Finanzen

US-Botschafter Grenell: Washington wird Nord Stream 2 mit neuen Sanktionen den Rest geben

Der aus Berlin scheidende US-Botschafter kündigt neue Sanktionen an, um das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 endgültig zu erledigen. Langsam ist es an der Zeit, dass sich die Bundesregierung aktiv gegen die Einmischungen aus Übersee wehrt.
27.05.2020 09:28
Aktualisiert: 27.05.2020 09:28
Lesezeit: 2 min

Die politische Führung der USA kämpft weiter aggressiv gegen die Inbetriebnahme des Pipeline-Projekts Nord Stream 2. Der scheidende US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, sagte dem Handelsblatt nach einem Treffen in der vergangenen Woche mit Senatoren und Abgeordneten: „Weitere Sanktionen treffen auf überparteiliche Zustimmung.“ Trotz des Wahlkampfs könnte die Gesetzgebung schnell vorangehen. Er forderte die Bundesregierung auf, ihre Russlandpolitik grundsätzlich zu überdenken. „Deutschland muss aufhören, die Bestie zu füttern, während es zugleich nicht genug für die Nato zahlt.“

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will Grenell seinen Botschafterposten in Berlin innerhalb der nächsten Wochen räumen. Grenell gilt als extrem loyal zu US-Präsident Donald Trump und rühmt sich immer wieder eines guten Drahtes ins Weiße Haus.

Washington warnt vor zu großer Abhängigkeit der EU von russischem Gas und behindert das Bauprojekt seit Monaten mit Sanktionen. Auch die Ukraine und mehrere EU-Staaten in Osteuropa wollen das Projekt verhindern. Ursprünglich sollte die Leitung Ende vorigen Jahres fertig sein. Zuletzt hatte auch noch die Bundesnetzagentur Hindernisse aufgebaut.

Deutschland, wo Nord Stream 2 anlanden soll, hatte die Sanktionen der USA kritisiert. Die Nord Stream 2 AG wies die Androhung weiterer US-Sanktionen als „rechtswidrige Diskriminierung europäischer Unternehmen“ zurück. Dies sei ein Verstoß gegen das Völkerrecht, sagte ein Unternehmenssprecher der russischen Staatsagentur Tass. Man sei nach wie vor der Ansicht, dass eine schnellstmögliche Inbetriebnahme im Interesse der Energiesicherheit Europas und der Verbraucher sei.

Die Schweizer Firma Allseas, die mit Spezialschiffen Rohre in der Ostsee verlegt hatte, stellte Ende vorigen Jahres aufgrund der Sanktionen aus den USA ihre Arbeiten ein. Vor gut zwei Wochen erreichte ein russisches Verlegeschiff des russischen Gasmonopolisten Gazprom die Ostsee vor Rügen.

Ein Sprecher von Nord Stream 2 hatte betonte, dass das infolge der US-Sanktionen am 20. Dezember gestoppte Projekt vollständig genehmigt sei und in Übereinstimmung mit internationalem Recht gebaut werde. Mehr als 2.300 der rund 2.460 Kilometer langen Gasleitung von Russland nach Deutschland seien bereits verlegt. Für die verbleibenden sechs Prozent müsse das Konsortium nach neuen Lösungen suchen.

Unklar ist nach Angaben des Handelsblatts, welche Form die neuen US-Sanktionen annehmen könnten. Eine Möglichkeit wäre es, Firmen mit Handelsstrafen zu bedrohen, die mit Spezialgeräten die Pipelines warten. Auch Sanktionen gegen die Abnehmer des russischen Gases würden in Washington diskutiert.

Bemerkenswert ist, dass sich die Bundesregierung angesichts der massiven Attacken aus Übersee nur zögerlich äußert. Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte dem Handelsblatt: „Die Zeit, in der die Corona-Pandemie die Länder rund um den Globus unter gewaltigen Druck setzt, ist nicht die Zeit, um an der Eskalationsspirale zu drehen und weitere extraterritoriale, also völkerrechtswidrige Sanktionen anzudrohen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienrendite: Es lohnt sich wieder zu vermieten
13.12.2025

Eine Mietimmobilie als Kapitalanlage kann wieder eine interessante Investition sein. Doch nicht überall macht das Sinn. Wo sich das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Prominenter China-Experte zeichnet düsteres Bild für Europa: „Es wird ziemlich schlimm“
13.12.2025

Europa wähnt sich sicher, doch die nächste ökonomische Erschütterung rollt bereits heran. Der prominente China-Analyst Dan Wang...

DWN
Finanzen
Finanzen Falsche Gehaltsgruppe: Was kann ich tun, wenn meine Gehaltseinstufung nicht zum Tarifvertrag passt?
13.12.2025

Viele Beschäftigte merken erst spät, dass ihre Gehaltsgruppe im Tarifvertrag nicht zur Arbeit passt. Das kann monatlich bares Geld...

DWN
Technologie
Technologie Lidl krempelt den Einkauf um: Warum die Scan-and-Go-Technologie den Handel umdreht
13.12.2025

Litauens Handelsketten treiben den digitalen Umbruch voran. Das Selbstscansystem Scan & Go kommt nun in die Lidl Filialen. Bisher wurde...

DWN
Politik
Politik Billigfluglinien bereiten sich bereits auf Flüge in die Ukraine vor
13.12.2025

Wizz Air, Ryanair und EasyJet bringen sich in Stellung. Europas Billigfluglinien planen bereits ihre Rückkehr in die Ukraine und rechnen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa-Krise vertieft sich: JPMorgan warnt vor dramatischen Folgen für Amerika
13.12.2025

Die Warnungen von JPMorgan Chef Jamie Dimon treffen Europa in einer Phase wachsender politischer Unsicherheit. Seine Kritik an der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Textilrecycling: Wie eine schwedische Gründerin die Branche unter Druck setzt
12.12.2025

Ein junges schwedisches Unternehmen behauptet, die nachhaltigste Lösung für das Textilrecycling gefunden zu haben. Die Methode nutzt CO2,...