Finanzen

Schweizer Notenbank verzeichnet schlimmsten Verlust seit 100 Jahren

Die Schweizerische Nationalbank hat für das erste Quartal einen Rekordverlust in Höhe von 38,2 Milliarden Schweizer Franken ausgewiesen. Grund sind die Verluste in ihrem massiven Aktienportfolio.
27.04.2020 12:23
Aktualisiert: 27.04.2020 12:23
Lesezeit: 2 min
Schweizer Notenbank verzeichnet schlimmsten Verlust seit 100 Jahren
Die Turbulenzen auf den globalen Märkten haben der SNB erhebliche Verluste beschert. (Foto: dpa) Foto: Laurent Gillieron

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren schlimmsten Quartalsverlust seit mehr als hundert Jahren verzeichnet. Die Zentralbank hat für das erste Quartal einen Rekordverlust in Höhe von 38,2 Milliarden Schweizer Franken ausgewiesen (aktuell rund 36,3 Milliarden Euro). Als Grund sagte sie am Donnerstag in einer Pressemitteilung. Dies war der größte Verlust in der Geschichte der SNB, die bis zur Gründung im Jahr 1907 zurückreicht.

"Das erste Quartal 2020 war geprägt von der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hatten ab der zweiten Quartalshälfte starke Folgen für die Finanzmärkte und entsprechend für den Erfolg der SNB. Der Verlust auf den Fremdwährungspositionen betrug 41,2 Mrd. Franken. Auf dem Goldbestand resultierte ein Bewertungsgewinn von 2,8 Mrd. Franken. Der Gewinn auf den Frankenpositionen betrug 0,3 Mrd. Franken."

Die SNB weist zurecht darauf hin, dass ihr Ergebnis "überwiegend von der Entwicklung der Gold-, Devisen- und Kapitalmärkte abhängig" ist. Starke Schwankungen seien deshalb die Regel. Tatsächlich hat die SNB nur ein Jahr zuvor, also im ersten Quartal 2019, einen Gewinn in ähnlicher Größenordnung erzielt (30,7 Mrd. Franken). Zudem sind die jüngsten Verluste eigentlich ein relativ gutes Ergebnis, wenn man die Marktumstände berücksichtigt.

Die starken Verluste der Schweizerischen Nationalbank ergeben sich in erster Linie aus ihren massiven an in Dollar notierten Aktienpositionen. Allein mit ihrem Aktienportfolio verlor die Notenbank rund 31,9 Milliarden Franken. Ihre größte Positionen hat die Notenbank bei Aktien der großen US-Konzerne Apple, Microsoft, Amazon, Facebook, Johnson & Johnson und des Google-Mutterkonzerns Alphabet. Wegen der verstärkten Wertpapierkäufe aller Zentralbanken weltweit kauft die SNB derzeit wohl auch wieder Aktien hinzu.

Weitere Verluste in Höhe von 17,1 Milliarden Franken ergaben sich aus der Aufwertung des Franken, da der Anstieg des Franken den Wert ihrer Fremdwährungen und ihrer in Fremdwährungen notierten Aktien und Anleihen verringerte. Die Zins- und Dividendenerträge betrugen 2,1 Milliarden Franken beziehungsweise 0,7 Milliarden Franken. Auf Zinspapieren und -instrumenten resultierte ein Kursgewinn von 5,1 Milliarden Franken.

Auf dem mengenmäßig unveränderten Goldbestand der Schweizerischen Nationalbank entstand ihr ein Bewertungsgewinn von rund 2,8 Milliarden Franken. Das Gold wurde per Ende März zu 49.923 Franken pro Kilogramm gehandelt, nachdem es Ende des letzten Jahres nur für 47.222 Franken gehandelt worden war. Seit Ende der März ist der Goldpreis stark gestiegen und notiert am Freitag bei 54.300 Franken pro Kilogramm, was der Schweizer Notenbank wahrscheinlich weitere starke Gewinne gebracht hat.

Eine Besonderheit der SNB ist, dass sie an der Börse notiert ist. Während des Marktcrashs im März halbierte sich ihr Aktienkurs annähernd. Doch inzwischen hat die Aktie einige Verluste wieder wettgemacht. Die Schweizerische Nationalbank gehört zu den größten institutionellen Anlegern der Welt. Sie hat eine Bilanzsumme von rund 800 Milliarden Franken. Dies ist weit mehr als die Wirtschaftskraft des Landes von rund 700 Milliarden Franken.

Außer der Schweiz hat nur Japan eine derart aufgeblasene Zentralbankbilanz. Doch während Japan Anleihen und ETFs auf dem heimischen Markt aufkauft, ist die Schweiz auf den globalen Finanzmärkten tätig. Sie rechtfertigt ihre massiven Wertpapierkäufe vor allem damit, dass sie den Kurs des Schweizer Franken vor einer zu starken Aufwertung schützen will.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...