Deutschland

Merkel plant landesweite Verschärfung der Corona-Maßnahmen

Die Bundesregierung wird sich am Mittwoch bei den Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder für schärfere Corona-Maßnahmen einsetzen. Diese sollten deutschlandweit möglichst einheitlich getroffen werden.
27.10.2020 12:09
Lesezeit: 2 min

Vor den Beratungen mit den Ministerpräsidenten der Länder warnt die Bundesregierung vor einem ungebremsten Anstieg der Coronavirus-Ansteckungen. Vize-Kanzler Olaf Scholz sprach am Dienstag von einer besorgniserregenden Entwicklung. Wirtschaftsminister Peter Altmaier geht davon aus, dass es schon Ende der Woche 20.000 Neuinfektionen am Tag geben wird. Beide forderten zusätzliche Maßnahmen, um die Ausbreitung der Pandemie in Deutschland einzugrenzen. Die Wirtschaft warnte, es dürfe aber nicht die Falschen treffen.

"Jetzt sind schnelle und entschlossene Schritte nötig, um diese neue Infektionswelle zu brechen", sagte Finanzminister Scholz. "Die zusätzlichen Maßnahmen sollten zielgerichtet, zeitlich befristet und fokussiert sein. Und sie sollten deutschlandweit möglichst einheitlich getroffen werden und allgemein verständlich sein." Die Länder sind für die Umsetzung der meisten Maßnahmen zuständig. Kritiker bemängeln einen Flickenteppich, der für Bürger nur schwer verständlich sei. "Unser Land ist bislang ganz gut durch die Corona-Pandemie gekommen, in diesen Wochen entscheidet sich, ob das so bleibt. Wir haben es selbst in der Hand", so Scholz.

Altmaier sagte, das Wachstum bei den Neuinfektionen sei exponentiell. Schon Ende der Woche werde es wahrscheinlich 20.000 Fälle am Tag geben. Ende September hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gewarnt, es könne bis Weihnachten 19.200 Neuinfektionen am Tag geben. Diese Prognose galt damals als pessimistisches Szenario. Merkel hofft bei der Videoschalte mit den Ländern am Mittwoch auf konkrete Beschlüsse.

WIRTSCHAFT BEKLAGT "BAUERNOPFER DER PANDEMIEPOLITIK"

Altmaier zufolge erschwert die angespannte Corona-Lage die konjunkturelle Erholung. Viele Unternehmen bräuchten deswegen länger staatliche Hilfen. Das fordern auch zahlreiche Verbände. Selbst ein "Lockdown light" wäre eine Katastrophe, sagte Michael Rabe vom Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft. "Wenn Restaurants dicht gemacht und Veranstaltungen verboten würden, würden einmal mehr insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen der Tourismusbranche grundlos zum Bauernopfer der Pandemiepolitik. Belastbare Zahlen, dass unsere Betriebe zu den Pandemie-Treibern gehören, hat bislang niemand vorgelegt." Sollte es aus Gesundheitsgründen dennoch einen Lockdown geben, seien Entschädigungsgelder für Unternehmen ein absolutes Muss, ergänzte Rabe. "Ansonsten wird die Mehrzahl von ihnen den Corona-Winter nicht überleben."

Die meisten Landkreise in Deutschland gelten mittlerweile als Risikogebiet. Wegen besonders hoher Neuinfektionszahlen sind in den ersten bayerischen Gemeinden bereits wieder Ausgangsbeschränkungen sowie Schul- und Restaurantschließungen verhängt worden.

Wegen der Beratungen am Mittwoch werden auch die neuen Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung verschoben - um zwei Tage auf Freitag. Insider hatten Reuters zuletzt gesagt, dass die Regierung für dieses Jahr ein wenig optimistischer wird, aber immer noch einen Einbruch um 5,5 Prozent erwartet. 2021 soll sich die Wirtschaft dann erholen - mit einem Wachstum von 4,4 Prozent. Altmaier hatte zuletzt aber schon betont, dies sei nur möglich, wenn die Zahl der Neuinfektionen nicht durch die Decke gehe.

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