Deutschland

Geplante Wahlrechtsreform droht Bundestagswahl 2021 zu verzerren

Die von CDU, CSU und SPD geplante Korrektur am Wahlrecht wird nur zu einer minimalen Verkleinerung des Bundestags führen. Zudem droht bei der Bundestagswahl 2021 eine Verzerrung zum Nachteil kleinerer Parteien.
26.08.2020 10:35
Aktualisiert: 26.08.2020 10:35
Lesezeit: 1 min
Geplante Wahlrechtsreform droht Bundestagswahl 2021 zu verzerren
CSU-Chef Markus Söder, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sowie die SPD-Chefs Walter-Borjans und Saskia Esken am Dienstagabend nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. (Foto: dpa) Foto: Markus Schreiber

Nach jahrelangem Streit haben die Spitzen von CDU, CSU und SPD am Dienstagabend einen Kompromiss erzielt, der auf eine Verkleinerung des Bundestags abzielt. Für die Wahl 2021 soll die Zahl der Wahlkreise noch unangetastet bleiben, bis 2025 soll die Zahl von derzeit 299 auf 280 reduziert werden.

Schon 2021 sollen aber nicht mehr alle Überhangmandate ausgeglichen werden - zum Nachteil der kleineren Parteien. Details dazu soll eine Reformkommission klären. Die Koalition muss versuchen, auch die Opposition einzubinden. Denn üblicherweise werden Fragen des Wahlrechts mit breiter Mehrheit im Bundestag beschlossen.

Nach Einschätzung des Wahlrechtsexperten Christian Hesse wird die geplante Korrektur am Wahlrecht nur zu einer minimalen Verkleinerung des Bundestags führen. Die vorgesehenen Schritte hätten nur «eine sehr schwache bremsende Wirkung», sagte der Mathematik-Professor aus Stuttgart der Deutschen Presse-Agentur. «Die dämpfende Wirkung der beiden Bremsmechanismen, die die Koalition einziehen will, ist wirklich sehr gering.»

Hesse ist ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Wahlrechts. Er trat zum Beispiel 2012 vor dem Bundesverfassungsgericht als Gutachter in einem Verfahren zum Wahlrecht auf. Er hat einen eigenes Modell für eine Wahlrechtsreform vorgelegt, das etwa in der Mitte der ursprünglichen Vorstellungen von CDU/CSU, SPD sowie FDP/Grünen/Linken liegt.

CDU, CSU und SPD hatten sich am Dienstag darauf verständigt, bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr Überhangmandate einer Partei teilweise mit ihren Listenmandaten zu verrechnen. In welchem Umfang das geschehen soll, ist allerdings noch nicht bekannt. Zudem sollen bis zu drei Überhangmandate nicht mehr durch Ausgleichsmandate kompensiert werden, wenn die Regelgröße des Bundestags von 598 Sitzen überschritten wird.

Diese beiden dämpfenden Schritte hätten ausgehend vom Wahlergebnis 2017 zur Folge, dass der Bundestag heute nicht 709 Sitze sondern knapp unter 700 Sitze hätte - circa 690, sagte Hesse unter Verweis auf eigene Berechnungen. «Ganz präzise kann man es nicht sagen, weil da noch einige Unklarheiten bei den Formulierungen sind, was die Koalition genau will.»

Einen «unschönen Aspekt» nannte Hesse die Absicht, bis zu drei Überhangmandate unausgeglichen zu lassen. «Damit ist eine verzerrende Wirkung verbunden. Unter Fairnessgesichtspunkten ist das nicht zu begründen.»

Eine viel stärkere Wirkung auf die Größe des Bundestags hätte laut Hesse eine Verringerung der Zahl der Wahlkreise - was die Koalition aber erst für die Wahl 2025 anpacken will. «Die effektivste Maßnahme zur Verkleinerung des Bundestags ist tatsächlich die Verringerung der Zahl der Wahlkreise.»

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