Finanzen

EU-Wiederaufbaufonds stärkt die Rolle des Euro im globalen Finanzsystem

Mit dem vereinbarten 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds wird die Europäische Union zu einem der größten Anleihe-Emittenten der Welt. Der Mangel an hochwertigen Euro-Anleihen gilt bisher als ein Nachteil des Euro im Ringen mit dem Dollar als weltweite Leitwährung.
22.07.2020 11:22
Aktualisiert: 22.07.2020 11:22
Lesezeit: 2 min
EU-Wiederaufbaufonds stärkt die Rolle des Euro im globalen Finanzsystem
Bundeskanzlerin Angela Merkel unterhält sich mit Kyriakos Mitsotakis (l-r), Ministerpräsident von Griechenland, Pedro Sanchez, Ministerpräsident von Spanien, Antonio Costa, Premierminister von Portugal, und Klaus Iohannis, Staatspräsident von Rumänien, während eines Rundtischgesprächs bei einem EU-Gipfel. Die EU-Staaten haben sich im Kampf gegen die Corona-Wirtschaftskrise auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte geeinigt. (Foto: dpa) Foto: Stephanie Lecocq

Die Europäische Union rückt mit dem geplanten 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds mit einem Schlag zu den führenden Anleihe-Emittenten der Welt auf. Zur Finanzierung der Hilfen wird der EU-Kommission erstmals erlaubt, in großem Umfang Schulden aufzunehmen. Sobald sie damit beginnt, das nötige Geld am Markt aufzunehmen, könnte sie kleinere europäische Emittenten wie die Niederlande aus dem Stand in den Schatten stellen. "Erstmals wird die Europäische Union ein größerer Spieler am Rentenmarkt sein", sagte der Chefvolkswirt vom Bankhaus Berenberg, Holger Schmieding.

Bislang spielt die EU dort kaum eine Rolle. Derzeit hat sie nur ausstehende Anleihen im Volumen von 54 Milliarden Euro - der gesamte europäische Markt kommt dagegen auf etwa 8,5 Billionen Euro. Vergangenes Jahr nahm die EU sogar gar kein frisches Geld auf, 2018 waren es lediglich fünf Milliarden Euro. Das könnte sich nun ändern.

Sollten die gesamten 750 Milliarden Euro, auf die sich die Staats- und Regierungschefs für den Corona-Wiederaufbaufonds geeinigt haben, über die Ausgabe neuer Anleihen finanziert werden, seien im kommenden Jahr und 2022 jeweils 265,5 Milliarden Euro zu erwarten, schätzt die ING-Expertin Antoine Bouvet. 2023 könnten dann weitere 225 Milliarden Euro folgen.

Damit die Rückzahlung der großen Summe aus dem Haushalt nicht die normale Arbeit der EU lahmlegt, erhält sie eigene Einnahmequellen. Dazu soll Anfang 2021 eine Steuer auf nicht recyclebares Plastik eingeführt werden. Zudem wird die EU-Kommission Pläne für eine Digitalsteuer und eine sogenannte CO2-Grenzsteuer ausarbeiten.

HÖHERES ANGEBOT AN ANLEIHEN MIT SPITZENNOTE

Mit dem Einstieg der EU in großem Stil steigt das Angebot an Anleihen mit einer Spitzenbewertung: Die Ratingagenturen Moody's, Fitch, DBRS und Scope bewerten die EU jeweils mit ihrer Bestnote, S&P liegt knapp darunter bei AA. Die Agenturen deuten an, dass auch eine höhere Verschuldung diese Bonitätsnote nicht in Gefahr bringt.

Für die Manager von Devisenreserven ist das eine gute Nachricht, gilt doch der Mangel an Spitzen-Anleihen als ein Nachteil des Euro im Ringen mit dem Dollar als weltweite Leitwährung. Das Volumen der US-Staatsanleihen liegt bei mehr als 17 Billionen Dollar. Deutschland, Italien und Frankreich kommen auf weniger als die Hälfte davon, und nur Deutschland kommt auf eine Top-Note.

Joachim Fels, Berater bei der weltweit führenden Fondsgesellschaft Pimco, geht jedoch nicht davon aus, dass der Dollar seine Vormachtstellung auf absehbare Zeit verlieren könnte. Der EU-Ratsbeschluss sei zwar ein wichtiger Schritt hin zu einer größeren Lastenverteilung über den EU-Haushalt. "Aber der Weg zur Kapitalmarkt- und Fiskalunion ist steinig und weit."

VOLUMEN DER "GRÜNEN ANLEIHEN" STEIGT WOHL

Auch die Manager von Nachhaltigkeitsfonds dürften genauer auf die Pläne der EU schauen: Schließlich sollen 30 Prozent des Fonds für Klimaprojekte ausgegeben werden. Die Ratingagentur S&P schätzt, dass ein Drittel des Fonds über sogenannte "grüne Anleihen" finanziert werden könnte. Damit würde das Volumen des weltweiten Markts für derartige Papiere um 89 Prozent nach oben schnellen.

Derzeit stellen "grüne Bonds" nur 3,7 Prozent aller Emissionen. "Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Märkte nach sicheren Anleihen suchen, könnte das ein Vorbild für andere internationale Institutionen wie die Weltbank sein, dringend nötige Investitionen insbesondere im Kampf gegen den Klimawandel zu finanzieren", sagte Florence Pisani, Chefanalystin beim Vermögensverwalter Candriam.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte im Fokus: Nokia profitiert von Nvidia-Deal und Technologie-Giganten setzen neue Rekorde
30.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen aktuell eine Mischung aus leichten Rücksetzern und überraschenden Kursgewinnen. Während Anleger Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg USA China: Trumps fataler Irrtum mit globalen Folgen
30.10.2025

Ein strategisches Planspiel in Washington zeigt, dass die USA den Wirtschaftskonflikt mit China längst hätten gewinnen können – wenn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation lässt nach: Aber weiter über zwei Prozent
30.10.2025

Die Inflation geht zurück, doch von Entlastung kann keine Rede sein. Zwar sinken die Preise für Energie leicht, dafür verteuern sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheid: Eurozone trotzt Zöllen und politischer Krise
30.10.2025

EZB-Zinsentscheid: Die EZB hält an ihrer vorsichtigen Linie fest, während die US-Notenbank erneut überrascht. In Europa bleibt die...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: EZB plant Einführung 2029
30.10.2025

Die EZB bereitet den digitalen Euro für 2029 vor. Verbraucher sollen künftig per Wallet bezahlen können, Bargeld bleibt erhalten. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gen Z im Job: Moral und Motivation revolutionieren den Arbeitsmarkt
30.10.2025

Die Generation Z verändert die Arbeitswelt spürbar. Aufstiegsmöglichkeiten und klassische Karriereleitern stehen für sie nicht mehr...

DWN
Panorama
Panorama Atomwaffentests USA: Trump kündigt sofortigen Beginn an
30.10.2025

US-Präsident Donald Trump sorgt weltweit für Aufsehen: Er kündigt neue Atomwaffentests an, obwohl ein jahrzehntelanges Moratorium galt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Aktie: Porsche reißt VW-Konzern in die roten Zahlen
30.10.2025

Ein Milliardenverlust erschüttert Volkswagen: Weil Porsche schwächelt, rutscht der Konzern tief ins Minus. Das gefällt den Anlegern gar...