Politik

Black Lives Matter nur gegen Trump? Erfurter Staatsanwaltschaft setzt rassistische Täter gegen Afrikaner auf freien Fuß

Lesezeit: 1 min
03.08.2020 13:56  Aktualisiert: 03.08.2020 13:56
Sie wurden in Erfurt brutal angegriffen und verletzt - junge Männer aus einem afrikanischen Land. Die zwölf mutmaßlichen Täter, die wahrscheinlich aus der rechten Szene kommen, sind zum Ärger des Landesinnenministers wieder auf freiem Fuß. Doch vom deutschen Ableger der Black Lives Matter-Bewegung ist weit und breit nichts zu hören.
Black Lives Matter nur gegen Trump? Erfurter Staatsanwaltschaft setzt rassistische Täter gegen Afrikaner auf freien Fuß
06.06.2020, Baden-Württemberg, Stuttgart: Zahlreiche Menschen nehmen im Oberen Schlossgarten an einer Demonstration gegen Rassismus und Polizeigewalt teil. (Foto: dpa)
Foto: Christoph Schmidt

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Drei Männer aus Guinea sind in Erfurt Opfer eines rassistisch motivierten Angriffs geworden. Zwei von ihren wurden in der Nacht zum Samstag verletzt, darunter ein 21-Jähriger schwer. Sein Zustand soll zeitweise kritisch gewesen sein. Die Polizei sprach von einem «fremdenfeindlichen Übergriff». Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) schrieb auf Twitter: „Ich bin schockiert! Erneut rechtsextreme Gewalt in Erfurt. Bin in Gedanken bei den Opfern.“ Der Vorfall zeige eine steigende Gewaltbereitschaft in rechtsextremistischen Strukturen. Die Tat geschah vor einem bekannten Treffpunkt der rechten Szene.

Zwölf mutmaßliche Täter, die die Polizei vorläufig festgenommen und zeitweise in Gewahrsam genommen hatte, wurden wieder auf freien Fuß gesetzt. Haftbefehle seien nicht beantragt worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt am Sonntag auf Anfrage. Es lägen keine Haftgründe vor - das seien unter anderem Flucht- oder Verdunklungsgefahr. Die Ermittlungen gegen die Verdächtigen liefen weiter.

Maier twitterte nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft: „Die Nazi-Schläger von Erfurt laufen alle wieder frei rum. Ich weiß, dass es mir nicht zusteht, die Justiz zu kritisieren. Aber für die Opfer und die Menschen am Herrenberg ist das eine Katastrophe.“ Herrenberg heißt das Plattenbaugebiet im Erfurter Südosten, wo sich die Tat nachts gegen 3.00 Uhr vor dem Treffpunkt der rechten Szene ereignet hatte. Die Angreifer hielten sich laut Polizei davor auf.

Die „dreiköpfige Gruppe ausländischer Mitbürger“ sei von zehn bis zwölf Deutschen verbal und danach tätlich angegriffen worden, erklärte die Polizei. Die beiden Verletzten wurden im Krankenhaus versorgt. Der Schwerverletzte soll eine Kopfverletzung erlitten haben. In die Ermittlungen wurde unter anderem das Landeskriminalamt eingeschaltet. Die Polizei forderte Zeugen auf, sich zu melden.

In Thüringer Sicherheitskreisen wird davon ausgegangen, dass sich in dem Szenetreff, vor dem der Angriff erfolgte, auch Mitglieder oder Sympathisanten der rechtsextremistischen Kleinstpartei Dritter Weg regelmäßig aufhalten. Die Polizei äußerte sich dazu nicht.

Die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss erklärte, es bereits der zweite massive Neonazi-Übergriff in Erfurt innerhalb weniger Wochen. König-Preuss, die Sprecherin für Antifaschismus und Antirassismus der Fraktion ist, nannte ein Verbotsverfahren gegen den Dritten Weg überfällig.

In Thüringens Landeshauptstadt protestierten am Samstag Hunderte Menschen gegen Rechtsextremismus. Polizei und Veranstalter sprachen von etwa 400 Teilnehmern. Hintergrund war ein Vorfall am vorletzten Juli-Wochenende vor der Staatskanzlei, bei dem eine Gruppe Jugendlicher angegriffen und verletzt wurde. Einige der Angreifer haben nach Angaben der Ermittlungsbehörden einen rechtsradikalen Hintergrund. Die Ermittlungen dazu laufen ebenfalls noch.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...