Politik

Italien führt „Corona-Stasi“ ein, um Kontaktregeln zu überwachen

Italien wird 60.000 zivile „Bürgerassistenten“ als Freiwillige rekrutieren. Sie sollen die Corona-Regeln auf den Straßen überwachen. Italiens Presse ist außer sich und spricht von einem regelrechten Stasi-Modell. Doch auch für die „Bürgerassistenten“ könnte es lebensbedrohlich werden.
27.05.2020 17:33
Aktualisiert: 27.05.2020 17:33
Lesezeit: 1 min

Der italienische Zivilschutz wird in der kommenden Woche einen Aufruf zur Einstellung von etwa 60.000 „Bürgerassistenten“ veröffentlichen. Eingestellt werden sollen unter anderem Arbeitslose und Menschen, die Sozialhilfe beziehen. Die „Bürgerassistenten“ sollen auf den Straßen auf Streife gehen, um „bei der Wahrung der sozialen Distanzierung“ mit den Behörden zusammenzuarbeiten. In der Praxis bedeutet dies, dass die „Bürgerassistenten“ Personen, die sich nicht an die Kontaktregeln halten, der Polizei melden sollen. Die Zeitung Il Gazzettino nennt dies ein Stasi-Modell, auf das sich die italienische Regierung nun einlässt.

Regierungsbeamte der Fünf-Sternebewegung, von Gianluca Castaldi über Stefano Buffagni bis Carlo Sibilia, kritisieren die Initiative, die vom Minister der Regionen, Francesco Boccia, in die Wege geleitet wurde, berichtet La Repubblica. Das Blatt Il Riformista titelt: „Minister Boccia und dieser unbändige Wunsch nach Kontrolle: Bürgerassistenten schlimmer als Stasi“.

Giorgia Meloni, Vorsitzende der Partei Fratelli d’Italia, teilte über Facebook mit: „Die Regierung wird eine Armee von 60.000 Freiwilligen, sogenannte Bürgerassistenten, aufstellen, die vom Zivilschutz ausgewählt werden. Sie sollen die Aufgabe haben, den Behörden bei der Durchsetzung der Regeln der Phase 2 und der durch das Dekret auferlegten Einschränkungen der individuellen Freiheiten zu helfen. Wer weiß, ob sie uniformiert sein werden und mit Schlagstöcken herumlaufen werden, um die Regeln durchzusetzen?“

„Die ,Bürgerwächter‘, die unter anderem damit beauftragt sind, das Nachtleben zu kontrollieren, wären gefährdete Amateure, ohne jegliche Erfahrung“, so der ehemalige Präfekt von Ancona, Palermo, Florenz und Rom, Achille Serra.

Rai News zitiert den Senator der Partito Democratico, Tommaso Nannicini: „Wir brauchen Fachkräfte des Gemeinwohls, keine Bürgerwehrleute, als Bürgerassistenten. Bevor wir improvisierte Programme starten, sollten wir wieder ernsthaft in den öffentlichen Dienst, die ernsthafte Freiwilligenarbeit und den Dienstleistungssektor investieren.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt Tesla-Aktie kaufen? Welche Erwartungen Investoren an Elon Musk haben
21.12.2025

Visionäre Unternehmer haben an den Kapitalmärkten immer wieder ganze Branchen neu geordnet. Ob Tesla-Aktien weiterhin von technologischem...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....