Politik

Londoner Gericht: Assange soll nicht an die USA ausgeliefert werden

WikiLeaks-Gründer Julian Assange soll nicht an die USA ausgeliefert werden. Das entschied ein Londoner Gericht am Montag.
04.01.2021 12:01
Aktualisiert: 04.01.2021 12:01
Lesezeit: 2 min
Londoner Gericht: Assange soll nicht an die USA ausgeliefert werden
Ein Demonstrant trägt eine «Free Assange»-Gesichtsmaske. (Foto: dpa) Foto: Yui Mok

WikiLeaks-Gründer Julian Assange darf nach dem Urteil eines britischen Gerichts nicht an die USA ausgeliefert werden. Grund für die Entscheidung seien Befürchtungen, dass Assange Selbstmord begehen könnte, erklärte die zuständige Richterin Vanessa Baraitser am Montag. Bei einer Verurteilung in den USA würden Assange laut seiner Anwälte Jahrzehnte Haft drohen. Die USA werfen dem 49-Jährigen unter anderem Verstoß gegen ein Spionagegesetz vor. Doch auch mit dem jüngsten Urteil gegen eine Auslieferung dürfte sich die endgültige Entscheidung über Assanges Schicksal weiter hinziehen, da Revision möglich ist und der Fall letztlich bis vor den Obersten Gerichtshof in Großbritannien gehen könnte.

Assange hatte über seine Enthüllungsplattform WikiLeaks Hunderttausende geheime US-Berichte und Diplomatendepeschen veröffentlicht, die er von sogenannten Whistleblowern bekam. US-Ermittlern und westlichen Sicherheitskreisen gilt der gebürtige Australier damit als Staatsfeind, der mit der Veröffentlichung von Agentennamen Menschenleben gefährdet hat. Nach Auffassung seiner Anhänger ist er dagegen ein Held, der Machtmissbrauch sowie Fehlverhalten der USA in den Kriegen in Afghanistan und dem Irak aufgedeckt habe. Die seit Jahren laufende Strafverfolgung wertet Assanges Lager als Angriff auf die Rede- und Pressefreiheit.

WikiLeaks hatte 2010 ein US-Militärvideo veröffentlicht, das einen Angriff von Kampfhubschraubern auf die irakische Hauptstadt Bagdad 2007 zeigt. Dabei wurden Dutzende Menschen getötet, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Bald danach startete WikiLeaks die Veröffentlichung Tausender Geheimdokumente.

Verteidiger: Assanges psychische Gesundheit in Gefahr

Das juristische Gezerre um Assange begann damit, dass Schweden in Großbritannien ein Auslieferungsgesuch wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen Assange stellte. Um einer Auslieferung zu entgehen, hatte sich Assange 2012 in die Botschaft Ecuadors geflüchtet und dort sieben Jahre gelebt, bevor ihm 2019 das Asyl entzogen wurde. Er wurde festgenommen und kam in ein Londoner Hochsicherheitsgefängnis.

Assanges Verteidiger hatten vorgebracht, dass die psychische Gesundheit Assanges in Gefahr sei und die Haftbedingungen in den USA britischen Gesetzen zum Schutz der Menschenrechte widersprächen. Die USA hielten dem entgegen, dass diese Fragen in einem Verfahren geklärt werden sollten und einer Auslieferung nicht im Wege stünden.

Assanges Anwälte hatten zudem kritisiert, dass es sich um ein politisch motiviertes Verfahren "in einer besonderen Phase der US-Geschichte unter der Regierung von (US-Präsident Donald) Trump" handele. In den USA könnte Assange seinen Anwälten zufolge bei einer Verurteilung 30 bis 40 Jahre ins Gefängnis kommen. Ermittlern zufolge sind es maximal 63 Monate, also gut fünf Jahre.

Amnesty International kritisiert USA und Großbritannien

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Gerichtsentscheidung gegen eine Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange begrüßt, aber auch deutliche Kritik an den USA und Großbritannien geübt. Die Anklagen gegen Assange hätten gar nicht erst erhoben werden dürfen, teilte der Chef von Amnesty in Europa, Nils Muiznieks, am Montag in Berlin mit.

Großbritannien müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, auf Drängen der USA diesen politisch motivierten Prozess betrieben und die Presse- und Meinungsfreiheit auf die Anklagebank gesetzt zu haben. «Dies schafft einen eklatanten Präzedenzfall, für den die US-Regierung die Verantwortung und die britische Regierung eine Mitschuld trägt.»

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...