Finanzen

Neuer Gold-Standard wäre elegante Lösung für die Probleme der Zentralbanken

Die großen Zentralbanken haben die Weltwirtschaft und die Märkte in Probleme manövriert, aus denen es mit dem bestehenden Finanzsystem keinen Ausweg mehr gibt. Eine elegante Lösung wäre ein neuer Goldstandard, für den die Zentralbanken überraschend gut gerüstet sind.
08.11.2020 08:05
Aktualisiert: 08.11.2020 08:05
Lesezeit: 3 min
Neuer Gold-Standard wäre elegante Lösung für die Probleme der Zentralbanken
Von einem steigenden Goldpreis profitieren immer auch die großen Notenbanken. (Foto: dpa) Foto: Eddie Mulholland / Pool

Mit vielen Jahre lockerer Geldpolitik haben die Zentralbanken nicht nur eine nie dagewesene Verschuldung herbeigeführt, sondern das Finanzsystem zudem von einer Fortsetzung der lockeren Geldpolitik abhängig gemacht. Um dieses Problem zu bekämpfen bemühen sich die Zentralbanken, die Inflationsrate anzukurbeln und zugleich die Zinssätze unter Null zu halten.

Denn wenn es den Zentralbanken gelingen würde, eine Inflationsrate herbeizuführen, die höher ist als die Zinsen, so würden sich daraus negative Realzinsen ergeben, welche den Staaten und Unternehmen eine Senkung ihrer Schuldenlast einfacher machen würden. Doch entgegen der Intuition ist eine lockere Geldpolitik allein nicht in der Lage, die Inflationsrate anzukurbeln.

Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Niedrige Zinsen (und somit eigentlich günstige Kreditbedingungen) ziehen auch die Verbraucherpreise nach unten. Das hat die Erfahrung der letzten 20 Jahre eindrucksvoll gezeigt. Denn vereinfacht gesprochen: Wenn die Zinsen sinken, dann sparen die Bürger mehr, der Konsum geht zurück, und die Preise für Konsumgüter fallen.

Weitere Wertpapierkäufe mit frischem Geld und eine weitere Absenkung der Zinssätze sind ab einem Referenzzins von um die 4 Prozent kontraproduktiv. Ab etwa diesem Punkt erhöht lockere Geldpolitik nur noch die Schuldenlast und macht die großen Investoren reich, während sie die Produktivität nach unten drückt und möglicherweise auch soziale Konflikte schürt.

Mit Gold könnten die Zentralbanken ihre Probleme lösen

In dieser schwierigen Lage könnte ein höherer Goldpreis den Zentralbanken aus der Klemme helfen, wie der Analyst Jan Nieuwenhuijs ausführt. Denn ein höherer Goldpreis hat zumindest in der Vergangenheit stets höhere Inflationserwartungen bewirkt, die dann wiederum tatsächlich zu einer höheren Inflation führten. Wenn der Goldpreis steigt, so steigt innerhalb von ein oder zwei Jahren in der Regel auch die Inflationsrate.

Schon am 22. Februar 1994 sagte der damalige Vorsitzende der Federal Reserve, Alan Greenspan, vor dem US-Kongress, Gold sei "ein Wertaufbewahrungsmittel, das einen recht verlässlichen Vorsprung vor den Inflationserwartungen aufweist und im Laufe der Jahre unter anderem ein recht guter Indikator dafür war, wie sich die Inflationserwartungen entwickeln würden".

Ein höherer Goldpreis würde also letztlich - ganz im Sinne der Zentralbanken - die Inflationsrate ankurbeln, die Realzinsen senken und den Schuldenabbau begünstigen. Und es gibt noch einen weiteren Grund, warum ein höherer Goldpreis für die großen Zentralbanken von Vorteil wäre. Und zwar könnten sie ihre durch massive Wertpapierkäufe angeschlagenen Bilanzen reparieren.

In den letzten Jahren haben die Zentralbanken Unmengen an Staatsanleihen in ihre Bilanzen aufgenommen. Möglicherweise müssen einige dieser Anleihen umstrukturiert werden, darunter etwa italienische Anleihen, was der Europäischen Zentralbank massive Verluste zufügen würde. Die Goldreserven könnten diese Verluste als Kapitalpuffer auffangen - und dies umso besser, je höher der Goldpreis ist.

