Politik
Kommentar

Was bringt die Rettung des Bargelds, wenn es seinen Wert verliert?

Politiker aller politischen Richtungen bemühen sich darum, die scheinbar unaufhaltsam voranschreitende Abschaffung des Bargelds noch abzuwenden. Doch wegen des stetigen Wertverlusts des Euro verringert sich auch der Nutzen des Bargelds.
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13.08.2020 11:56
Lesezeit: 4 min

Wie die Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen so lassen sich auch die Kämpfer für den Fortbestand des Bargelds keiner klaren politischen Richtung zuordnen. So sagt etwa die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht: „Ohne Bargeld ist der Kleinsparer den Banken völlig ausgeliefert.“ Und sehr ähnlich klingt die Kritik des CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Peter Willsch: „Die Anti-Bargeld-Lobby will die Negativzinsen direkt von den Konten der Bürger abbuchen!“

Doch trotz dieser breiten Aufstellung der Bargeldbefürworter sind die Gegner des Bargelds weiter auf dem Vormarsch. In Italien dürfen seit Juli nur noch Beträge bis 2.000 Euro bar bezahlt werden, in Griechenland bis 1.500 Euro und in Frankreich bis 1.000 Euro. Hierzulande gibt es zwar bisher keine generelle Obergrenze, allerdings ist der anonyme Goldkauf mit Bargeld seit Januar nur noch bis zu einem Betrag von maximal 2.000 Euro zulässig.

Neben den politischen Maßnahmen erhalten die Bargeldgegner auch durch das Verhalten der Verbraucher Rückenwind. Die Verwendung von Karten und Dienstleistern wie PayPal beim Bezahlen nimmt stetig zu. Seit 2018 verzeichnet der deutsche Einzelhandel einen höheren Umsatz durch Kartenzahlungen als durch Zahlungen mit Bargeld. Zuletzt dürfte sich der Trend weg vom Bargeld noch beschleunigt haben, da wegen Corona deutlich mehr im Internet gekauft wird.

Doch auch wenn das Bargeld seine Rolle als Zahlungsmittel immer mehr verliert, so sehen die Bürger darin doch weiterhin einen sicheren Hafen. Dies zeigte sich ganz deutlich im vergangenen März, als die Menschen innerhalb weniger Wochen rund 100 Milliarden Euro von den Banken der Eurozone holten. Ein Grund dafür bestand sicherlich darin, dass die Menschen wegen der Corona-Krise fürchteten, dass sie nicht mehr so leicht an Bargeld kommen.

Eine entscheidende Rolle bei diesem Mini-Bank-Run spielte aber wohl auch die Befürchtung, dass infolge der Corona-Krise Banken bankrottgehen könnten. Und im Rahmen einer Bankenrettung können durchaus auch die Kundengelder angetastet werden, wie zuletzt die Eurokrise gezeigt hat. Geld auf dem Konto ist nur ein Anspruch auf Euro gegenüber der entsprechenden Bank. Ein Euroschein unter dem Kopfkissen hingegen ist ein Papier der Zentralbank selbst.

Da man infolge der EZB-Politik heute mit einem Bankkonto kaum noch Zinsen erhält, ist das Bargeld auch in finanzieller Hinsicht attraktiver geworden. Tatsächlich kann das zinslose Bargeld im Safe sogar lukrativer sein als ein Konto, da immer mehr Banken dazu übergehen, höhere Guthaben mit Negativzinsen zu belegen. So erhebt etwa die die Deutsche Bank auf Einlagen auf Giro- und Tagesgeldkonten über 100.000 Euro ein „Verwahrentgelt“ von minus 0,5 Prozent pro Jahr.

Begründet werden die Bargeldobergrenzen und das übergeordnete Ziel der Bargeldabschaffung vor allem mit dem Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Wahr ist, dass Geiselnehmer und andere Erpresser für den Zweck der Lösegeldzahlung nicht ihre Kontoverbindung angeben, sondern in der Regel einen Ort, wo ein Koffer mit Bargeld zu hinterlassen ist, oder Bitcoin. Auch Bankräuber wollen keine Überweisung, sondern möglichst viel Bares. Ähnliches gilt wohl für die meisten Kriminellen.

Dass eine Umstellung auf reines digitales Bezahlen viele Formen der Kriminalität verhindern würde, scheint offensichtlich. Doch der Preis dieser Umstellung wäre hoch. Ohne Bargeld wären die Bürger ihren Staaten (und deren Untaten) noch stärker ausgeliefert, als sie es heute ohnehin schon sind. Ohne Bargeld hätten sie kaum noch einen Schutz gegen Negativzinsen, gegen Vermögensabgaben oder gegen die Offenlegung ihres Konsumverhaltens.

Allerdings ist die Furcht der Menschen vor dem Staat oder vor Überwachung heute insgesamt gering. Letzteres zeigt sich nicht nur an der weit verbreiteten Kartenzahlung, sondern etwa auch an ihrem Online-Verhalten. Sie sind offenbar damit einverstanden, dass Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon oftmals mehr über sie wissen als ihre Nachbarn. Auch das Handy nehmen sie in der Regel überallhin mit, sodass ihr Aufenthaltsort jederzeit digital aufgezeichnet wird.

Trotz aller Vorzüge des Bargelds sollten aber gerade wir Deutschen uns an die Bilder von Wagenladungen voller Geldscheine aus der Zeit der Weimarer Hyperinflation erinnern. Der Wert des Euro hängt von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank ab, die gerade wie niemals zuvor Geld druckt. Allein im Rahmen ihres Corona-Notkaufprogramm PEPP will sie 1,35 Billionen Euro zum Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen drucken.

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