Finanzen

Wegen Bailout: Spanische Banken stoßen Unternehmens-Beteiligungen ab

Spanische Banken, die Hilfsgelder von der EU bekommen sollen, müssen ihre Beteiligungen an Unternehmen verkaufen. Durch den erzwungenen Verkauf drohen die Assets zu Schleuderpreisen vergeben zu werden. Unternehmen erwarten Wertverlust und ungeliebte Investoren.
26.06.2012 23:54
Lesezeit: 2 min

Das 100-Milliarden-Bailout für die spanischen Banken wird die Unternehmenslandschaft Spaniens stark durcheinander wirbeln. Banken, die tatsächlich die Finanzhilfe in Anspruch nehmen, unterstehen besonderen EU-Regeln für staatliche Hilfen, die beinhalten, dass die Finanzinstitute auch Unternehmensanteile verkaufen müssen. Die spanischen Banken sind eng mit den nationalen Unternehmen verknüpft, viele Banken besitzen große Mengen an Unternehmensanteilen, etliche Bankmitarbeiter sitzen in den Vorstandsgremien der Unternehmen und bestimmen die Politik dieser mit.

Die UBS schätzt, dass Beteiligungen an spanischen Unternehmen in Höhe von 22 Milliarden Euro durch das Bailout zum Verkauf stehen könnten, wovon das meiste sich bei den Sparkassen befindet. Das entspricht 9 Prozent der Kapitalisierung des spanischen Bluechip-Index, in dem die großen nationalen, hochbewerteten Unternehmen aufgeführt sind. Die Verschlechterung der Schuldenkrise lässt bereits die Preise für die Unternehmens-Beteiligungen sinken und wird wahrscheinlich zu einem immensen Verkauf von großen Beteiligungen starker und wichtiger spanischer Unternehmen führen.

„Sie werden verkaufen müssen“, sagt Flemming Barton von CM Capital Markets, sie können nicht darauf warten, bis sie die Anteile zu besseren Preisen loswerden, das ist „Wunschdenken“. Bankia beispielsweise, die im vergangenen Monat um 19 Milliarden Euro gefragt hat, wird zuerst seine Verbindungen in die spanischen Unternehmen aufgeben müssen. Die Bank hält unter anderem einen Anteil von 20 Prozent am Technologieunternehmen Indra, 12 Prozent der Internationale Airlinse, rund 5,3 Prozent am Energie-Unternehmen Iberdola und weitere Beteiligungen im Tourismus und Beauty-Sektor. „Bankia wird nahezu alle seine Beteiligungen verkaufen müssen. Und das wird den Druck auf andere Sparkassen erhöhen – auch auf das Industrie-Imperium La Caixa“, berichtet eine ungenannte Bankenquelle der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Prüfung der Gesundheit der spanischen Banken von den zwei unabhängigen Beratungsfirmen hat, so Reuters, jedoch versäumt, diese potenziellen Verluste, die durch den Verkauf der Unternehmens-Beteiligungen zu billigen Preisen entstehen, mit in die Beurteilung einzubeziehen. Dies könnte zu einem weiteren Finanzierungsbedarf bei den Banken führen. Zwar benötigen Santander, BBVA und La Caixa bisher keine staatlichen Hilfen, aber Analysten gehen davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch diese Banken Unternehmens-Beteiligungen veräußern. Einerseits müssen auch sie Wege finden, die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen und andererseits müssen sie dann damit rechnen, dass die Preise, die sie für die Anteile erhalten, aufgrund der vielen Verkäufe dieser Beteiligungen deutlich geringer sein werden, als das, was sie dafür einst gezahlt haben.

Entsprechend warten bereits etliche Fonds auf die kommende Marktbereinigung - in der Hoffnung, dass sich hier letztlich mit dem Verkauf von Vermögenswerten zu Spottpreisen eine Goldgrube auf tun werde. Führungskräfte in spanischen Unternehmen, an denen Bankia beteiligt ist, unternehmen bereits Schritte, Käufer zu finden bzw. Aktien selbst zurückzukaufen, damit diese nicht in unerwünschte Hände geraten. Selbst die spanische Regierung ist nervös und unternahm im Juni Schritte, um strategische Unternehmen wie Repsol vor ungeliebten Übernahmen zu schützen, indem sie vorschlug, eine Beschränkung der Stimmrechte wieder einzuführen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...