Finanzen

Inflation voraus? Die in der Eurozone zirkulierende Geldmenge M1 wächst stark

Die in der Eurozone zirkulierende Geldmenge zeigt deutliche Zuwachsraten. Insbesondere das starke Wachstum der liquiden Menge M1 könnte auf eine in Kürze deutlich anziehende Inflation hindeuten.
26.11.2020 11:30
Aktualisiert: 26.11.2020 11:30
Lesezeit: 2 min

Die Geldmenge in der Eurozone wächst weiterhin stark. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt mitteilte, wuchs die breit gefasste Geldmenge M3 im Oktober zum Vorjahresmonat um 10,5 Prozent. Das ist die höchste Rate seit dem Jahr 2008. Im September hatte das Wachstum gegenüber dem August 10,4 Prozent betragen.

Das Wachstum der enger gefassten Geldmenge M1 betrug wie im Vormonat 13,8 Prozent. Die Geldmengenkategorie M1 besitzt die größte Aussagekraft bezüglich der kurzfristigen Inflationsentwicklung, weil sie die zirkulierenden Volumen von Bargeld und schnell verfügbaren Bankeinlagen wie etwa Geld auf Tagesgeldkonten abbildet. Die Menge M3 als das am weitesten gefasste Geldmengenaggregat des Eurosystems umfasst darüber hinaus neben M1 und M2 auch Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren - also praktisch die gesamte, großteils illiquide Geldmenge des Gesamtsystems.

Wie aus Daten des Portals Tagesgeldvergleich hervorgeht, haben sich die Zuwachsraten der Geldmenge M1 in der Eurozone seit Februar deutlich ausgeweitet – nämlich von monatlichen Zuwachsraten um 8 Prozent auf aktuell fast 14 Prozent. Das Niveau von rund 8 Prozent dominierte in der Eurozone etwa seit dem Jahr 2016. Bemerkenswert ist das im Vergleich zu Europa viel extremere Wachstum der Geldmenge M1 in den USA, das von etwa 6 Prozent im Februar auf 41 Prozent im September geschossen ist:

Inflation voraus?

Fachleute führen das starke Wachstum der Geldmenge vor allem auf die finanzielle Krisenpolitik der EZB zurück. Zur Bekämpfung der Folgen der von den Regierungen ausgerufenen Ausnahmezuständen und Corona-Maßnahmen kauft sie in hohem Ausmaß Wertpapiere wie Staatsanleihen auf. Zudem versorgt sie die Euroraum-Banken mit extrem günstigen Langfristkrediten, bei denen es sich faktisch um Rettungspakete handelt, welche eine ausreichende Liquiditätsausstattung der Banken sicherstellen soll.

Zwar weitet sich die Geldmenge M1 stark aus, gebremst wird die Geldentwertung hingegen von den moderaten Wachstumsraten bei der Kreditvergabe der Geschäftsbanken im Euroraum. Deren Volumen an die privaten Haushalte stieg im Oktober wie im Vormonat September um 3,1 Prozent. Das Wachstum des Kreditvergabevolumens an Unternehmen fiel indes von 7,1 auf 6,8 Prozent.

Die seit der Finanzkrise von 2008 von der EZB und anderen Zentralbanken ins System gespülten Billionen hatten in der Vergangenheit auch deshalb keine starken Preisanstiege generiert, weil ein Großteil davon nicht in der Realwirtschaft landete, sondern als Spekulationsgeld an den Finanz- und Derivatemärkten hin und hergeschoben wurde.

Generell ist jedoch festzuhalten, dass die offiziellen Inflationszahlen in der Eurozone höchstwahrscheinlich seit Jahren zu niedrig ausgewiesen werden, weil beispielsweise die Kosten für selbst genutzten Wohnraum in der Statistik nicht berücksichtigt werden – ein Umstand, über den der Finanzexperte Michael Bernegger mehrfach berichtet hatte.

Lesen Sie dazu auch:

Anatomie einer Jahrhundert-Blase, Teil 3: Eine Dunkelziffer namens Inflation – das gesamte Finanzsystem basiert auf morschem Zahlenwerk

Lagarde öffnet einer höheren Inflation die Tür - auf Sparer kommen schwere Zeiten zu

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Politik
Politik USA greifen Hafen in Venezuela an: CIA soll angeblichen Drogenumschlagplatz attackiert haben
30.12.2025

Eine Explosion im Hafen, ein Präsident, der offen von einem Schlag spricht, und viele offene Fragen. Donald Trump bestätigt einen...

DWN
Panorama
Panorama Tresor-Coup in Gelsenkirchen: 3.200 Schließfächer aufgebrochen, Beute von 30 Millionen Euro
30.12.2025

"Wir wollen rein", skandiert eine aufgebrachte Menge vor der Sparkassenfiliale in Gelsenkirchen. Doch die Polizei riegelt ab. Was zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neun von zehn Haushaltshilfen werden schwarz beschäftigt
30.12.2025

Fast vier Millionen Haushalte setzen auf Schwarzarbeit – warum viele die Anmeldung umgehen und wie viel Geld dabei wirklich fließt.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z: Warum Sinnhaftigkeit zur neuen Währung im Job wird
30.12.2025

Führungskraft? Nein danke. Für die Generation Z zählt im Beruf längst nicht mehr die steile Karriere, sondern Sinn, Freiheit und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lebensmittelpreise 2025: Butter billiger, Schokolade teurer
30.12.2025

2025 wurden Verbraucher bei Lebensmitteln kräftig durchgeschüttelt. Butter fiel im Preis deutlich, während Schokolade, Rinderhack und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Alarm: Deutschland hat die höchsten Unternehmenssteuern der G7
30.12.2025

Deutschland gilt als Hochsteuerland – nun belegen es die Zahlen. Eine große Mehrheit der Unternehmen empfindet Steuern und Abgaben als...

DWN
Politik
Politik Angriff auf Putin? USA kritisieren Ukraine, versenken zugleich weiter Schiffe vor Venezuela
30.12.2025

Ein angeblicher Drohnenangriff auf eine Residenz von Wladimir Putin bringt neue Unruhe in die festgefahrenen Gespräche über den...

DWN
Panorama
Panorama Rätsel um Verschwinden des Fluges MH370: Eine neue Suche nach Antworten beginnt
30.12.2025

Was passierte mit Flug MH370? Das Verschwinden der Boeing 777 zählt zu den Mysterien der Luftfahrtgeschichte. Ab dieser Woche soll noch...