Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete das Projekt am Mittwoch in Warschau als Gefahr für die Stabilität der Region. Vor allem als Reaktion auf die Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers Andrej Nawalny sollte Deutschland den Bau nun stoppen, sagte Morawiecki im Hörfunk. Die Pipeline stärke lediglich Russlands Machtstellung und helfe Präsident Wladimir Putin dabei, das Militär auszubauen, "um andere Nationen einzuschüchtern".
Morawiecki verwies zudem auf die Entwicklungen in Belarus und die Lage in der Ukraine, für die die Pipeline ein erhebliches Risiko darstelle. Die Pipeline soll die Kapazitäten der bereits bestehenden Leitung Nord Stream 1 verdoppeln. Russland kann damit noch mehr Gas nach Europa leiten und die bisherige Hauptleitung durch die Ukraine umgehen. Der Ukraine gehen dabei Einnahmen verloren, allerdings sehen Verträge eine Mindestmenge russischen Gases vor, das durch das Land geleitet werden muss. Nord Stream 2 ist bereits zu 90 Prozent fertiggestellt.
Rückenwind haben Forderungen nach einem Abbruch des Baus durch die Vergiftung Nawalnys erhalten. Laut Bundesregierung ist es "zweifelsfrei" erwiesen, dass der Putin-Kritiker mit einem chemischen Kampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Mit dem Stoff, der in der Sowjetunion entwickelt wurde, war bereits der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal 2018 in Großbritannien vergiftet worden. Die Bundesregierung fordert von der russischen Regierung nun Aufklärung im Fall Nawalny.
Der 44-Jährige Kreml-Kritiker war am 20. August auf einem Inlandsflug in Sibirien kollabiert. Nach einer Notlandung wurde er zunächst in einer Klinik in Omsk behandelt, bevor er am 22. August nach Deutschland ausgeflogen und in die Berliner Charité verlegt wurde. Mittlerweile ist er aus seinem Koma erwacht. Ob er vernehmungsfähig ist, ist allerdings unklar. Die russischen Ärzte hatten mehrfach erklärt, dass sie keine Hinweise auf eine Vergiftung Nawalnys gefunden hätten.