Unternehmen

Rosneft: Wie die russische Ölmacht klammheimlich in Deutschland weiter aufrüstet

Deutschland ist stark vom russischen Gas abhängig - nicht unbedingt eine ganz neue Einsicht. Doch dass die Russen auch schon weite Teile des deutschen Benzinmarktes kontrollieren, dürfte kaum bekannt sein. Und jetzt weitet Russland seine heimliche Öl-Macht bei uns immer weiter aus.
23.09.2020 12:21
Lesezeit: 2 min
Rosneft: Wie die russische Ölmacht klammheimlich in Deutschland weiter aufrüstet
Die russische Öl-Leitung "Freundschaft" auf dem Gelände der Brandenburger Raffinerie PCK. Von hier aus versorgen die Russen ganz Berlin und Brandenburg mit Benzin. (Foto: dpa) Foto: Patrick Pleul

„Wir haben gerade mit der Betankung von Flugzeugen am Stuttgarter Flughafen begonnen – dem sogenannten Intoplane-Service. Wir haben seit 2019 bereits einige Verträge über den Verkauf von Flugbenzin über die Bühne gebracht – beispielsweise am Berliner Flughafen Schönefeld für die russische Airline Aeroflot. Bereits jeder dritte Flug von Berlin aus wird von uns betankt“, sagte ein Sprecher der deutschen Tochter des russischen Ölgiganten Rosneft.

Hintergrund: Der größte Raffineriekonzern Russlands, in dessen Führungsgremien der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sitzt, ist bereits seit einigen Jahren am deutschen Markt aktiv. Dabei verfügt das Unternehmen über bedeutende Anteile an wichtigen regionalen Ölraffinerien, die der breiten Öffentlichkeit weniger bekannt sind – beispielsweise der Öl-Fabrik PCK Schwedt in Brandenburg.

Anfang 2019 hatte das Management um den australischen Generaldirektor Brian Chesterman, der seit drei Jahren zur Führung der deutschen Tochter gehört, eine wichtige Änderung in der Marketing-Strategie vorgenommen. Denn von jenem Zeitpunkt an verkauften die Russen in Deutschland ihre Produkte unter ihrer eigenen Marke. Bis dahin hatten sie ihre Waren mit den Firmenzeichen der deutschen Raffinerien veräußert, an denen sie ihre Anteile halten.

Russischer Konzern setzt neue Marketing-Strategie um

Somit war der Beginn des Service-Vertrages am Stuttgarter Flughafen auch eine bedeutende Umsetzung ihrer neuen Strategie. Zur Einordung: Der Airport in der Hauptstadt Baden-Württembergs ist mit einem jährlichen Fluggastaufkommen von fast 13 Millionen der sechstgrößte in Deutschland. Der Berliner Flughafen Schönefeld liegt auf einer Tabelle, die das Reiseportal „Travel“ veröffentlicht hat, mit mehr als elf Millionen auf dem achten Rang. Die Nummer eins ist Frankfurt am Main (fast 71 Millionen), vor München (etwa 48 Millionen) und Düsseldorf (rund 26 Millionen).

Deutschland ist als größte Volkswirtschaft in Europa für Rosneft von einer besonderen strategischen Bedeutung. Das Unternehmen kontrolliert über seine Anteile an den regionalen Öl-Fabriken insgesamt zwölf Prozent des deutschen Raffinerie-Marktes – eine Marktmacht, die nicht jedem Konsumenten in Deutschland bewusst ist.

Die Brandenburger Raffinerie PCK in Schwedt, an der die Russen 54 Prozent der Anteile halten, steuert mit zwölf Millionen Tonnen Öl pro Jahr den Löwenanteil dazu bei. Sie wird von der Leitung „Druschba“ versorgt, die noch aus DDR-Zeiten stammt. Besonders wichtig: Die Fabrik deckt nach eigenen Angaben 90 Prozent des Bedarfs an Benzin, Kerosin, Diesel und Heizöl von der deutschen Hauptstadt Berlin und von Brandenburg. „Wir bewegen Berlin und Brandenburg!“, schreibt das Unternehmen selbstbewusst auf seiner Website.

Darüber hinaus halten die Russen an der MiRo Mineralölraffinerie Oberrhein aus Karlsruhe 24 Prozent. Hauptaktionäre sind hier Shell und Exxon Mobil. Dieses Werk stellt pro Jahr 3,6 Millionen Tonnen her.

Zusätzlich besitzt Rosneft an der Bayernoil -Raffineriegesellschaft aus Vohburg/ Neustadt in Bayern 29 Prozent. Der Hauptaktionär ist hier Varo aus der Schweiz mit 51 Prozent. Dieses Werk produziert pro Jahr drei Millionen Tonnen – also auch ein spürbares Volumen.

So läuft es insgesamt für den russischen Giganten in Deutschland rund, der sich aber noch lange nicht am Ende seiner Möglichkeiten angelangt sieht: „Denn wir wollen unsere Ölproduktion und unseren Verkauf von Flugbenzin noch weiter steigern – und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch auf den gesamten europäischen Markt“, warf der Sprecher von Rosneft einen positiven Ausblick nach vorne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

 

DWN
Politik
Politik Peter Vesterbacka: Wenn Deutschland wie Estland wäre, hätte es 600 Einhörner
25.10.2025

Europa gilt zunehmend als unentschlossen, überreguliert und kraftlos – Begriffe, die sich in den vergangenen Jahren eingebürgert haben,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ausbildungsmarkt: Ausländische Azubis stützen Hotels und Gaststätten
25.10.2025

Das Hotel- und Gastgewerbe setzt bei der Nachwuchssicherung stark auf internationale Auszubildende. Doch fehlende Deutschkenntnisse bleiben...

DWN
Finanzen
Finanzen Seltene Erden als Investmentchance: Wie Anleger vom Rohstoffboom profitieren
25.10.2025

Seltene Erden sind das stille Rückgrat moderner Technologien – von E-Autos bis Windkraft. Ihre strategische Bedeutung wächst, weil...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Revolut Bank: Wie ein britisches Fintech Europas Bankenaltbau ins Wanken bringt
25.10.2025

Die Revolut Bank stellt das gesamte europäische Bankensystem infrage: Mit 75 Milliarden Dollar Bewertung, aggressiver Expansion und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Autoteilehandel 2.0: Wie Ovoko das Geschäft mit gebrauchten Teilen revolutioniert
25.10.2025

Aus einer simplen Excel-Tabelle entsteht ein europaweites Erfolgsunternehmen: Ovoko verändert den Handel mit gebrauchten Autoteilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vom Großraumbüro zur Kokospalme: Wie eine Litauerin Londons Karrierefalle entkam – und auswanderte
25.10.2025

Dominyka Mikšėnaitė hatte alles – Karriere, Gehalt, Aufstiegschancen in London. Doch sie kündigte, verließ das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Aktien: Wie Energieversorger zum stillen Profiteur des Tech-Booms werden
25.10.2025

Der Boom der künstlichen Intelligenz treibt den globalen Stromverbrauch auf Rekordniveau. Milliarden fließen in Rechenzentren, Netze und...

DWN
Politik
Politik Hinweise von Meldestelle "Hetze in Netz": Durchsuchung bei „Welt“-Kolumnist Norbert Bolz nach X-Post
24.10.2025

Für den Autor Professor Norbert Bolz ist es Ironie, die Staatsanwaltschaft sieht in dem Post eine strafbare Aussage gegen den renommierten...