Bidens Green Deal: Zwei Billionen Euro bis 2024
Der vom neuen Präsident Joe Biden und seiner demokratischen Partei propagierte „Green Deal“ könnte sich als schwieriger herausstellen als gedacht – und das jenseits der üblichen Finanzierungsproblematik. Immerhin soll die Nachhaltigkeits-Offensive satte zwei Billionen Dollar innerhalb von vier Jahren verschlingen. Zumindestens kann Biden mit der Zustimmung beider Volkskammern rechnen, nachdem die Demokraten nun auch im Senat eine Mehrheit haben.
Mit den zwei Billionen Dollar wollen Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris unter anderem in den Gebäude- und Verkehrssektor des Landes investieren, wo noch viel Aufholpotential besteht. Bis 2024 sollen vier Millionen Gebäude energetisch saniert und 1,5 Millionen energieeffiziente Sozialwohnungen gebaut werden. In der Automobil-Industrie soll ein Strukturumbruch angestoßen, bei den öffentlichen Verkehrsmitteln auf Elektro-Antriebe umgestellt und bis 2030 eine halbe Million neuer Aufladestationen für Elektroautos installiert werden. Darüber hinaus sind nachhaltige Investitionen in die teilweise sehr heruntergekommene Infrastruktur des Landes geplant, unter anderem in Strom- und Wasserversorgung, Straßen, Grünflächen, Schulen et cetera.
Der Stromsektor soll bis spätestens 2035 keinerlei Kohlendioxid-Emissionen mehr verursachen. Derzeit liegt der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix nur bei 17 Prozent, Atomkraft mit 20 Prozent und insbesondere Erdgas mit 36 Prozent sind weiterhin die dominanten Energieträger in der Stromerzeugung.
Der Umfang der geplanten Investitionsprogramme ist enorm. Der Klimaplan von Trumps Vorgänger Barack Obama – unter dem Biden als Vizepräsident fungierte – umfasste „nur“ circa 100 Milliarden Dollar, ein Zwanzigstel der heute kursierenden Summen.
De-facto Monopol Chinas bei Seltenen Erden
Eine Investitions-Offensive bei erneuerbaren Energien wird eine deutliche Erhöhung der Importe von seltenen Erden verursachen. Die darunter erfassten seltenen Metalle werden unter anderem beim Bau von Windrädern, Solaranlagen und Elektrobatterien benötigt. Darüber hinaus kommen sie zum Beispiel in Mikrochips und Gastechnologien zum Einsatz.
2018 hatte das „U.S. Geological Survey“ 35 Mineralien definiert, die als kritisch aus Perspektive der Wirtschaft und nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten bezeichnet wurden, darunter zahlreiche der insgesamt 17 Elemente aus der Gruppe der Seltenen Erden.
2018 und 2019 stammten jeweils über 60 Prozent der weltweiten Minenproduktion von Seltenen Erden aus China. In China lagern auch die mit Abstand größten Reserven weltweit (rund 50 Millionen Tonnen). Mehr als die Hälfte der in den USA verarbeiteten Seltenen Erden werden aus dem Reich der Mitte importiert. Bei einem Ausfuhrstopp könnte es schnell zu Engpässen und Lieferproblemen kommen. Andere Industrieländer, die auf grüne Energien setzen wollen, stehen vor einem ähnlichen Dilemma.
Die Abhängigkeit von China macht die USA angreifbar
Durch die de-facto-Monopolstellung Chinas bei Seltenen Erden müsste der Green Deal teuer erkauft werden.
Erstens durch eine weitere Verschlechterung der ohnehin schon chronisch defizitären Handelsbilanz. Ex-Präsident Donald Trump hat hierbei China und Deutschland als Hauptprotagonisten angeblich unfairer Handelspraktiken ausgemacht. Seine Versuche, das Handels-Defizit zu verringern, sind allerdings gescheitert. Unter Biden werden sich die Handels-Querelen mit China forsetzen – nur die Strategie wird eine andere sein.
