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Corona-Krise: Der Großangriff auf das Bargeld

Lesezeit: 4 min
16.08.2020 11:59
Die Pandemie hat die alte Debatte über die Abschaffung des Bargeldes aufleben lassen, die emotional enorm aufgeheizt ist. Aus einer aktuellen Studie geht hervor, dass immer weniger Deutsche cash zahlen, weil sie angeblich Angst vor einer Ansteckung haben.
Corona-Krise: Der Großangriff auf das Bargeld
Illustration: Timo Würz

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Die Pandemie bedrückt Deutschland jetzt ein halbes Jahr und bringt weitreichende Veränderungen im sozialen Leben, aber auch in der Wirtschaft und Politik mit sich. Nun ist in diesem Zusammenhang wieder eine heftige Debatte um die Abschaffung des Bargeldes entbrannt. Aus einer aktuellen Studie einer Beratung geht hervor, dass die Deutschen immer mehr auf die Cash-Zahlungen verzichten, weil sie angeblich Angst haben, sich über den Kontakt mit Scheinen und Münzen mit dem Virus zu infizieren.

„Die Deutschen liebten ihr Bargeld. Bis COVID-19 kam. Jetzt haben sie erkannt, dass es auch rein elektronisch geht und die Liebe zum Bargeld Grenzen hat. Nach COVID-19 wird das kontaktlose Zahlen dann überall der Standard sein“, sagte Thomas Steiner, ein Vertreter von BearingPoint – einer Management- und Technologieberatung, die zu dem Thema eine Umfrage organisiert hat.

Studie: Bereits jeder Vierte vermeidet das Bargeld

„Aufgrund der erhöhten hygienischen Sensibilität boomt das kontaktlose Zahlen mit Giro- oder Kreditkarte“, heißt es in einer Presseinformation auf der Website des Unternehmens. „Cash is still King – aber bereits jede vierte Person in Deutschland vermeidet weitestgehend die Nutzung von Bargeld beim Bezahlen. Der Online-Zahldienst Paypal belegt Rang 2 der bevorzugten Zahlungsmittel“, so der Inhalt der Erklärung.

„Im Laden oder im Supermarkt nutzen derzeit 75 Prozent der Deutschen Bargeld, ein Rückgang um fünf Prozentpunkte verglichen mit 2019. Heute vermeidet weitestgehend jede vierte Person Bargeld beim Bezahlvorgang, während es im Jahr 2019 noch jede fünfte Person war,“, analysieren die Experten der Beratung und weisen darauf hin, dass nur sechs Prozent der Befragten das Bargeld für hygienisch halten. Aus ihrer Sicht ist dies ein sehr kleiner Teil, der klar darauf hinweist, dass aus diesem Grund immer weniger Deutsche cash ihre Einkäufe machen.

Bei den anderen Zahlungsmethoden ist ihr Anteil hingegen ungleich höher: So gehen 35 Prozent davon aus, dass Bezahldienste in dieser Hinsicht unbedenklich sind. 49 Prozent finden, dass kontaktloses Zahlen per Karte mit keinen gesundheitlichen Risiken verbunden ist.

Die Zahlen sehen zwar klar aus, doch gibt es den Zusammenhang damit, dass immer weniger Deutsche aufs Bargeld verzichten denn wirklich, den die Beratung hier sieht?

Mögliche Ansteckung über Bargeld umstritten

Unter den Fachleuten gehen die Meinungen darüber auseinander, ob man sich auf diesem Wege anstecken kann. „Viren auf Banknoten können eine Gefahr darstellen, wenn man sich nach dem Anfassen nicht die Hände wäscht und ins Gesicht greift“, sagte beispielsweise Mark Witchi, Leiter der Sektion Impfempfehlung und Bekämpfungsmaßnahmen im Schweizer Bundesamt für Gesundheit, der Wirtschaftswoche. Influenzaviren könnten beispielsweise bis zu 17 Tage auf Banknoten überleben, hätten seine Untersuchungen ergeben.

Deutsche Experten hingegen finden, dass die Wahrscheinlichkeit, sich auf diesem Wege mit dem Virus infizieren, nur sehr gering ist. Das berichtet das deutsche Fachportal „Lungenärzte im Netz“.

„Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen“, sagte der Virologe Christian Drosten in einem NDR-Podcast. Der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité erläuterte, bei Coronaviren und Influenzaviren handele es sich um behüllte Viren. Diese seien gegen Eintrocknung extrem empfindlich.

Anders sei es bei Schnupfenviren, die unbehüllt und deswegen weniger empfindlich gegen Eintrocknung seien. Diese würden eher mit den Fingern in die Nase gebracht und könnten dort für Infektionen verantwortlich sein. Bei Coronaviren erfolge eine Infektion dagegen meist über den Rachen – „und wir stecken uns den Finger nicht in den Hals“, so Drosten. Der Mediziner fügte allerdings auch hinzu, dass die Abläufe nicht abschließend erforscht seien.

Privater Hersteller: „Bargeld erfreut sich bester Gesundheit“

Unabhängig, wie dieses besondere Problem einzuschätzen ist, gibt es auch Stimmen am Markt, die nicht davon ausgehen, dass das Bargeld aufgrund der Pandemie verschwinden wird. „Auch wenn kontaktloses Bezahlen mit der Karte oder Online-Zahlungen gerade in Zeiten des Lockdowns einen Schub erhalten haben, so erfreut sich das Bargeld bester Gesundheit“, sagte der Christoph Lang, der Sprecher von Giesecke + Devrient (GD), einem Technologiekonzern, der auch Bargeld herstellt. „Wir erkennen nicht, dass im Zuge der Corona-Epidemie Bargeld rückläufig ist. Vielmehr wird Bargeld wie stets in Krisenzeiten verstärkt nachgefragt“, so Lang im Gespräch mit den DWN. Sein Unternehmen gehört zu den größten privaten Produzenten von Bargeld.

Die Pandemie mag zwar eine erhebliche Auswirkung auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben, doch lässt sich bei der Bundesregierung kein politischer Wille erkennen, das Bargeld abzuschaffen.

So ist die Menge der Banknoten und Münzen, welche die Bundesbank zwischen 2002 und 2019 herausgeben hat, jedes Jahr sukzessive im ein- bis zweistelligen Prozentbereich gestiegen. In diesen 17 Jahren hat sich das jährliche Volumen auf fast 750 Milliarden Euro versechsfacht.

Deutsche Bundesbank mit klaren Worten

Auch im laufenden Jahr sieht die Bundesbank noch lange nicht das Ende des Bargeldes in Deutschland – der Pandemie zum Trotz: „Dieses Zahlungsmittel genießt innerhalb der Bevölkerung ein sehr hohes Vertrauen“, heißt es in einem Bericht der Einrichtung vom März 2020. „Dies zeigte sich vor allem während der Finanzkrise 2008. In diesem Zeitraum nahmen die Auszahlungen von Banknoten außergewöhnlich stark zu – nicht nur in den sogenannten Krisenländern, sondern auch in Deutschland“, schreibt die Bundesbank.

„Dies zeigt: Bargeld spielt nicht nur im Alltags- und Wirtschaftsleben eine bedeutende Rolle, sondern wird auch abseits dessen als stabiles Wertaufbewahrungsmittel geschätzt. Die Bundesbank setzt sich deshalb für einen Erhalt des Bargelds ein,“ schreiben die Bundesbänker.


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