Politik

Wo sollen die Milliarden herkommen? Österreichischer Haushalt nicht finanzierbar

DWN-Gastautor Andreas Kubin kommentiert den Budget-Voranschlag der österreichischen Bundesregierung - kenntnisreich und mit einem ordentlichen Schuss Humor. Ohne den wär´s auch nicht auszuhalten!
07.06.2020 08:01
Lesezeit: 1 min
Wo sollen die Milliarden herkommen? Österreichischer Haushalt nicht finanzierbar
Wien, Bundeskanzleramt, von rechts nach links: Österreichs Finanzminister Gernot Blümel, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler. (Foto: dpa) Foto: Helmut Fohringer

Auch wenn in der dritten Nationalratssitzung der Schnitzer von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) durch einen aufmerksamen Oppositionspolitiker korrigiert wurde, zeigt er doch von einer gewissen Unkonzentriertheit und Leichtfertigkeit der verantwortlichen Akteure. Man sollte so etwas nicht als Lappalie abtun und sagen, das sei dem Lacina ja auch schon passiert. Auf der anderen Seite: Fehler passieren, ist ja auch nur ein kleiner Zusatz: „Beträge in Millionen Euro“ – ohne diese vier Wörter hätte das Nationalbudget 120.000 Euro betragen, nicht 120 Milliarden (eine Zahl mit sechs Nullen mehr). Was soll´s – Schwamm drüber.

Es wurde jedoch noch etwas anderes sehr Wichtiges außer Acht gelassen beziehungsweise übergangen, sowohl beim Budget-Voranschlag als auch in der Folge beim Abänderungsantrag zum Budget-Voranschlag. Und hierbei sollte man – neben dem Finanzminister – sowohl die Koalition als auch die Opposition in die Pflicht nehmen.

Bei einer dermaßen wichtigen Materie wie dem Staatshaushalt wäre anzuraten, solche Abänderungsanträge nicht zu mitternächtlicher Stunde zu formulieren! Dass überhaupt solch überhasteten Entscheidungen getroffen werden – noch dazu, ohne über den Ausschuss zu gehen – zeigt von wenig Verantwortungsbewusstsein, auch und gerade dem Steuerzahler gegenüber.

Nun zum Abänderungsantrag selbst. Dieser wurde – so konnte man den Medien entnehmen – nur ausgabenseitig in dieser nächtlichen Hauruck-Aktion adaptiert. Was bei der mehrtägigen Budget-Debatte ziemlich untergegangen sein dürfte, ist folgender Umstand: Der Budget-Voranschlag 2020 wurde nur ausgabenseitig angepasst, jedoch die Einnahmenseite nicht an die aktuelle Situation adaptiert. Warum nicht, muss die Frage an den Finanzminister lauten. Schließlich befinden wir offensichtlich mitten in der Covid19-Krise. Warum wurde das vollkommen ignoriert?

Ein realistischer Budget-Voranschlag hätte eine mindestens fünf-, wenn nicht zehnprozentige Verminderung der Einnahmenseite auswerfen müssen, um sich halbwegs der Realität anzunähern. Das ist jedoch, wie man den Zahlen entnehmen kann, offensichtlich nicht geschehen.

Der Budgetentwurf 2020 auf Seiten des BMF (Bundesministerium für Finanzen, Stand 1.6.2020) kalkuliert im „administrativen Haushalt“ für 2020 mit Einzahlungen von 81,8 Milliarden Euro (2019: 80,4 Milliarden). Man kann getrost jede Wette eingehen, dass diese Zahl bei weitem nicht halten wird. Einen Budget-Voranschlag auszuarbeiten ist eben eine Kunst, die so manchen überfordert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Andreas Kubin

Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 
DWN
Finanzen
Finanzen Airbus-Aktie fällt nach A320-Software-Update
01.12.2025

Ein Pflicht-Update für die A320-Reihe schickt die Airbus-Aktie auf ein Zweimonatstief. Airlines reagieren hektisch, doch der Hersteller...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Politik
Politik Bürgergeldreform „Bullshit“: Arbeitsministerin Bas muss bei Jusos einstecken - wackelt die neue Grundsicherung?
01.12.2025

Die Bürgergeldreform steht bevor, der erste Teil der neuen Grundsicherung soll noch im Dezember durch das Bundeskabinett von Kanzler Merz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Materialmangel trifft Autoindustrie am härtesten – Ursache wohl in China
01.12.2025

Materialmangel trifft die deutsche Industrie unerwartet hart und legt Schwachstellen in globalen Lieferketten offen. Besonders Halbleiter...

DWN
Politik
Politik NATO-Krise: Ex-Spitzenoffizier fordert im DWN-Interview totale Umstellung von Gesellschaft und Wirtschaft
01.12.2025

Ein früherer NATO-Spitzenoffizier warnt in einem exklusiven Interview, dass Europa nur wenige Jahre hat, um sich auf einen möglichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Hugo Boss-Aktie: Machtkampf mit Großaktionär Frasers?
01.12.2025

Beim Modekonzern Hugo Boss knirscht es im Machtgefüge: Der wichtigste Investor zieht dem Aufsichtsratschef die Unterstützung weg,...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wird 2026 alles steigen? Prognose für Aktien, Bitcoin-Kurs und Goldpreis
01.12.2025

Der November brachte an den US-Börsen einen synchronen Aufschwung über sämtliche Anlageklassen hinweg. Jetzt legen die größten Häuser...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden-Aktien: Wie Anleger jetzt potenzielle Dividendenrenditen erkennen
01.12.2025

Dividenden-Aktien gewinnen für Anleger in unsicheren Zeiten an Bedeutung, da sie regelmäßige Ausschüttungen mit potenziellem...