Die von den USA verhängten Straf- und Ausgleichszölle führen bei europäischen Familienunternehmen zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen. Eine Studie der „Stiftung Familienunternehmen“ kommt zum Ergebnis, dass der Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union inzwischen auf Branchen übergreift, die mit dem ursprünglichen Handelskonflikt nichts zu tun haben. Familienunternehmen sind von den US-Ausgleichszöllen am stärksten betroffen. „In Zukunft ist häufiger damit zu rechnen, dass handelspolitische Streitigkeiten Kollateralschäden in unbeteiligten Sektoren hervorrufen“, warnen die Studien-Autoren. Die Forscher empfehlen deswegen einen europäischen Ausgleichsfonds für Unternehmen aus der EU.
In der Untersuchung werden die Folgen der US-Zölle wegen unerlaubter Subventionen für das europäische Gemeinschaftsunternehmen „Airbus“ analysiert. Die US-Sonderzölle von 15 bis 25 Prozent treffen neben dem europäischen Flugzeug-Sektor in besonderer Weise den Werkzeug- und Fahrzeugbau sowie Erzeuger von Nahrungsmitteln sowie Likören und Branntweinen. Wegen der Airbus-Sonderzölle gingen die deutschen Güterexporte um jährlich rund 650 Millionen Euro zurück. Insgesamt beträfen die Zölle ein Handelsvolumen von 8,4 Milliarden Euro, wovon mehr als ein Fünftel auf deutsche Unternehmen entfällt.
Die Europäische Kommission solle dringend Abwehrmaßnahmen einleiten, empfehlen deswegen die Studienautoren Prof. Gabriel Felbermayr vom Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) und Prof. Christoph Herrmann von der Universität Passau. Sie schlagen einen finanziellen Ausgleich für die betroffenen Unternehmen vor. Ein entsprechender Kompensations-Mechanismus sollte aus beihilferechtlichen Gründen auf EU-Ebene angesiedelt sein. Länder wie die USA und China verfügen bereits über entsprechende Instrumente. In Europa fehlt eine Regelung, wie diese Kollateralschäden bei an sich völlig unbeteiligten Unternehmen ausgeglichen werden.
„Für die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Pandemie ist ein funktionierender Welthandel entscheidend“, sagt Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die globalen Handelskonflikte zunehmen. Die Schaffung eines Ausgleichsmechanismus kann dazu beitragen, dass die EU in Handelsstreitigkeiten glaubwürdiger auftreten kann. Der beste Ausgleichsmechanismus bleibt aber der, der nicht aktiviert werden muss. Das Hauptziel muss darin bestehen, zu einem funktionierenden Handelsregime im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO zurückzukehren.“
In der Studie wird ausgeführt, dass Sonderzölle zu erheblicher Unsicherheit bei den Unternehmen führen. Die Höhe der Zölle liegt nicht fest, sondern kann einseitig von den USA erhöht werden. Die Unsicherheit über das Zollregime schränke den Handel oft stärker ein als die Zölle selbst, so die Autoren.
Die Forscher beobachten, dass in der Krise die Export-Restriktionen zunehmen. So hätten mehr als 50 Länder bei kritischen Medizinartikeln wie beispielsweise Schutzmasken Exportkontrollen eingeführt. Die Wissenschaftler empfehlen, dass die EU-Mitgliedstaaten Abstand von Exportbeschränkungen nehmen. Bei einer Pandemie werde eine höhere Liefersicherheit nicht mit der Renationalisierung der Produktion erreicht, sondern mit einer stärkeren Diversifizierung der Beschaffungssysteme und einer höheren nationalen Lagerhaltung. Das gelte auch auf Unternehmens-Ebene: Diejenigen Unternehmen, die über eine global diversifizierte Lieferkette verfügten, seien am widerstandsfähigsten.