Finanzen

Prognose: Corona wird europäische Anleihen attraktiver machen als US-Anleihen

Einer Prognose zufolge werden sich Anleger vor allem an europäischen Staatsanleihen - und nicht an US-Anleihen - orientieren. Dafür gibt es handfeste Gründe.
21.09.2020 15:12
Lesezeit: 1 min
Prognose: Corona wird europäische Anleihen attraktiver machen als US-Anleihen
Eine 2-Euro Münze. (Foto: dpa) Foto: Julian Stratenschulte

Anleihen, die vom US-Finanzministerium zur Finanzierung staatlicher Aktivitäten begeben werden, werden traditionell als sichere Vermögenswerte angesehen. Dies bedeutet, dass diejenigen, die US-Staatsanleihen kaufen, stabile Renditen erzielen - auch wenn diese nicht sehr hoch sind - und die Anleger darauf vertrauen, dass die US-Regierung diese Schulden zurückzahlen wird.

Doch genau das könnte sich nach der Corona-Pandemie ändern. „Die Verschuldung in den USA, die Staatsverschuldung, steigt viel, viel stärker als irgendwo in Europa, so dass der Vergleich zwischen dem Kauf einer europäischen Anleihe oder einer US-Anleihe in Zukunft zugunsten europäischer Anleihen ausgehen wird”, sagte Holger Schmieding, Chefökonom bei Berenberg, dem US-Sender CNBC.

Das „US Congressional Budget Office“ teilte im September 2020 mit, dass die Staatsverschuldung „bis 2020 stark auf 98 Prozent des BIP ansteigen wird, verglichen mit 79 Prozent Ende 2019“.

Die Erwartung ist, dass die US-Schulden 2021 über 100 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und bis 2030 bei 109 Prozent des BIP liegen werden. Eine höhere Staatsverschuldung könnte dazu führen, dass US-Anleihen für Anleger weniger attraktiv werden, da ein erhöhtes Risiko besteht, dass die Regierung irgendwann Schwierigkeiten haben wird, einen Teil davon zurückzuzahlen. Anleger, die nach relativ risikofreien Vermögenswerten suchen, könnten daher US-Anleihen den Rücken kehren.

Ist Europa stabiler als die USA?

Auch die europäischen Länder geben viel Geld aus, um den wirtschaftlichen Schock, der durch die Corona-Krise ausgelöst wurde, zu bewältigen. Im Mai 2020 warnte die EZB, dass eine wachsende Staatsverschuldung in hoch verschuldeten europäischen Ländern wie Griechenland und Italien die Bedenken des Marktes wieder aufleben lassen könnte.

Seitdem haben sich die 27 EU-Staaten jedoch zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Kreditaufnahme über die Europäische Kommission zu genehmigen. Dieser Plan hat das Vertrauen der Märkte gestärkt, dass die Region den Wirtschaftsschock besser als ursprünglich erwartet überstehen könnte. Deshalb werden europäische Anleihen im Vergleich zu US-Anleihen als relativ sicher eingestuft.

„Darüber hinaus haben wir die Europäische Zentralbank, die im Wesentlichen einen Großteil des Anstiegs der Verschuldung hält und die auf lange Sicht nichts davon verkaufen wird. In vier Jahren besteht in Europa nur ein sehr geringes Risiko einer Schuldenkrise, solange Italien politisch keine vagen Schritte unternimmt“, sagte Schmieding gegenüber CNBC.

Er ist der Meinung, dass von allen EU-Staaten Italien derjenige ist, dessen Anleihen am ehesten nicht mehr nachgefragt werden, obwohl Griechenland den höchsten öffentlichen Schuldenberg im gesamten EU-Block hat. Dies liegt daran, dass die Koalitionsregierung in Rom als relativ fragil angesehen wird und eine Regierungs-Krise vorgezogene Wahlen auslösen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...