Deutschland

Autozulieferer Hella rutscht tief in die roten Zahlen

Lesezeit: 3 min
14.08.2020 12:53  Aktualisiert: 14.08.2020 12:53
Der Licht- und Elektronikspezialist Hella hat die maue Autokonjunktur deutlich zu spüren bekommen. Im Zeitraum von Juni bis Ende August ging der Umsatz des Autozulieferers im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent zurück.
Autozulieferer Hella rutscht tief in die roten Zahlen
Das Logo des Automobilzulieferers "Hella" steht vor der Zentrale in Lippstadt, NRW. (Foto: dpa)
Foto: David Inderlied

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Licht- und Elektronikspezialist Hella ist mit dem Start ins neue Geschäftsjahr 2020/21 in Anbetracht der Corona-Krise bislang zufrieden. "Wir sind optimistisch, dass wir operativ keine Verluste machen werden im ersten Quartal", sagte Konzernchef Rolf Breidenbach am Freitag auf der Online-Bilanzpressekonferenz des MDax-Unternehmens.

Wegen hoher Abschreibungen infolge der Pandemie und der anhaltenden Marktschwäche hatte Hella im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/2020 (Ende Mai) auch unter dem Strich einen herben Verlust eingefahren. Der auf die Aktionäre entfallende Fehlbetrag lag bei 431 Millionen Euro, wie Hella in Lippstadt bei der Vorlage ausführlicher Zahlen mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen noch einen Überschuss von 630 Millionen Euro erwirtschaftet.

Im vierten Geschäftsquartal musste Hella Wertminderungen in Höhe von 533 Millionen Euro verbuchen. Denn: Die globale Fahrzeugproduktion werde aller Voraussicht nach auch in den kommenden Jahren signifikant unter Vorkrisenniveau liegen. Dies werde zu einer geringeren Auslastung des weltweiten Hella-Produktionsnetzwerks führen, hieß es.

Die Hella-Aktie fiel am Vormittag um rund 2,6 Prozent auf 40,82 Euro. Im laufenden Jahr hat sie im Zuge der Marktturbulenzen bereits rund 17 Prozent an Wert eingebüßt. Aus Sicht von Analystin Gungun Verma von der US-Investmentbank Goldman Sachs bestätigten die finalen Resultate die Schwäche des Automobilgeschäfts, sowohl im vierten Quartal als auch im Gesamtjahr. In puncto Mittelzufluss und Kostenkontrolle sei Hella aber auf einem guten Weg.

Der Autozulieferer hatte schon Ende Juli Eckdaten für das abgelaufene Geschäftsjahr veröffentlicht und wurde von den Pandemie-Folgen deutlich getroffen. Während der währungs- und portfoliobereinigte Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um rund 14 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro absackte, brach das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) sogar um rund 60 Prozent auf 233 Millionen Euro ein. Die vorläufigen Zahlen bestätigte Hella nun.

Das berichtete operative Ergebnis (Ebit) lag bei minus 343 Millionen Euro nach plus 808 Millionen Euro im Vorjahr. Damals hatte Hella allerdings vom Verkauf des Großhandelsgeschäfts profitiert. Hella will der Hauptversammlung am 25. September wegen des Nettoverlusts und der negativen Markterwartung die Aussetzung der Dividendenzahlung für das Geschäftsjahr 2019/2020 vorschlagen.

Schon vor der Corona-Krise hatte Hella die Auswirkungen der mauen Autokonjunktur gespürt, nun kommt auch noch die Pandemie hinzu. "Angesichts des herausfordernden Marktumfeldes können wir mit unseren Ergebnissen insgesamt zufrieden sein", befand Breidenbach.

Trotz der schwierigen Bedingungen gelang es Hella, einen positiven bereinigten freien Barmittelzufluss (Free Cashflow)aus betrieblicher Tätigkeit zu erzielen. Er lag bei 227 Millionen Euro und damit nur etwas unter dem Vorjahreswert. Der Free Cashflow ist vor allem für Investoren und Analysten eine wichtige Kennziffer, da er Aufschluss über die Finanzkraft des Unternehmens gibt. Ist er negativ, wird quasi Geld verbrannt.

Den Angaben zufolge verfügt Hella derzeit über ein Finanzpolster von rund 2 Milliarden Euro. Damit sieht sich der Konzern gut aufgestellt, um die Krise zu meistern. Trotz erster Anzeichen einer Erholung im chinesischen Automobilmarkt zum Ende des Geschäftsjahres konnte Hella die erheblichen Verluste, gerade in Europa und Nordamerika, aber nicht kompensieren. Dennoch habe sich die Automotive-Sparte weiter besser entwickelt als der Markt, sagte Breidenbach.

Seine kürzlich abgegebene Prognose für das seit Juni laufende neue Geschäftsjahr 2020/2021 bestätigte Hella. Demnach erwarten die Westfalen einen währungs- und portfoliobereinigten Konzernumsatz von rund 5,6 Milliarden Euro bis 6,1 Milliarden Euro, die bereinigte Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) soll rund 4,0 bis 6,0 Prozent betragen.

Wegen der Belastungen durch die Corona-Krise hatte der Autozulieferer seinen Sparkurs kürzlich verschärft und baut Hunderte Stellen ab. Breidenbach erwartet, dass der Wettbewerb intensiver wird und der Kostendruck weiter zunimmt. In der Verwaltung und Entwicklung am Unternehmenssitz in Lippstadt sollen bis Ende des Jahres 2023 rund 900 Stellen wegfallen. Hinzu kommen laut Angaben des Managers auf der Bilanzpressekonferenz 300 bis 450 zusätzliche Stellen, die in den nächsten drei Jahren an weiteren Standorten abgebaut werden sollen.

Seit August 2018 ist die weltweite Belegschaft den Angaben zufolge bereits um rund 5400 Stellen reduziert worden. Doch das allgemeine Marktumfeld habe sich noch einmal deutlich verändert. Dies habe weitere Schritte notwendig gemacht. Parallel zum geplanten Stellenabbau in Deutschland will Hella auch seine weltweiten Standorte unter die Lupe nehmen.

Breidenbach will trotz der Krisenlage weiter in Forschung und Entwicklung investieren und geht davon aus, dass der Trend zur Elektromobilität, zum assistierten und autonomen Fahren sowie die Digitalisierung Hella in die Karten spielen wird. Ungeachtet dessen müsse Hella lernen, auch in schrumpfenden, kleiner werdenden Märkten zu agieren.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...