Rückkehr zum Goldstandard?

Zwar hat sich Gold über die Jahrtausende als die wohl stabilste Währung erwiesen. Doch ein Wechsel zu einem Goldstandard würde die Zentralbanken heute vor massive Probleme stellen. Denn wenn eine Notenbank diesen Schritt allein gehen würde, so würde ihre Währung gegenüber den anderen Währungen aufwerten.

Eine Aufwertung der eigenen Währung ist heute inakzeptabel. Denn dies würde nicht nur die eigene Exportwirtschaft stark benachteiligen, sondern die betroffenen Staaten müssten ihre Schulden sozusagen in Gold zurückzahlen, was aufgrund der hohen Schuldenquoten praktisch nicht möglich ist. Ein Wechsel zu einem stabilen Goldstandard ist also nur dann möglich, wenn es alle wichtigen Notenbanken gemeinsam tun.

Doch ein solcher gemeinsamer Wechsel ist wiederum nur dann möglich, wenn die globalen Goldreserven möglichst gerecht über alle Staaten der Welt verteilt sind. Und tatsächlich streben die Zentralbanken Europas bereits seit dem Ende von Bretton Woods im Jahr 1971 eine solche gerechte Verteilung der Goldreserven an, um schließlich einen neuen globalen Goldstandard etablieren zu können.

Auch wenn derzeit vieles dafür spricht, dass die Zukunft den digitalen Zentralbankwährungen gehört (kürzlich hat das erste Land der Welt eine digitale Zentralbankwährung zum legalen Zahlungsmittel gemacht und in China laufen bereits riesige Pilottests mit dem digitalen Yuan), so bietet sich mit einem neuen Goldstandard auch eine echte Alternative, die ohne totalitäre Überwachung und Diktatur machbar ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mindestlohn: Viele Deutsche halten 13,90 Euro für zu niedrig
23.12.2025

13,90 Euro mehr Wertschätzung für Arbeit? Für viele Beschäftigte klingt das eher nach einem politischen Kompromiss als nach einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kakao-Krise eskaliert: Warum Schokolade neu erfunden werden muss
23.12.2025

Schokolade wird teurer, kleiner und zunehmend anders zusammengesetzt. Hinter den Kulissen zwingt die Kakao-Krise Hersteller, Forscher und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF verkauft Fahrerassistenzgeschäft: 3.750 Mitarbeiter wechseln
23.12.2025

ZF zieht die Reißleine. Mit dem Verkauf seines Fahrerassistenzgeschäfts an die Samsung-Tochter Harman trennt sich der angeschlagene...

DWN
Politik
Politik Autoindustrie im Umbruch: EU passt Emmissionsziele an und schafft neuen Spielraum für Hersteller
23.12.2025

Die EU lockert ihre Emissionsziele für neue Autos ab 2035 und eröffnet damit neue Spielräume für alternative Antriebskonzepte. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hilfsarbeitskraft: Deutschlands unterschätzte Welle zur Rettung bei Fachkräftemangel
23.12.2025

Die Krise im deutschen Mittelstand ist real: Der Fachkräftemangel lähmt das Wachstum. Die strategische Antwort darauf ist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden 2025: Finanzsektor glänzt, Autobauer kürzen massiv
23.12.2025

Während die Autobranche unter Druck steht, feiern Banken und Versicherer Rekordzahlen. Für deutsche Aktionäre bedeutet das ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold und Silber auf Rekordkurs: Edelmetalle profitieren von Zinserwartungen und Geopolitik
23.12.2025

Edelmetalle rücken erneut in den Fokus der Finanzmärkte und markieren ungewöhnliche Preisbewegungen in einem zunehmend unsicheren...

DWN
Politik
Politik Mike Pompeo über China und Russland: Die wahre Bedrohung für den Westen
23.12.2025

Der frühere US-Außenminister Mike Pompeo entwirft ein Bild globaler Machtverschiebungen, in dem Abschreckung und strategische Klarheit...