Politik

Seltene Einigkeit: Kongress verhindert Abzug von US-Soldaten aus Deutschland

Republikaner und Demokraten erzwingen gemeinsam einen Stopp des von Trump eingeleiteten Abzugs von US-Truppen aus Deutschland, Südkorea und Afghanistan. Bei hilfsbedürftigen Amerikanern hingegen herrscht deutlich weniger Einigkeit.
03.01.2021 14:18
Lesezeit: 3 min
Seltene Einigkeit: Kongress verhindert Abzug von US-Soldaten aus Deutschland
Die US-amerikanische Fahne und die POW/MIA-Flagge (Abkürzungen POW als englische Abkürzung für «Prisoners of War» - Kriegsgefangene - und MIA für «Missing in Action» - Vermisst im Kampfeinsatz) wehen vor dem Kapitol, Sitz des US-Kongresses. (Foto: dpa) Foto: Jacquelyn Martin

Erstmals in der Amtszeit von Donald Trump hat der US-Kongress ein Veto des Präsidenten gekippt. Nach dem Repräsentantenhaus überstimmte am Freitag (Ortszeit) auch der Senat Trumps Veto gegen das Gesetzespaket zum US-Verteidigungshaushalt mit der dafür nötigen Zweidrittelmehrheit. Trotz fehlender Unterschrift Trumps kann das milliardenschwere Gesetzespaket nun in Kraft treten. Damit handelte sich der Präsident kurz vor dem Ablauf seiner Amtszeit am 20. Januar eine schwere Niederlage im Kongress ein, wo sich auch seine Republikaner in dieser Frage in großer Zahl gegen ihn stellten.

81 Senatoren stimmten für das Gesetzespaket (bei 13 Gegenstimmen) - und kippten damit Trumps Veto erfolgreich. Ebenso eindeutig war am Montag das Votum im Repräsentantenhaus ausgefallen. Bereits bei der ursprünglichen Verabschiedung des Pakets hatte es in beiden Kongresskammern sehr große Mehrheiten für die Gesetzespläne gegeben. Der Präsident hatte sich unter anderem wegen eines Streits über die Reglementierung von Online-Plattformen und wegen einer möglichen Umbenennung von Militärstützpunkten gegen den Entwurf gestemmt.

Abzug der US-Soldaten aus Deutschland blockiert

Das Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt umfasst mehr als 4500 Seiten und sieht ein Budget von rund 740 Milliarden Dollar (611 Milliarden Euro) vor. Trotz aller Differenzen zwischen Republikanern und Demokraten ist dem Verteidigungshaushalt traditionell und seit Jahrzehnten die Unterstützung beider Parteien sicher. Weil es politisch als undenkbar gilt, dass das Militärbudget nicht zustande kommt, sind üblicherweise auch zahlreiche Regelungen Teil des Pakets, die nicht direkt mit der Finanzierung der Streitkräfte zu tun haben.

Demokraten und Republikaner haben darin diesmal festgeschrieben, dass der von Trump geplante massive Abzug von US-Soldaten aus Deutschland vorerst blockiert wird. In dem Gesetzestext heißt es, der US-Verteidigungsminister müsse in einem Bericht an den Kongress darlegen, ob ein solcher Abzug im nationalen Interesse der USA wäre. Frühestens 120 Tage danach dürfe die Zahl der in der Bundesrepublik stationierten US-Soldaten die Grenze von 34 500 unterschreiten. Zudem sieht das Gesetz vor, dass angedrohte Sanktionen gegen die deutsch-russische Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ausgeweitet werden.

Als Begründung für sein Veto hatte Trump erklärt, das Gesetz widerspreche der Außenpolitik seiner Regierung und der nationalen Sicherheit. Ihm ist etwa die nach Protesten gegen Rassismus vorangetriebene Umbenennung mehrerer Militärstützpunkte ein Dorn im Auge. Trump kritisierte außerdem, dass Online-Plattformen nicht stärker reglementiert würden. Er hatte sich gewünscht, dass der Kongress mit dem Gesetz eine Regelung ändern würde, die Online-Plattformen davor schützt, für von ihren Nutzern veröffentlichte Inhalte geradestehen zu müssen.

Dass der von ihm angeordnete Abzug von Soldaten aus Afghanistan, Südkorea und Deutschland nun per Gesetz begrenzt werden soll, hält Trump für verfassungswidrig. Der Präsident sei nach der Verfassung Oberbefehlshaber der Streitkräfte, erklärte er. Die Entscheidung, wie viele Soldaten wo zum Einsatz kommen sollten, liege daher bei ihm.

Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sagte, der Kongress habe Trumps sinnloses Veto schallend zurückgewiesen. Der Präsident nutze die letzten Züge seiner Amtszeit, um Chaos zu stiften und die nationale Sicherheit zu untergraben. Diese "gefährliche Sabotage" müsse ein Ende haben.

Generell setzt sich der US-Kongress äußerst selten über Vetos des Präsidenten hinweg. Vor Freitag war das nach Angaben des Senats seit 1789 erst 111 Mal passiert - bei mehr als 1500 regulären Vetos, die ein Präsident gegen Gesetzesentwürfe eingelegt hatte.

In seiner Amtszeit hatte Trump zuvor bereits acht Mal ein Veto gegen Gesetzespläne aus dem Kongress eingelegt. In den Parlamentskammern war jedoch in keinem dieser Fälle die notwendige Zweidrittelmehrheit zustande gekommen, um sein Veto zu überstimmen. Im Repräsentantenhaus haben die Demokraten die Mehrheit, im Senat die Republikaner.

Am Sonntag kommen beide Kongresskammern in neuer Konstellation zusammen. Parallel zur Abstimmung über einen neuen Präsidenten war im November auch das Repräsentantenhaus neu gewählt worden, etwa ein Drittel der Sitze im Senat standen ebenfalls zur Abstimmung. Das Votum zu Trumps Veto war also das große Finale in der auslaufenden Legislaturperiode beider Kammern.

Beim Militär besteht Einigkeit, bei hilfsbedürftigen Amerikanern nicht

Die abschließende Abstimmung im Senat dazu hatte sich um mehrere Tage verzögert, wegen eines erbitterten Streits über eine Anhebung von Hilfszahlungen an Bürger angesichts der Corona-Pandemie und der dadurch ausgelösten Wirtschaftskrise. Trump hatte eine deutliche Aufstockung ins Gespräch gebracht - was die ihm sonst verhassten Demokraten unterstützten, während sich die Republikaner in der Frage gespalten zeigten. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, verweigerte Trump auch in dieser Frage die Gefolgschaft und blockierte die Pläne. Trump beklagte sich am Freitag auf Twitter darüber und schrieb, dies sei weder fair noch klug. Zuvor hatte er mit Blick auf den Widerstand gegen sein Veto bereits geschimpft, die republikanische Führung sei "schwach" und "müde".

Seit der Wahl im November, deren Ergebnis Trump bis heute nicht anerkennt, hat sich der Präsident zunehmend isoliert und mit diversen zuvor treu ergebenen Verbündeten gebrochen. Der Demokrat Joe Biden soll am 20. Januar vereidigt werden. Bis dahin ist Trump mit allen Rechten im Amt.

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