Technologie

Umfassende Kontrolle: Wie die neuen Apple-Computer ihre Nutzer ausspionieren

Das neue Mac-Betriebssystem von Apple erlaubt es den Nutzern nicht mehr, die Verletzung ihrer Privatsphäre zu verhindern. Aussagekräftige Daten über praktisch alle Aktivitäten - online wie offline - gelangen in fremde Hände und machen jeden Nutzer erpressbar.
22.11.2020 09:58
Lesezeit: 3 min
Umfassende Kontrolle: Wie die neuen Apple-Computer ihre Nutzer ausspionieren
Apple (und nicht nur Apple) weiß, wo Sie sind und was Sie machen. (Foto: dpa) Foto: Britta Pedersen

Bei neuen Versionen von Apples Betriebssystem MacOS wird jedesmal, wenn man ein Programm startet, eine eindeutige Kennung (Hash) dieses Programms über das Internet an Apple gesendet. Der Nutzer bemerkt davon nichts. Doch Apple erfährt bei jedem Start eines Programms folgende Daten: Datum, Uhrzeit, Computer, Internetanbieter, Stadt, Land und Programm (Hash), wie der Berliner Hacker Jeffrey Paul berichtet.

Apple führt somit Protokoll darüber, wann ein Nutzer welche Programme aus dem App-Store ausführt - darunter etwa auch der Tor-Browser oder VPN-Programme zum Schutz der Privatsphäre - und weiß somit, wann der Nutzer zuhause ist, wann er auf Arbeit, wann er bei Freunden ist und wann er auf Reisen ist. Apple weiß, welche Apps der Nutzer öffnet und wo und wie oft.

Doch nicht nur Apple weiß darüber Bescheid. Denn die Daten werden vom Computer des Nutzers unverschlüsselt übertragen. Daher kann sie jeder einsehen, der das Netzwerk beobachten kann, also zum Beispiel auch der Internetanbieter. Zudem werden die Daten der Nutzer nicht direkt an Apple, sondern an ein Netzwerk übertragen, das von der Firma Akamai betrieben wird.

Bereits seit Oktober 2012 ist Apple ein Partner im PRISM-Spionageprogramm des US-Militärs, das der US-Bundespolizei FBI und dem Militär auf Anfrage ungehinderten Zugang zu diesen Daten gewährt, das heißt auch ohne einen Durchsuchungsbefehl. Allein in der ersten Jahreshälfte 2019 haben die Behörden dies über 18.000 Mal getan, und mindestens weitere 17.500 Mal in der zweiten Jahreshälfte, wie Apple selbst einräumt.

Diese Daten stellen eine enorme Menge an Daten über das Leben der Nutzer und über ihre Gewohnheiten dar. Die Daten ermöglichen es jemandem, der im Besitz all dieser Daten ist, darin Bewegungs- und Aktivitätsmuster zu erkennen. Für manche Menschen kann dies offenbar sogar eine Gefahr für Leib und Leben darstellen.

Bis vor kurzem war es noch möglich, diese Art von Daten auf dem Mac mit einem Programm namens Little Snitch zu blockieren. Das Programm ermöglicht es, die Standardkonfiguration zu deaktivieren, sodass der Nutzer und jede Verbindung genehmigen oder ablehnen kann, wobei der Computer weiterhin einwandfrei funktioniert, ohne dass Apple die Daten erhält.

Doch die neueste Version des Apple-Betriebssystems, nämlich MacOS 11.0 Big Sur, verhindert dies. In der neuesten Version des Betriebssystems funktioniert Little Snitch nicht mehr auf die gleiche Weise, kann die Prozesse auf Betriebssystemebene nicht mehr inspizieren und blockieren. Darüber hinaus behindert MacOS 11 sogar das Funktionieren von VPNs, sodass Apple-Programme diese einfach umgehen können.

In der vergangenen Woche hat Apple seine neuen Mac-Geräte vorgestellt, die erstmals mit einem selbst entwickelten Mikroprozessor ausgerüstet sind. Der neue Halbleiter ist angeblich dreimal so schnell und hat eine doppelt so lange Batterielaufzeit wie Intel-Chips. Doch was entscheidend ist: Die neuen Macs laufen nicht mit älteren Betriebssystemen. Mit ihnen kann man seine Daten also nicht mehr vor Apple schützen.

Jeffrey Paul sagt: "Wenn Apple wirklich die Privatsphäre der Nutzer am Herzen liegt, sollten sie lange und intensiv jedes einzelne Paket prüfen, das nach einer Neuinstallation aus einem Mac herauskommt, bevor sie ein neues Betriebssystem herausbringen. Das tun wir auch. Je länger sie das nicht tun, desto weniger glaubwürdig werden ihre Behauptungen, sie würden die Privatsphäre der Nutzer achten."

Auf mögliche Einwände, eine solche Überwachung aller Mac-Nutzer sei wünschenswert, sagt Jeffrey Paul: "Es lohnt sich nicht, jeden in einer Gesellschaft unter ständige Überwachung zu stellen, um zum Beispiel den gewalttätigen Terrorismus zu besiegen, und es lohnt sich nicht, jeden auf einer Plattform unter dieselbe Überwachung zu stellen, um Schadsoftware zu besiegen."

Und weiter: "Man schüttet das Kind mit dem Bade aus, wenn man in dem Bemühen um eine sichere Plattform eine Plattform produziert, die aufgrund eines Mangels an Privatsphäre schon von sich aus unsicher ist." Doch eine solche Logik kann bei Politik und Behörden nur auf taube Ohren stoßen, da deren Ziel offensichtlich nicht die Sicherheit der Bürger ist.

Und es kommt noch schlimmer: Das neue Apple-Betriebssystem liefert die Nutzer nicht nur einer Spionage aus, die man nicht mehr abschalten kann, sondern es legt auch die technischen Vorbereitungen dafür, dass auf Apple-Computern nur noch Anwendungen mit bestimmten Kennungen (Hashs) laufen können. Dies öffnet etwa auch die Tür für eine umfassende staatliche Zensur von Software.

Wenn man sich an den Computer setzt, sollte man heute davon ausgehen, dass sämtliche Online-Aktivitäten und wohl auch ein Großteil der Offline-Aktivitäten unter Beobachtung stehen. Irgendwo werden die Aktivitäten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgezeichnet und analysiert. Die Geheimdienste dürften praktisch alles über die Bürger wissen - auch unter Mitwirkung von Apple.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...