EU-Außenminister Josep Borrell führt in einem Gastbeitrag der Zeitung „Le Journal du Dimanche“ aus: „Über ihre Besonderheiten hinaus haben Russland, China und die Türkei drei gemeinsame Merkmale: Sie sind gegenüber der Außenwelt souverän und innerhalb ihrer eigenen Grenzen autoritär; sie sind bestrebt, ihre Einflusszonen klar abzustecken, und sind entschlossen, sie unter allen Umständen zu schützen. Sie wollen die Regeln des globalen Spiels ändern, weil die Machtverteilung in der heutigen Welt keinen Bezug zu der Zeit hat, in der diese Regeln entstanden sind. In diesem Punkt muss anerkannt werden, dass ihre Argumente nicht völlig von der Hand zu weisen sind.“ Damit schließt sich Borrell der Kritik der drei Staaten an den USA und an der Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrats an.
Alle drei Staaten würden ihre Souveränität betonen und gleichzeitig die Freiheiten ihrer eigenen Bürger einschränken. Borrell führt über Russland aus: „Moskau glaubt, in Belarus ein Kontrollrecht zu haben, und beabsichtigt, die Europäer daran zu hindern, Proteste der Zivilgesellschaft gegen die manipulierten Präsidentschaftswahlen zu unterstützen. Dabei hat niemand ein Interesse daran, Weißrussland in eine andere Ukraine umzuwandeln. Darüber hinaus besteht dieser Konflikt nicht zwischen Europa und Russland, sondern zwischen den Menschen in Belarus und ihren Führern.“
„Die Maßnahmen der Türkei im Mittelmeerraum sind anderer Natur. Ankara möchte als wichtiger regionaler Akteur anerkannt werden, der weder von der Aufteilung der Einnahmen aus Gasressourcen noch von einer politischen Einigung in Libyen ausgeschlossen werden kann, was seinen früheren Einfluss auf das Mittelmeer widerspiegelt, den seine Staats- und Regierungschefs wiederherstellen wollen. Wir werden die Geographie nicht ändern und die Türkei wird weiterhin ein wichtiger Partner in einer Reihe von Fragen sein. Dies sollte es uns ermöglichen, aus einer Dynamik gefährlicher Konfrontation mit diesem großen Nachbarn herauszukommen“, so Borrell.
China, Russland und die Türkei würden ihre jeweilige große Geschichte als Legitimation anführen, um ihre Interessen auf dem globalen Schachbrett durchzusetzen. Aber, so Borrell: „Bestimmte europäische Länder waren ebenfalls große Mächte. Zum Glück haben sie sich von der imperialen Versuchung zurückgezogen, indem sie Europa geschaffen haben." Und weiter: "Aber um unsere Konflikte mit diesen neuen Imperien, die auf Werten beruhen, die wir nicht teilen, friedlich verhandeln und beilegen zu können, müssen wir auch lernen, was ich die Sprache der Macht genannt habe."