Politik

1. Mai in Berlin: Linksradikale prügeln ZDF-Kamerateam ins Krankenhaus

In Berlin hat eine sechsköpfige Gruppe das ZDF-Kamerateam ins Krankenhaus geprügelt.
01.05.2020 21:58
Aktualisiert: 01.05.2020 21:58
Lesezeit: 3 min
1. Mai in Berlin: Linksradikale prügeln ZDF-Kamerateam ins Krankenhaus
Hans-Joachim Heist von der heute-show. (Foto: dpa) Foto: Jens Kalaene

Nach dem Angriff auf ein ZDF-Team am 1. Mai in Berlin ermittelt die Polizei inzwischen gegen eine Gruppe von etwa 15 Menschen wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung. Einige der Verdächtigen seien nach polizeilichen Erkenntnissen der linken Szene zuzurechnen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft am Montag in Berlin. "Ob dieser Umstand möglicherweise die Tatmotivation begründete, ist aktuell Gegenstand der Ermittlungen." Zudem werde geprüft, ob es eine Verbindung zu einer Demonstration gegen die Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie in der Nähe des Tatortes gebe. Bei dem Angriff waren fünf Mitglieder des Kamerateams teils schwer verletzt worden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) geht von einem vorsätzlichen Angriff aus. Laut Staatsanwaltschaft sind zunächst festgenommene Personen dem linken Spektrum zuzurechnen. Details dazu gab es nicht. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zeigte sich empört über den Angriff. «Die Freiheit der Presse ist eine Säule unserer Demokratie», sagte der CSU-Politiker der dpa am Sonntag in Berlin.

Das siebenköpfige ZDF-Team der Satiresendung «heute-show» hatte am Freitag bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln gefilmt. Nach dem Angriff mussten laut ZDF Redakteur, Kameramann und Kameraassistent sowie drei Security-Mitarbeiter im Krankenhaus behandelt werden. Alle sechs konnten das Krankenhaus später wieder verlassen.

Zunächst waren sechs Tatverdächtige festgenommen worden, die am Samstag jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Bei vier Personen habe sich der Tatverdacht nicht erhärten lassen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner der dpa. Bei zwei Personen gebe es Verdachtsmomente, es lägen aber keine Haftgründe vor. Weiter ermittelt werde auch zu bisher unbekannten Beteiligten.

Auf Details zu Hintergründen der Verdächtigen wollte Steltner nicht eingehen. Zur Einschätzung sei es so, «dass die Personen, die festgestellt wurden, dem linken Spektrum zuzurechnen sind nach unseren Erkenntnissen». Dies sei alles Gegenstand der Ermittlungen.

Das Landeskriminalamt Berlin hat zu drei der sechs Festgenommenen Hinweise zu Hintergründen. Zu einem 24-Jährigen und zwei Männern im Alter von 25 Jahren lägen «Erkenntnisse im Bereich der politisch motivierten Kriminalität links» vor, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamtes am Sonntag der dpa. Die Motivation für die Attacke auf das Fernsehteam sei derzeit aber noch unklar.

Berlins Regierender Bürgermeister Müller sagte im Deutschlandfunk unter Berufung auf Informationen von Innensenator Andreas Geisel (SPD): «Das sieht alles aus nach einer gezielten Aktion, einer - in Anführungszeichen - Racheaktion für diese Dreharbeiten.» Näheres wisse er noch nicht. Er hoffe, der Angriff werde ein juristisches Nachspiel haben.

Der Angriff ging nach Einschätzung der Polizei von einer etwa 15-köpfigen Gruppe aus, die gemeinsam auf das Team losging. Das gehe aus Schilderungen von Zeugen der Tat hervor, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin. Was vor dem Angriff vorgefallen sei, könne er nicht sagen. Die Zeugen hätten Beamte der Bundespolizei auf den Vorfall aufmerksam gemacht, so der Sprecher weiter. Als die Beamten eintrafen, waren die Täter seinen Angaben zufolge bereits geflüchtet.

Laut Zeugenaussagen seien sie mit Fahrrädern und einem Auto unterwegs gewesen, sagte der Sprecher. Die Bundespolizisten hätten sofort Fahndungsmaßnahmen eingeleitet und die Berliner Polizei informiert. Fahrzeug und Insassen seien später aufgefunden worden. Zum Hintergrund der Attacke und zur Identität der Tatverdächtigen konnte die Bundespolizei keine Angaben machen.

Nach Angaben der Berliner Polizei war das ZDF-Team, zu dem der Satiriker Abdelkarim gehörte, von einer Gruppe von Menschen zusammengeschlagen worden. Der Comedian, der als einziger nicht im Krankenhaus behandelt werden musste, dankte über Twitter Polizei, Zeugen, Rettungssanitätern und Sicherheitsleuten, die sein Team begleitet hatten. «Nach Einschätzung eines Sicherheitsmannes hatten wir Glück im Unglück. Das Ganze hätte auch viel tragischer enden können», schrieb er.

Nach der Attacke hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Zu weiteren Erkenntnissen, etwa dem politischen Hintergrund der Täter, wollte sich Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik im RBB-Inforadio am Samstag wegen laufender Ermittlungen nicht äußern. «Das war ein durchaus wirklich feiger Angriff», sagte Slowik.

Das ZDF-Team hatte bei der Demonstration gegen die Corona-Regeln gefilmt. Auf dem Rückweg zu ihren Fahrzeugen wurden sie laut Polizei von 20 bis 25 Vermummten angegriffen. Die Angreifer traten nach ersten Erkenntnissen das Team und schlugen es mit einer Metallstange. In der Nähe des Tatorts in der Rochstraße - nahe Hackeschen Höfen und Alexanderplatz gelegen - nahmen Polizisten die zunächst Verdächtigen in Gewahrsam.

Die Angreifer seien mit «Totschlägern» auf das Team losgegangen, zitierte das ZDF Harald Ortmann, den Geschäftsführer der beteiligten Produktionsfirma. Für den Dreh seien vorab drei Sicherheitsleute engagiert worden, erklärte Ortmann demnach. Mittlerweile sei dies bei Filmdrehs bei Demonstrationen Standard.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, Frank Überall, nannte den Überfall einen Angriff auf die Pressefreiheit. Ähnlich hatte zuvor ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler den Angriff verurteilt. «Die Pressefreiheit ist - gerade in diesen Tagen - ein hohes Gut.»

Innenminister Seehofer sagte, der Staat habe zu garantieren, «dass dieses Grundrecht zu jeder Zeit und an jedem Ort gewährleistet ist». Wer Journalisten angreife, müsse «die Kraft unseres Rechtsstaates zu spüren bekommen». Gewalt und Gewaltandrohungen müssten geächtet werden - «es geht hier um die Grundwerte unseres Gemeinwesens».

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