Finanzen

Bitcoin vor neuem Rekordstand: Chance oder Irrsinn?

Der Bitcoin-Preis ist wieder in Reichweite von 20.000 Dollar. Doch es gibt viele Unterschiede zum Rekordhoch vor drei Jahren. Lohnt der Einstieg noch?
19.11.2020 15:18
Aktualisiert: 19.11.2020 15:18
Lesezeit: 3 min

Schon wieder jagt die Kryptowährung Bitcoin von einem Hoch zum nächsten. Schon wieder ist der Preis von der 20.000-Dollar-Marke nicht weit entfernt. Und schon wieder warnen Börsianer vor einer Spekulationsblase. Doch dieses Mal ist nach Ansicht von Experten alles anders als Ende 2017, als der Kurs eines Bitcoin getrieben von berauschten Privatanlegern innerhalb weniger Wochen auf ein Rekordhoch von knapp 20.000 Dollar in die Höhe geschossen war.

In den vergangenen Jahren hat sich ein ganzer Markt für Krypto-Produkte entwickelt, bekannte Firmen wie Paypal akzeptieren Bitcoin als Zahlungsmittel und weltweit beschäftigen sich Notenbanken mit landeseigenen Kryptowährungen. Doch für den Otto-Normal-Anleger seien die Risiken noch immer viel zu hoch, warnen selbst eingefleischte Bitcoin-Verfechter.

SPIEL MIT DEM FEUER

"Lange Rede, kurzer Sinn: Es ist noch immer ein riskanter Markt mit riskanten Produkten", sagt Colin Platt, Berater für Kryptowährungen von Platt Advisors. Trotz aller Verbesserungen der Marktstruktur und der allgemeinen Anerkennung ist der Preis für die größte und bekannteste Cyberdevise Bitcoin nach wie vor sehr schwankungsanfällig. Nach dem Höhenflug 2017 ging es ein Jahr lang bergab bis auf rund 3000 Dollar, im Juni 2019 kostete ein Bitcoin dann wieder knapp 14.000 Dollar, im März 2020 waren erneut weniger als 4000 Dollar. Seither geht es steil nach oben auf zuletzt fast 18.500 Dollar, vor allem in den letzten Wochen explodierte der Preis regelrecht. Experten gehen davon aus, dass auch die Unsicherheit wegen der Corona-Pandemie Investoren in Kryptowährungen treibt.

"Die Anleger sollten es tunlichst vermeiden, Bitcoin als 'digitales Gold' zu erachten", warnt Timo Emden, Marktanalyst bei Emden Research. "Der Bitcoin-Kurs könnte schon bald Opfer seines eigenen Erfolges werden. Die jüngsten Aufstiege waren definitiv zu schnell und zu überhastet." Doch im Gegensatz zu 2017 gebe es nun viele Unterschiede, gibt Larry Cermak, Direktor bei der Krypto-Medienfirma The Block, zu Bedenken. "Wir sehen weniger private sondern mehr institutionelle Anleger und die Märkte sind viel liquider als damals."

FINANZPRODUKTE RUND UM BITCOIN & CO - FINANZAUFSICHT WARNT

In den vergangenen Jahren haben sich zahlreiche spezielle Plattformen für Kryptowährungs-Derivate und andere Anlageprodukte etabliert, über die mit Bitcoin & Co gehandelt werden kann. 2017 hatte es solche Möglichkeiten noch gar nicht gegeben. Der Wert der aktuell im Umlauf befindlichen Bitcoin-Futures an der US-Börse CME überschritt vor ein paar Tagen zum ersten Mal seit der Einführung Ende 2017 den Wert von einer Milliarde Dollar. Die Positionen in den wichtigsten Optionsmärkten sind von praktisch Null Anfang 2019 auf mittlerweile vier Milliarden Dollar gestiegen, wie Daten der Analysefirma Skew zeigen. "Der Zugang hat sich in den vergangenen drei Jahren stark vergrößert, so dass immer mehr Spieler am Markt sind", sagt Tim Swanson von der Blockchain-Softwarefirma Clearmatics.

Parallel dazu haben auch die Gesetzgeber nachgezogen machen strengere Vorgaben. 2017 gab es für Anleger praktisch keinerlei Schutz vor Betrügern. Außerdem hatten zahlreiche Privatleute durch den Preis-Crash Anfang 2018 Millionen verloren. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin warnte daher eindringlich vor Anlagen in Kryptowährungen.

Die strengere Regulierung kann aber nicht alle Kehrseiten der Medaille beseitigen. Bitcoin werden immer noch häufig für Geschäfte im Darknet verwendet, dem für illegale Geschäfte genutzten Teil des Internets. Außerdem kommt es immer wieder zu Hackerangriffen auf Cyber-Plattformen, bei denen digitale Münzen erbeutet werden. Ein großes Thema ist auch Geldwäsche, da mit Kryptowährungen selbst große Summen anonym in sekundenschnelle um die halbe Welt geschickt werden können.

EIN KIND DER FINANZKRISE

Die Erfinder von Bitcoin hatten vor gut einem Jahrzehnt das Ziel, eine von Zentralbanken unabhängige Währung zu schaffen, die nicht von staatlichen Institutionen gesteuert ist. Daher orientiert sich der Kurs ausschließlich an Angebot und Nachfrage. Geschaffen werden Bitcoin über die Berechnung komplizierter Algorithmen durch Hochleistungschips. In gewissen Abständen werden die Nutzer, die Rechenkapazitäten zu Verfügung stellen, mit neu geschaffenen Bitcoin entlohnt. Maximal können so 21 Millionen Bitcoin geschaffen werden, derzeit gibt es 18,5 Millionen.

Die Ankündigung des US-Zahlungsdienstleister Paypal, künftig den Handel von Bitcoin und anderen digitalen Währungen auf ihrer Plattform zu erlauben, sorgte vor ein paar Wochen für großes Aufsehen. Aber auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Fed arbeiten am Aufbau eines "eEuro" und "eDollar", um damit die Hoheit über ihre jeweilige Landeswährung zu behalten. Doch trotz aller Fortschritte, bleiben Experten wie Russ Mould, Analyst bei der Kapitalanlagegesellschaft AJ Bell, skeptisch. "Es gibt trotz der jüngsten Entwicklungen keinerlei Garantie dafür, dass Bitcoin in großem Umfang als 'Geld' zum Bezahlen verwendet wird." Das kontaktlose Bezahlen per Karte oder Handy sei schließlich einfacher und schneller.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.