Große Familienunternehmen zahlen in Deutschland deutlich mehr Steuern als börsennotierte Konzerne im Streubesitz. Die durchschnittliche Steuerbelastung der 500 größten deutschen Familienunternehmen liegt schon auf Unternehmensebene bei etwa 28 Prozent. Unter Berücksichtigung der Steuern auf Gesellschafterebene (Einkommensteuer der Gesellschafter von Personengesellschaften bzw. Abgeltungsteuer auf Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften) errechnet sich eine durchschnittliche Belastung von fast 38 Prozent. Erträge der Dax-Konzerne, die keine Familienunternehmen sind, sind unter Berücksichtigung der Besteuerung der Gesellschafter dagegen nur mit gut 26 Prozent belastet.
Dies sind zentrale Ergebnisse einer Studie der Stiftung Familienunternehmen, die vom ifo Institut erstellt wurde. Die Untersuchung nutzt Jahresabschlussdaten, um den Steuerbeitrag der Familienunternehmen in Deutschland zu ermitteln. Berücksichtigt werden die Unternehmenssteuern im Rahmen von Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag. Die letzte Studie zum Thema stammt aus dem Jahr 2016. Nun liegt eine Aktualisierung vor.
Der Untersuchung zufolge zahlten Familienunternehmen in den Jahren 2010 bis 2018 etwa 67 Milliarden Euro pro Jahr an Unternehmenssteuern in Deutschland. Das sind in etwa 48 Prozent des Gesamtaufkommens an Unternehmenssteuern. Auf die 500 größten Familienunternehmen entfielen davon rund 12 Milliarden Euro, also ein knappes Fünftel.
„Familienunternehmen leisten einen Großteil der Steuerlast in Deutschland. Gleichwohl werden sie in der Praxis steuerlich erheblich gegenüber den Konzernen im anonymen Streubesitz benachteiligt“, sagt Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. „Es ist deswegen Zeit, dass wir nach Jahren steigender Steuerbelastung nun wieder eine Kehrtwende einleiten und gerade auf dem Weg aus der Corona-Krise für Entlastungen sorgen, statt über Steuererhöhungen zu sprechen.“
Deutschland gilt im internationalen Vergleich als Hochsteuerland. Im Länderindex Familienunternehmen, der die Attraktivität von 21 Industriestaaten auf Basis objektiver Daten bemisst, liegt Deutschland in der Kategorie Steuern sogar auf dem vorletzten Platz. Eine Unternehmensbefragung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen wies bereits nach, dass niedrigere Steuern die Investitionsbereitschaft von Familienunternehmen stärken würden.
Die vorliegende Studie zeigt auf, dass Raum für Steuersenkungen besteht. Das Aufkommen aus den Unternehmenssteuern ist in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen. Im Jahr 2009 wurden noch knapp 91 Milliarden Euro an Unternehmenssteuern entrichtet. Der Wert wuchs dank des starken Wirtschaftswachstums bis 2017 auf rund 170 Milliarden Euro an. Die hohen Steuerzahlungen gehen einher mit einer deutlichen Verschlechterung der steuerlichen Standortbedingungen gegenüber anderen Ländern. Während in vielen Ländern die Belastung deutlich gesenkt wurde, erfolgte die letzte Anpassung hin zu einer wettbewerbsfähigen Besteuerung in Deutschland im Jahr 2008.
„Der Abbau der durch die Bewältigung der Corona-Pandemie entstandenen Staatsverschuldung wird nur durch Wirtschaftswachstum zu bewältigen sein“, sagt Kirchdörfer. „Die beste Voraussetzung dafür sind niedrigere Unternehmenssteuersätze. Die Unternehmenssteuerreform 2008 hat Unternehmen Luft zum Wachstum gegeben. Es ist in der aktuellen Krisensituation essentiell, auch wieder steuerliche Wachstumsimpulse zu setzen.“
Besonderen Handlungsbedarf gibt es beispielsweise bei der Besteuerung von Personengesellschaften. Bislang werden sie gegenüber Kapitalgesellschaften schlechter gestellt. Unter Berücksichtigung der Besteuerung der Gesellschafter liegt die Steuerbelastung der Personalgesellschaften im Kreis der TOP 500 Familienunternehmen mit etwa 41,5 Prozent um rund sechs Prozentpunkte über der Belastung der als Kapitalgesellschaft geführten Familienunternehmen (etwa 35,5 Prozent).
Die Benachteiligung von Personengesellschaften gilt insbesondere dann, wenn sie Gewinne thesaurieren, also im Unternehmen behalten. Die thesaurierten Gewinne unterliegen den individuellen Steuersätzen der Gesellschafter, die deutlich höher sind als die Belastung nicht ausgeschütteter Gewinne in Kapitalgesellschaften. Die durch die Unternehmenssteuerreform in das Einkommensteuergesetz eingefügte Sonderregel für thesaurierte Gewinne in Personenunternehmen wird von den Unternehmen kaum genutzt, da sie zu einer noch höheren Gesamtbelastung führen kann und großen Aufwand verursacht, wie die Studie anhand einer Umfrage unter den betroffen Unternehmen belegt. 62 Prozent der Familienunternehmen in Deutschland sind Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften. Bei den Familienunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern liegt der Anteil bei einem Viertel.