Volkswagen bereitet angesichts der jüngsten Misserfolge offenbar eine Neuordnung der Führung der Hauptmarke VW vor. Der Aufsichtsrat werde noch am Montag darüber beraten, sagte eine Person mit Kenntnis der Vorgänge der Nachrichtenagentur Reuters. Es gehe nicht um Veränderungen im Konzernvorstand, betonte der Insider.
Eine weitere Person sagte, es seien sowohl personelle als auch strukturelle Veränderungen geplant. "Es ist eine größere Gemengelage", fügte dieser Eingeweihte hinzu. Die Beratungen könnten sich länger hinzuziehen. Es stehe noch nicht fest, ob und wann Ergebnisse veröffentlicht werden könnten. VW äußerte sich nicht dazu.
Es werde diskutiert, jemand anderem die Führung der Marke mit dem VW-Logo zu übertragen, sagte einer der Insider. Spekulationen über einen Wechsel von Porsche-Chef Oliver Blume an die VW-Spitze wurden von mehreren Eingeweihten als "Unfug" zurückgewiesen. Das Fachmagazin "auto motor und sport" hatte vergangene Woche berichtet, Konzernchef Herbert Diess wolle Blume nach Wolfsburg holen.
Mit den außerordentlichen Beratungen des Aufsichtsrats erreicht der Machtpoker um die Führung des weltgrößten Autobauers einen neuen Höhepunkt. Bereits Ende vergangener Woche soll das Kontrollgremium länger über die künftige Führung beraten haben. Einem Insider zufolge stand dabei die Zukunft von Diess bei Volkswagen Spitz auf Knopf.
Diess, der in Personalunion die Hauptmarke des Konzerns führt, war als VW-Markenchef durch Probleme beim Golf 8 und dem neuen Elektroauto ID.3 unter Druck geraten und musste sich massiver Kritik des Betriebsrats erwehren. Schon länger wird daher vermutet, er solle als Markenchef entlastet oder gar abgelöst werden.
Zuletzt kam der Skandal um ein rassistisches Werbevideo für den Golf hinzu. Dadurch wurde das wegen der Diesel-Affäre ohnehin angekratzte Ansehen des Wolfsburger Konzerns weiter beschädigt. Diess wurde außerdem eine ungeschickte Argumentation bei der Forderung nach einer Kaufprämie auch für Autos mit Verbrennungsmotor angelastet, die in dem Konjunkturpaket der Bundesregierung gegen die Folgen der Corona-Krise keinen Widerhall fand.