat angekündigt, dass Europa etwa eine Billion Euro zur Bekämpfung der Corona-Pandemie benötigen wird. Mit diesem Geld könnte ein europäischer Sanierungsfonds eingerichtet werden. “Aber woher kommt das Geld?”, fragt US-Milliardär George Soros in einem Beitrag des Guardian.

“Ich schlage vor, dass die Europäische Union die Mittel für einen solchen Recovery Fund durch die Ausgabe von „Daueranleihen“ mit unbegrenzter Laufzeit (Perpetual Bonds, Anm.d.Red.) beschaffen sollte. Solche Anleihen müssen vom Kreditnehmer nicht zurückgezahlt werden (aber der Emittent kann sie rückkaufen oder ablösen)”, so Soros.

Andere Länder hätten bereits Erfahrungen mit diesem Ansatz sammeln können. Soros wörtlich: “Das bekannteste Beispiel ist Großbritannien, das konsolidierte Anleihen (Consols) verwendet hat, um die napoleonischen Kriege zu finanzieren, und Kriegsanleihen zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs ausgegeben hat. Diese Anleihen wurden in London noch bis 2015 gehandelt, bevor sie schließlich eingelöst wurden. Und in den 1870ern genehmigte der US-Kongress dem Finanzministerium die Ausgabe von Consols, um damit bereits bestehende Anleihen zu ersetzen, was dann auch in den nächsten Jahren geschah. Die EU befindet sich mitten in einem einmaligen Krieg gegen ein Virus, das nicht nur das Leben der Menschen bedroht, sondern auch das schiere Überleben der Union. Schließen die Mitgliedstaaten sogar ihre Grenzen zu ihren EU-Nachbarn, könnte dies das Prinzip der Solidarität zerstören, auf dem die Union aufbaut.”

Statt dessen müsse Europa, um mit einer beispiellose Lage umzugehen, die sämtliche EU-Mitglieder betreffe, auch außergewöhnliche Maßnahmen treffen. Die Ausgabe von Anleihen, die die volle Glaubwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit der EU hinter sich vereinen, könnte Soros zufolge eine politische Bestätigung dessen werden, was die Europäische Zentralbank sowieso bereits getan habe: nämlich praktisch alle Einschränkungen ihres Anleihekaufprogramms aufzuheben.

Anleihen ohne Laufzeit hätte noch drei weitere Vorteile. Soros führt aus: “Erstens würden sie, da sie nie zurückgezahlt werden müssen, trotz der erheblichen finanziellen Feuerkraft, die sie entfachen könnten, eine überraschend geringe Haushaltsbelastung für die EU bedeuten. Darüber hinaus müssten sie nicht bei Fälligkeit refinanziert werden, also muss die EU keine Amortisierungszahlungen leisten - und noch nicht einmal Geld für ihre Rückzahlung beiseite legen (beispielsweise in einem Tilgungsfonds).

Sie müsste lediglich regelmäßig Zinsen dafür zahlen. Eine Anleihe mit unbegrenzter Laufzeit in Höhe von einer Billion Euro würde den EU Haushalt bei einem Zinssatz von 0,5 Prozent nur fünf Milliarden Euro im Jahr kosten. Dies ist weniger als drei Prozent des EU-Haushalts für 2020. Der zweite Vorteil ist eher technischer Natur, aber ebenso wichtig: Es könnte sein, dass die Märkte eine Emission von einer Billion Euro nicht auf einmal aufnehmen können. Durch Anleihen ohne Laufzeit könnte die EU diese Summe schrittweise platzieren, ohne jedesmal neue Anleihen ausgeben zu müssen. Der dritte Vorteil ist, dass eine solche EU-Anleihe eine sehr attraktive Anlage für die Anleihenkaufprogramme der EZB wäre. Da die Fälligkeit dauerhafter Anleihen immer gleich ist, müsste die EZB ihr Portfolio nicht ausgleichen.”

Die EU müsse für die Ausgabe derartiger Anleihen keine neuen Mechanismen oder Strukturen schaffen, da sie bereits früher Anleihen emittiert habe. Die Erlöse sollen dann für Investitionen und Zuschüsse beim Kampf gegen die Corona-Pandemie verwendet werden. “Sie würden von der Europäischen Kommission entweder direkt oder über Mitgliedstaaten und andere Institutionen (wie Lokalregierungen) verteilt werden, die direkt am Kampf gegen die Corona-Pandemie beteiligt sind”, meint er.

Die Zerstörungskraft der Pandemie könne zeitlich begrenzt sein, aber nur, wenn die europäischen Politiker außerordentliche Maßnahmen treffen würden, um langfristigen Schaden von der EU abzuwenden. Dies sei der Grund, warum der EU Recovery Fund so dringend benötigt werde. “Und die leichteste, schnellste und kostengünstigste Methode, ihn zu finanzieren, besteht in Anleihen mit endloser Laufzeit”, schlussfolgert Soros.

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Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.


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