Wirtschaft

Erste Risse im System? China kämpft gegen Nahrungsmittelknappheit

Die chinesische Regierung kämpft gegen die grassierend Lebensmittel-Verschwendung. Die Problematik steht stellvertretend für sich anhäufende geopolitische Angriffsflächen.
10.09.2020 12:47
Aktualisiert: 10.09.2020 12:47
Lesezeit: 2 min
Erste Risse im System? China kämpft gegen Nahrungsmittelknappheit
Chinas Reisbauern bekämpfen Insekten und Unkraut auf traditionelle Weise: Mit hungrigen Enten (Foto: dpa) Foto: Xu Zhongting

Chinas Regierung hat eine Kampagne gegen Nahrungsverschwendung ins Leben gerufen. Die 1,4 Milliarden Bürger des Landes werden dazu animiert, sich nicht mehr - wie bisher - große Portionen auf den Teller zu häufen und dann nicht aufzuessen. Manche Lokale reagierten direkt auf die Forderungen der Regierung und bieten ihren Kunden an, sich beim Eintritt wiegen zu lassen – wohl, damit diese angesichts ihres Gewichts nicht so viele Gerichte bestellen, von denen anschließend ein großer Teil weggeworfen werden muss.

Präsident Xi Jinping sagte unter anderem, dass jedes Korn auf dem Teller der harten Arbeit eines Bauern entstamme und die Essensmengen, die täglich im Müll landen, „schockierend und erschütternd“ seien.

Die Forderungen kommen zu einer Zeit, in der China aufgrund der Corona-Krise, anhaltender Heuschreckenplagen und ungünstigen Wetterbedingungen ein besonderes Augenmerk auf seine Versorgung mit Nahrungsmitteln legen muss. Die Lebensmittelpreise in China stiegen zuletzt stark an. Getrieben von einem 86-prozentigen Anstieg bei Schweinefleisch ergibt sich im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat eine Steigerungsrate von 13,2 Prozent.

Internationale Beobachter weisen auf die besondere Dringlichkeit hin, die in den Verlautbarungen der Regierung und dem inländischen Medienecho zum Ausdruck kommt. Dies verleitet das renommierte britische Portal „Farmers Guardian“ zu der Spekulation einer drohenden Nahrungsmittel-Knappheit im Reich der Mitte.

Für das kommende Halbjahr prognostiziert die US-Nahrungsmittel-Behörde USDA zum Beispiel einen Rückgang der chinesischen Getreideproduktion von 5 Prozent, während die Nachfrage weiter steigen soll. Vor einigen Monaten wurden wohl auch inländische Vorräte angezapft, die eigentlich für schlechte Zeiten vorgehalten werden sollten.

China ist der größte Nahrungsmittel-Importeur der Welt; seine riesige Bevölkerung sowie ihr Lebens-Standard wachsen kontinuierlich und damit auch der Nahrungs-Bedarf. Das sorgt für Abhängigkeiten. Im Rahmen der Handelsstreitigkeiten mit den USA verpflichtete sich Peking auch mehr Nahrungsmittel (unter anderem Sojabohnen und Tierfleisch) im Wert von bis zu 50 Milliarden Dollar jährlich aus den Vereinigten Staaten zu importieren.

Das bevölkerungsreichste Land der Welt ist auch in anderen Belangen längst nicht so stark oder unabhängig, wie man glauben könnte. China ist der weltweit größte Importeur von Öl und Gas, derzeit sind die Preise dann auch tatsächlich niedrig, aber eine Steigerung würde das Land schwer treffen. Außerdem verzettelt man sich laufend in militärische und geopolitische Konflikte mit Nachbarländern zu Land und zu See. Das gemeinsame Militär-Manöver der USA mit Indien im indischen Ozean deutet auch hier eine Verwundbarkeit an.

Noch kämpft die Regierung nur verbal gegen die Nahrungs-Verschwendung an. In Zukunft könnte man auch noch andere Register auffahren. Vielleicht gibt es bald so etwas wie Maximal-Portionen in Restaurants oder „Essensauslastungs-Tracker“, die unter einem gewissen Schwellenwert Abzüge im Sozialpunktesystem nach sich ziehen. Die Bürger Chinas sind es ja durchaus gewohnt, von den Machthabern gegängelt zu werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU lockert Gentechnik-Vorgaben: Was sich im Supermarkt ändert und wo Chancen und Risiken liegen
19.12.2025

Die EU stellt die Weichen für lockerere Gentechnik-Vorgaben – mit Folgen für Supermärkte, Kennzeichnung und Landwirtschaft....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt SumUp-IPO 2026: Wie SumUp-Gründer Daniel Klein eines der größten Fintechs Europas an die Börse bringt
19.12.2025

Ob Taxi oder Dönerbude: Die kleinen weißen SumUp-Terminals haben die Kartenzahlung in deutschen Kleinstbetrieben etabliert. Nun führt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verbrenner-Aus: EU lockert Vorgaben und setzt den Fokus auf Unternehmen und Hersteller
19.12.2025

Die Europäische Kommission richtet ihre Verkehrsklimapolitik neu aus und verändert damit die Rahmenbedingungen für Industrie und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose 2026: Kurs erholt sich – Experten streiten über den weiteren Weg
19.12.2025

Der Bitcoin-Kurs schwankt, die Jahresendrally bleibt aus – und doch überbieten sich Experten mit kühnen Zielen. Zwischen 87.900 Dollar...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt die besten Dividenden-Aktien kaufen: Diese Titel überzeugen Experten von Morningstar
19.12.2025

Dividenden gelten für viele Anleger als stabiler Ertragsanker in unsicheren Marktphasen. Doch woran lässt sich erkennen, welche...

DWN
Politik
Politik E-Autos: Kfz-Steuerbefreiung bei Elektroautos bis 2035 verlängert
19.12.2025

Elektroautos sollen länger steuerfrei bleiben – doch die neuen Regeln haben einen Haken. Ein Beschluss im Bundesrat verschiebt Fristen,...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Finanzierung bis 2027: EU einigt sich auf 90 Milliarden Euro – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...

DWN
Politik
Politik Pendlerpauschale rauf, Mehrwertsteuer runter: Bundesrat billigt Steuerpaket
19.12.2025

Der Bundesrat hat ein Steuerpaket auf den Weg gebracht, das Pendler, Gastronomie und Ehrenamt spürbar berührt. Hinter der Entlastung...