Trotz einer Erholung im Sommer erwartet die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie weiter einen Umsatzeinbruch in diesem Jahr. Der Branchenverband VCI rechnet für 2020 unverändert mit einem Produktionsrückgang von drei Prozent und einem Umsatzminus von sechs Prozent auf nur noch 186,4 Milliarden Euro. Die Chemikalienpreise dürften um 2 Prozent fallen. Voraussetzung für diese Prognose sei aber, dass ein umfassender Lockdown vermieden werden kann.
Im dritten Quartal waren die Geschäfte der Chemiebranche nach dem Nachfrageeinbruch im April und Mai auf Erholungskurs gegangen. Die Produktion legte um 1,9 Prozent und der Umsatz um 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zu. Im Vergleich zum Vorjahr standen aber immer noch ein Produktionsrückgang von 1,7 Prozent und ein Umsatzminus von 7,5 Prozent zu Buche.
Im dritten Quartal aber erholte sich die Industriebranche mit rund 464.000 Beschäftigten in Deutschland vom Corona-Einbruch im ersten Halbjahr. Die Produktion stieg um 1,9 Prozent zum Vorquartal, der Umsatz wuchs um 2,8 Prozent auf knapp 44 Milliarden Euro - auch dank leicht steigender Erzeugerpreise. Vor allem die konjunktursensible Chemie profitierte von einer höheren Nachfrage der Industrie. Das Vorjahresniveau sei aber noch nicht erreicht.
"Der Chemie steht nach der aktuellen Erholung ein schwieriges Schlussquartal bevor. Die Bundesregierung muss verhindern, dass es zu dauerhaften wirtschaftlichen Schäden kommt", sagte der Präsident des Branchenverbands VCI, Christian Kullmann, am Mittwoch in Frankfurt. "Auch wenn der Auftrieb in der Industrie stark war, droht durch Corona ein neuer Dämpfer." Der Optimismus des Sommers sei verschwunden.
Wegen der zweiten Infektionswelle nähme die Unsicherheit wieder zu, die Krise sei noch lange nicht überwunden. Für die kommenden sechs Monate würden die Chemieunternehmen nicht mehr mit einer weiteren Belebung ihrer Geschäfte rechnen. Bei einigen Produkten wie Reinigungs- und Desinfektionsmittel dürfte die Nachfrage aber wieder anziehen.
Die konjunktursensible Chemieindustrie leidet schon länger unter einer schwachen Industrienachfrage und globalen Handelskonflikten. Vor allem die Krise der Autohersteller, die Lacke, Kunststoffe und Reifen von der Chemieindustrie beziehen, belastet die Branche schwer. Schwergewichte wie BASF reagieren mit dem Abbau Tausender Stellen. Die Pharmaindustrie erwies sich dagegen bisher als Stabilitätsanker.