Panorama

Der Weltraum - Experimentierfeld der Großmächte für Kooperation und Frieden

Während auf der Erde der Gegensatz zwischen Sowjetunion und USA die Menschheit in Atem hielt, arbeiteten beide Seiten im Weltraum schon längst zusammen.
29.11.2020 11:00
Lesezeit: 4 min

Die Eroberung des Mondes wurde aus westlicher Perspektive als Sieg im Wettkampf der Systeme gefeiert. Tatsächlich handelte es sich dabei um eine technisch herausragende und psychologisch äußerst eindrückliche Leistung, die nicht von der Sowjetunion nachgeahmt werden konnte. Das erfolgreich abgeschlossene „Rennen zum Mond“ überlagerte in der Wahrnehmung der nachfolgenden Jahrzehnte in der amerikanischen und europäischen Geschichtsschreibung schließlich die Siege der Sowjets im „Rennen ins All“, welche diese in Form des ersten Satelliten (Sputnik) und Menschen (Juri Gagarin) im All errungen hatten und an die sie mit dem Bau und der Indienststellung der weltweit ersten Raumstation (Saljut 1) im April 1971 auch wieder anschließen konnten.

Die 1970er Jahre – mehr Kooperation im Weltraum

Nach dem Ende des amerikanischen Apollo-Programms – Apollo 17 war 1972 die letzte bemannte Mission zum Mond – und der Aufgabe der sowjetischen Bemühungen zur bemannten Mondfahrt geriet die Erschließung des erdnahen Weltraums wieder stärker in den Fokus.

Insbesondere der Bau und Betrieb von Raumstationen zeichnet die folgenden Jahrzehnte aus, ebenso wie eine verstärkte internationale Kooperation, welche schon vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu beobachten war.

Nachdem Sowjets (Saljut 1 – 1971) und Amerikaner (Skylab – 1973) Anfang der Siebziger Jahre eigene Raumstationen mit einer Betriebsdauer von wenigen Monaten in den Erdorbit brachten, markierte die russische Raumstation Mir mit einer Betriebsdauer von 15 Jahren zwischen 1986 und 2001 einen Quantensprung auf dem Feld der Raumstationen.

Auffällig an der Geschichte der Mir-Raumstation ist, dass die blockübergreifende Kooperation im Weltraum auch noch zur Zeit des Bestehens der Sowjetunion vertieft wurde. So flogen nicht nur russische oder sowjetische Kosmonauten zur Mir, sondern ab dem Jahr 1988 auch Astronauten aus Frankreich, Japan, Großbritannien, Österreich und Deutschland. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gipfelte die Kooperation des Mir-Betreibers Russland mit den USA im Shuttle-Mir-Programm, in dessen Rahmen in den 1990er Jahren Bürger aus beiden Staaten an Bord amerikanischer Space-Shuttles zur russischen Mir und wieder zurückgeflogen wurden.

Mit dem Shuttle-Mir-Programm wurde an die erstmalige Kooperation beider Seiten im Weltraum im Jahr 1975 angeknüpft, als sich im Zuge des Apollo-Sojus-Projekts ein sowjetisches Sojus 19-Raumschiff und ein Apollo-Raumschiff der USA aneinanderkoppelten und sich die Besatzungen gegenseitig besucht hatten. Darüber hinaus gilt das Shuttle-Mir-Programm als Vorläufer der derzeit im Dienst befindlichen, permanent bewohnten Raumstation ISS, welche außer von Russland und den Vereinigten Staaten auch von Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Brasilien, Spanien, Japan, Kanada, der Schweiz, Italien, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Norwegen betrieben wird.

Europa, China, Indien – neue Spieler am Himmel

Die Vereinigten Staaten von Amerika und Russland (beziehungsweise die Sowjetunion) sind nicht die einzigen Länder, die in der Vergangenheit in die bemannte Raumfahrt, die Raketentechnologie und den Satellitenbau eingestiegen waren. Als dritte Kraft etablierten sich relativ schnell die in der Europäischen Weltraumorganisation ab 1975 zusammengefassten europäischen Staaten, um ein Gegengewicht zu den USA und zur UdSSR zu bilden. Die Europäische Weltraumorganisation wiederum bildet die Nachfolgeorganisation dreier Anfang der 1960er Jahre gegründeter Organisationen für den Bau von Raketen und Satelliten, an der sich jeweils mehrere europäische Länder beteiligten.

Die Volksrepublik China begann 1956 mit der Entwicklung eines eigenen Weltraumprogramms und der damit einhergehenden technologischen Entwicklungen. Seit 1992 gibt es ein Büro für bemannte Raumfahrt und seit 1993 die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas, welche die unbemannte Erforschung des Alls vorantreibt. Die Chinesen konnten in den vergangenen Jahren einige wichtige Erfolge feiern, etwa 2003 den ersten bemannten Raumflug, die erste chinesische Sonde im All im Jahr 2007, die erste Raumstation Tiangong 1 im Jahr 2011, die erste unbemannte Mondlandung mit einem Rover 2013 sowie im laufenden Jahr den erfolgreichen Transport eines Rovers zum und dessen Einsatz auf dem Mars.

Weitere Nationen mit bedeutenden Weltraumprogrammen sind Indien, Japan, Israel, Kanada und die Vereinigten Arabische Emirate.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Aktien Ukraine-Wiederaufbau: Diese Unternehmen warten auf ein Ende des Krieges
28.12.2025

Die Märkte reagieren überraschend empfindlich auf jede Erwartung eines Waffenstillstands und verschieben Kapital von Rüstungswerten hin...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wie die wirtschaftliche Neuordnung gelingt
28.12.2025

Deutschland steht vor einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Neuordnung, in der Investitionen und geopolitische Risiken zugleich bewältigt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teamführung 2026: Was Führungskräfte jetzt wirklich brauchen
28.12.2025

Viele Führungskräfte starten 2026 mit neuen Vorsätzen – doch der Alltag frisst schnell jede Veränderung. Welche Self- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Über den Wolken: Sky City 1000 – eine Zukunftsvision gegen Wohnraummangel
28.12.2025

Die japanische Hauptstadt Tokio wächst – schneller als die Stadt es verkraftet. Allein 2024 kamen zehntausende Menschen hinzu, im...

DWN
Technologie
Technologie Batteriespeicher: Warum RWE den Takt für Europas Netze vorgibt
28.12.2025

Ein deutscher Energiekonzern baut in Wales den größten Batteriespeicher Großbritanniens und verschiebt damit die Kräfteverhältnisse in...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...