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Neues Corona-Gesetz: Merkel hält sich taktisch zurück, lässt Spahn vorpreschen

US-Diplomaten bezeichnen die Kanzlerin nicht ohne Grund als „Teflon-Merkel“. Sie bleibe lieber im Hintergrund, bis die Kräfteverhältnisse klar sind, und versuche dann, die Debatte in die von ihr gewünschten Richtung zu lenken, stellten sie vor über zehn Jahren fest. Genau dieses Muster ist auch angesichts der hitzigen und aggressiven Debatte um die Reform des Infektionsschutzgesetzes zu beobachten.
18.11.2020 18:40
Aktualisiert: 18.11.2020 18:40
Lesezeit: 2 min
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Neues Corona-Gesetz: Merkel hält sich taktisch zurück, lässt Spahn vorpreschen
11.03.2020, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht neben Jens Spahn (CDU, l), Bundesminister für Gesundheit, vor einer Pressekonferenz der zur Entwicklung beim Coronavirus. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Am heutigen Tag wurde die Reform des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Sie passierte den Bundestag und den Bundesrat, um dann anschließend vom Bundespräsidenten ausgefertigt zu werden. Der gesamte Tag wurde überschattet durch Demonstrationen gegen die Reform des Infektionsschutzgesetzes. Eine Gruppe von Demonstranten am Brandenburger Tor argumentierte, dass durch die Reform das Grundgesetz ausgehebelt werde. Es kam auch zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten. Die Atmosphäre am 18. November 2020 war sehr angespannt und im Bundestag fanden hitzige Debatten statt.

Jens Spahn, Alexander Gauland, Konstantin Kuhle, Peter Altmaier und viele andere Politiker befanden sich inmitten des medial-aggressiven Getümmels. Einzig und allein Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt sich auffällig im Hintergrund.

Aus Wikileaks-Dokumenten geht nicht ohne Grund hervor, dass US-Diplomaten die Kanzlerin als „Teflon-Merkel“ bezeichnen - in Anspielung auf die nichthaftende Beschichtung von Bratpfannen.

Die Kanzlerin sei „bekannt für ihren Widerwillen, sich in aggressiven politischen Debatten zu engagieren. Sie bleibt lieber im Hintergrund, bis die Kräfteverhältnisse klar sind, und versucht dann, die Debatte in die von ihr gewünschten Richtung zu lenken“.

Diese Taktik war auch am heutigen historischen Tag zu beobachten, an dem die große Reform des Infektionsschutzgesetzes erlassen wurde, um der Exekutive eine Ermächtigungsgrundlage über die Legislative zu schaffen. „Teflon-Merkel“ wartet nun ab, bis die Kräfteverhältnisse in der Öffentlichkeit klar sind. Sie hält sich zunächst im Hintergrund und vermeidet die Teilnahme an hitzigen Infektions-Debatten, damit nichts an ihr haften bleibt.

Dafür schickt sie Jens Spahn vor, der sich nun mit den Kritiken und Attacken der Bundesregierung auseinandersetzen darf. Der greift zu den üblichen Floskeln, um die Reform des Infektionsschutzgesetzes zu legitimieren. Im Bundestag hat er wiederholt gesagt, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter ihm stehe, um dann anschließend eine Aussage zu tätigen, die er mittlerweile inflationär nutzt: „Wo wären Sie lieber als in Deutschland?“ Damit wollte er offenbar drohend sagen: „Wenn es Euch in Deutschland nicht gefällt, könnt Ihr dieses Land auch verlassen.“

Es herrscht Konsens darüber, dass Merkel eine kühle Macht-Politikerin ist, die sich in einer Welt von halb-kompetenten und teilweise frauenfeindlichen männlichen Politikern durchgesetzt hat. Ihre Kritiker unterstellen ihr, dass sie insgeheim plane, ein fünftes Mal für das Bundeskanzleramt zu kandidieren. Doch dafür müsste sie zunächst ihre parteiinternen Konkurrenten „ausschalten“.

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