Politik

Max-Planck: Corona rettet Leben

Forschern der Max-Planck-Gesellschaft zufolge sollen durch die Verbesserung der Luft weltweit tausende vorzeitige Todesfälle vermieden worden sein. Nicht berücksichtigt werden aber die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Shutdowns, die ebenfalls erhebliche Gefahren für Leib und Leben der Menschen bergen.
13.05.2020 15:59
Lesezeit: 1 min
Max-Planck: Corona rettet Leben
22.03.2020, Indien, Chennai: Der Polizeibeamte Rajesh Babu trägt einen Helm, an dem Zacken befestigt sind und der somit einem Virus ähnelt, und weist Pendler auf die Einhaltung der Ausgangsbeschränkungen hin. (Foto: dpa) Foto: R. Parthibhan

Einem internationalen Forscherteam zufolge sollen infolge des Herunterfahrend des öffentlichen Lebens als Reaktion auf die Corona-Krise weltweit tausende vorzeitige Todesfälle und Erkrankungen verhindert worden sein.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Max-Planck-Gesellschaft mit anderen Forschern, welche die ersten beiden Wochen des „Shutdowns“ in 27 Staaten untersucht hatten. Demnach habe die Abnahme von Feinstaub, Stickoxiden, Ozon und sonstigen (Schad-)stoffen in der Luft dazu geführt, dass tausende vorzeitige Tode bei Erwachsenen und Asthmaerkrankungen bei Kindern verhindert wurden.

„Wir schätzen, dass schon in den ersten zwei Wochen der Lockdowns weltweit etwa 7.400 vorzeitige Todesfälle und 6.600 Fälle von Asthma bei Kindern vermieden wurden“, wird Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und einer der Autoren der kürzlich veröffentlichten Studie von der Gesellschaft zitiert. Allein in China und Indien sollen als Folge der deutlich gesunkenen Feinstaubwerte in den ersten beiden Wochen der Ausgangssperren etwa 1.400 beziehungsweise 5.300 vorzeitige Todesfälle vermieden worden sein.

Die Forscher schätzen, dass weltweit 780.000 vorzeitige Todesfälle unter Erwachsenen und 1,6 Millionen Asthmafälle bei Kindern vermieden werden könnten – wenn der globale Shutdown bis Ende des laufenden Jahres aufrechterhalten würde.

Allerdings sind die Berechnungen der Max-Planck-Gesellschaft sehr vorsichtig zu beurteilen, weil sie auf theoretischer und äußerst spekulativer Grundlage erstellt wurden. Demnach mussten die Wissenschaftler zunächst die Belastung mit Stickstoffdioxid, Ozon und Feinstaub (PM2,5) in den jeweiligen Ländern messen. Anschließend berechneten sie mithilfe von „epidemiologischen Methoden“ die tägliche Gesundheitsbelastung bezogen auf die Bevölkerungsdichte pro Land. Die Zahl der bis zum Jahresende vermeidbaren Todesfälle und neuen Asthmaerkrankungen ergab sich dann aus einer Prognose darüber, wie sich die Konzentrationen von Stickoxiden, Ozon und Feinstaub bis Ende des Jahres ändern würden, falls die Einschränkungen weiterhin bestünden, teilt die Gesellschaft auf ihrer Homepage zur Studie mit. Da eine längerfristige Verminderung der Luftschadstoffe sich deutlich positiver auf die Gesundheit auswirken würde als eine Reduktion für zwei Wochen, stiegen die Zahlen vermeidbarer vorzeitiger Todesfälle unter Erwachsenen und Asthmaerkrankungen bei Kindern dann folglich bis zum Jahresende überproportional stark an.

Nicht berücksichtig wird von den Forschern zudem, dass ein langer weltweiter Ausnahmezustand mit Schließungen von Fabriken, Reduzierung der Stromerzeugung und des Verkehrsaufkommens zu einer schweren Weltwirtschaftskrise führt – welche wiederum im Zuge steigender Arbeitslosigkeit und Geldsorgen der Menschen zu mehr Kriminalität, Selbstmorden und politischer Spannungen führen wird. Diese im Zuge der massiven Maßnahmen der Staaten entstehende wirtschaftliche Abwärtsspirale dürfte sich langfristig als viel gefährlicher für Leib und Leben der Menschen herausstellen als die Verbesserung der Luftqualität.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...

DWN
Politik
Politik Koalition unter Druck: Bundesrat zwingt Merz-Regierung in den Vermittlungsausschuss
21.11.2025

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht ausgestanden – jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Ein Mundscan reicht: Das Healthtech DentalTwin erstellt KI-basierte Modelle für Zahnersatz
21.11.2025

Mithilfe KI-basierter Datengenerierung verlagert das Start-up DentalTwin die Zahnprothetik ins Digitale. Das dürfte nicht nur Praxen und...

DWN
Politik
Politik EU lockert Datenschutz: Digitaler Omnibus reformiert Regeln für KI
21.11.2025

Europa steht bei der Digitalpolitik vor einem Wendepunkt, an dem Wettbewerbsfähigkeit und Schutz von Bürgerrechten neu austariert werden....

DWN
Politik
Politik US-Wirtschaftselite, Ex-Präsidenten und die Epstein-Akten: Verbindungen zu Politik und Tech-Milieu offengelegt
21.11.2025

Mit jeder neuen Aktenveröffentlichung im Fall Jeffrey Epstein treten weitere Verbindungen zwischen politischen Entscheidern, Finanzeliten...

DWN
Panorama
Panorama Ansteigende Gewalt gegen Frauen - Dobrindt: „Nicht-Deutsche Tatverdächtige deutlich überrepräsentiert“
21.11.2025

Frauen werden stündlich Opfer von körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt, so das Bundeskriminalamt. Das Dunkelfeld dürfte um...

DWN
Politik
Politik Schwarzarbeit bekämpfen: Sozialschutz für Paketboten soll dauerhaft gewährleistet werden
21.11.2025

Der Schutz von Paketboten vor Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wird dauerhaft gestärkt: Der Bundesrat hat die Verlängerung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelsriesen setzen Verbraucher unter Druck – Gutachten kritisiert Marktmacht
21.11.2025

Steigende Lebensmittelpreise sorgen bei vielen Verbrauchern für Unmut – und laut einem aktuellen Gutachten der Monopolkommission liegt...