Die Nato treibt ihre Vorbereitungen für die Bündnisverteidigung im Weltall voran. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und der «Süddeutschen Zeitung» wollen die Verteidigungsminister der 30 Mitgliedstaaten an diesem Donnerstag den Aufbau eines Space Center ankündigen. Es soll an das Luftwaffenoberkommando der Nato im rheinland-pfälzischen Ramstein angegliedert werden und vor allem als Koordinationsstelle für die Weltraumüberwachung dienen.
So könnten in Ramstein künftig Informationen über mögliche Bedrohungen gegen Satelliten zusammenfließen. Denkbar ist auch, dass das Space Center später zu einem Kommandozentrum für Abwehrmaßnahmen ausgebaut wird.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll in Kürze zudem auch eine Art Thinktank für die Weltraumaktivitäten der Nato aufgebaut werden. Als Standort für das sogenannte Kompetenzzentrum waren zuletzt Kalkar in Nordrhein-Westfalen und das französische Toulouse in der Diskussion. In Kalkar hat schon heute das Kompetenzzentrum für die Nato-Luftstreitkräfte (Joint Air Power Competence Centre - JAPCC) seinen Sitz. Toulouse wirbt damit, dass dort derzeit auch das nationale französische Raumfahrtkommando aufgebaut wird.
Die Planungen der Nato sind Folge der im vergangenen Jahr getroffenen Grundsatzentscheidung, das All zu einem eigenständigen Operationsgebiet zu erklären. Der Beschluss ermöglicht es der Nato zum Beispiel, bei Alliierten für Einsätze die Bereitstellung von Kapazitäten für Satellitenkommunikation oder Bilddatentransfers anzufordern. Zudem hat er dazu geführt, dass in der Allianz noch intensiver darüber diskutiert wird, in welchem Fall mögliche Angriffe aus oder im Weltraum künftig als Bündnisfall behandelt werden sollten.
«Die Nato hat nicht die Absicht, Waffen im Weltraum zu stationieren, aber wir müssen sicherstellen, dass unsere Missionen und Operationen die passende Unterstützung haben», sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg im vergangenen Jahr zum Thema. Das All sei zum Beispiel für Frühwarnsysteme, die Kommunikation und Navigation von entscheidender Bedeutung.
Der Norweger spielte damit darauf an, dass die Nato immer mehr von Technik im All abhängig ist. Über Satelliten läuft die Kommunikation bei Militäreinsätzen, sie werden zur Aufklärung und Spionage sowie für Navigationssysteme genutzt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Angriff auf Satelliten der Nato-Staaten ihre Verteidigungsfähigkeit erheblich einschränken könnte.
Hinzu kommt, dass Angriffe auf Satelliten im Fall eines Krieges genutzt werden könnten, um Teile des öffentlichen Lebens lahmzulegen. So könnten zum Beispiel die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs oder Navigationssysteme für den Straßen-, See- und Luftverkehr schwer beeinträchtigt werden.
Neben dem Nato-Land USA haben zuletzt vor allem Staaten wie Russland, China und Indien ihre Fähigkeiten im Weltraum erheblich ausgebaut. So sorgte Russland in diesem Jahr mit mehreren Tests von Anti-Satelliten-Waffen für Aufsehen, nachdem Indien bereits im vergangenen Jahr durch das Abschießen eines eigenen Satelliten erfolgreich eine Anti-Satelliten-Rakete getestet hatte.
Ebenfalls bereits 2019 hatten die US-Streitkräfte ihr neues Führungskommando für Einsätze im Weltraum in Betrieb genommen. «Wenn es darum geht, Amerika zu verteidigen, reicht es nicht, nur eine amerikanische Präsenz im Weltraum zu haben», sagte US-Präsident Donald Trump damals. «Wir müssen amerikanische Vorherrschaft im Weltall haben.» Die Feinde der USA könnten in der Umlaufbahn der Erde mit neuer Technologie Satelliten angreifen, die «entscheidend sind für unsere Einsätze auf dem Schlachtfeld und für unser Leben zu Hause».
Mit deutlich weniger martialischen Worten wurde vor wenigen Wochen in Uedem (Nordrhein-Westfalen) ein neues Weltraumoperationszentrum der deutschen Luftwaffe in Dienst gestellt. Das sogenannte Air and Space Operations Centre (ASOC) soll vor allem helfen, Satelliten vor Störungen und Angriffen zu schützen und auch Flugkörper beobachten, die beim Wiedereintritt in die Atmosphäre zur Gefahr für besiedelte Gebiete werden können. Es beobachtet und katalogisiert dazu Weltraumobjekte und den sogenannten Weltraummüll. Es gehe hier nicht um Weltraumwaffen, betonte der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz.