Politik

Abbitte? Steinmeier will der Corona-Toten in Deutschland gedenken

Viele Menschen starben einsam, als im Frühjahr im Kampf gegen das Coronavirus Besuchsverbote für Kliniken und Pflegeheime erlassen wurden. „Der Corona-Tod ist ein einsamer Tod. Wir müssen den Menschen in ihrer Trauer helfen - und darüber nachdenken, wie wir unser Mitgefühl ausdrücken können“, meint nun Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
05.09.2020 19:15
Aktualisiert: 05.09.2020 19:15
Lesezeit: 1 min
Abbitte? Steinmeier will der Corona-Toten in Deutschland gedenken
22.08.2020, Österreich, Salzburg: Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident von Deutschland, sortiert bei einer Pressekonferenz im Rahmen der Salzburger Festspiele seine mit dem Mundschutz verhedderte Brille. (Foto: dpa) Foto: Kerstin Joensson

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine offizielle Gedenkstunde für die Corona-Opfer in Deutschland ins Gespräch gebracht. „Der Corona-Tod ist ein einsamer Tod“, sagte Steinmeier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstag). Viele Patienten in Krankenhäusern und Altenheimen seien ohne den Beistand ihrer Angehörigen gestorben, die Hinterbliebenen hätten nicht Abschied nehmen können. „Wir müssen den Menschen in ihrer Trauer helfen - und darüber nachdenken, wie wir unser Mitgefühl ausdrücken können.“

Wann dafür der richtige Zeitpunkt sei und ob etwa eine Gedenkstunde der richtige Rahmen sei, werde er mit den Vertretern der anderen Verfassungsorgane besprechen, sagte Steinmeier. Man dürfe die Trauer der Angehörigen nicht vergessen. „Wir haben 9.300 Tote zu beklagen.“ Das seien zwar niedrigere Todeszahlen als anderswo. „Aber es sind in sechs Monaten dreimal so viel wie die jährlichen Verkehrstoten. Das sollten wir nicht übersehen.“ Ohnehin würden die Zahlen jene nicht trösten, die gerade einen geliebten Menschen verloren hätten.

Das Staatsoberhaupt äußerte sich zugleich optimistisch über die Perspektiven im Kampf gegen das Coronavirus. „Ich finde die Meldungen über die aussichtsreiche Forschung an Impfstoffen durchaus ermutigend“, sagte Steinmeier. „Es gibt Licht am Ende des Tunnels - allerdings wissen wir nicht, wie lang die Wegstrecke dahin noch ist.“ Deshalb dürfe man jetzt bei Bemühungen und Disziplin nicht nachlassen. „Wir haben den Corona-Ausnahmezustand gemeistert, jetzt werden wir nicht an der Corona-Normalität scheitern.“

Steinmeier sagte, die Belastungen der Menschen seien real, und er verstehe, dass die Sorgen zunähmen. „Doch die gesunkenen Zahlen von Neuinfektionen und die deshalb möglichen Lockerungen sind überzeugende Argumente, auf dem Weg der Vorsicht zu bleiben.“ Aus der „Corona-Müdigkeit“ dürfe keine Rücksichtslosigkeit werden.

Das Staatsoberhaupt rechnet nicht damit, dass noch einmal so weitgehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens nötig sind wie auf dem bisherigen Höhepunkt der Krise in Deutschland. Alle wüssten, „dass ein zweiter Lockdown extrem schädlich für die Wirtschaft wäre. Und wir dürften nicht mit derselben Akzeptanz rechnen wie noch vor vier, fünf Monaten“, sagte Steinmeier. „Deshalb ist die gesamte Politik in Bund und Ländern darauf ausgerichtet, dieses Szenario zu vermeiden.“

Mehr zum Thema:

Jens Spahn gibt Fehleinschätzung zu: Jetzt muss er die Konsequenzen ziehen

Corona-Fehlalarm? Wenn die Bundesregierung sich geirrt hat, wird sie „stürzen“

Die große DWN-Corona-Analyse, Teil 1: Vom RKI präsentierte Fallzahlen sind äußerst zweifelhaft

Wie das Jahr 1944: Corona-Pandemie wird die Weltordnung für immer verändern

Studie: 27 Prozent der ersten Corona-Fälle hatten Ursprung in Italien, nur 22 Prozent in China

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 645 Millionen Euro Verlust: Cannabis-Betrug und Geldwäsche-Netzwerk erschüttern Europa
23.11.2025

Europa ist von einem der größten Cannabis-Investmentbetrugsfälle der letzten Jahre erschüttert worden, der Anleger in mehreren Ländern...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...