Die monetären Dimensionen bei Seltenen Erden halten sich allerdings in Grenzen. Der globale Markt hat ein Volumen von rund 10 Milliarden Dollar. Bis 2025 soll er Prognosen zufolge auf rund 15 Milliarden anwachsen, wie „GlobalNewswire“ unter Verweis auf einen Marktbericht von „Zion Market Research“ berichtete.
Viel schlimmer ist die Tatsache, dass die Abhängigkeit von China noch größer werden wird. Im Moment ist diese Abhängigkeit vor allem rein wirtschaftlicher Natur, denn die Volkswirtschaften der USA und Chinas sind eng verzahnt. Will Biden mit seinem Klimaschutzprogramm wirklich all-in gehen, käme eine gravierende strategische Versorgungsabhängigkeit von Seltenen Erden hinzu. Dies würde die Verhandlungsposition der Vereinigten Staaten bei künftigen geopolitischen und Handelsstreitigkeiten entscheidend schwächen.
Chinas Administration ist sich seiner überlegenen Position durchaus bewusst. Im Mai 2019 besuchte das chinesische Staatsoberhauptes Xi Jinping im Rahmen des Handelskrieges mit den USA eine heimische Produktionsstätte für Seltene Erden. „Oilprice.com“ zufolge löste das Ereignis an den Rohstoffmärkten Spekulationen über einen möglichen Stopp der Exporte Seltener Erden im transpazifischen Handel aus.
Folgender Chart zeigt die Terminpreise des seltenen Metalls „Neodym“, welches zu rund 90 Prozent in China gefördert wird.
Tatsächlich sprangen die Preise schlagartig in die Höhe, nachdem am 20. Mai 2019 über den Besuch berichtet wurde.
Die Minenproduktion in den USA soll ausgeweitet werden
Die Vereinigten Staaten sind kein ganz unwichtiger Player im Bereich der Seltenen Erden. Im eigenen Land werden derzeit rund 10 Prozent des Weltangebots erzeugt. Allerdings sind die Reserven relativ gering (etwa 1,4 Millionen Tonnen); im Vergleich zu China ist das nicht der Rede wert.
Für ein bis zwei Jahrzehnte könnte es aber noch reichen. Wenn man die Abhängigkeit vom Reich der Mitte reduzieren will, sollte man die heimische Minenproduktion ankurbeln.
Tatsächlich hatte Biden im Wahlkampf dafür geworben, die heimische Förderung von Seltenen Erden - sowie anderer strategisch wichtiger Metalle wie Lithium und Nickel – massiv zu steigern.
Auch die ausscheidende Regierung hat sich des Problems bereits angenommen und den „Reclaiming American Rare Earths Act“ verabschiedet. Dabei sollen über steuerliche und andere Anreize Investitionen in diesen Sektor angeregt werden. Donald Trump unterzeichnete derweil im September letzten Jahres eine Notstandsverordnung, um die Förderung Seltener Erden in den USA voranzutreiben.
Ganz aktuell sollen im Rahmen einiger Pilotprojekte die ersten US-Raffinerien für seltene Erden aufgebaut werden. Auch das Militär will sich künftig in diesem Bereich engagieren.
Das alles wird aber nicht ausreichen. Zahlreiche Regulierungen und Verordnungen behindern die Minenbetreiber in den USA und bremsen die inländische Produktion, die im Vergleich mit einer Förderung in China deutlich teurer und damit weniger wettbewerbsfähig ist. Die bürokratischen Hindernisse abzubauen, könnte sich als schwierig herausstellen. Erstens sollen die mannigfaltigen Vorschriften ja primär dem Umweltschutz – also einem Kernthema in Bidens Wahlkampf – dienen. Und zweitens ist die demokratische Partei nicht wirklich für ihre Neigung zu Deregulierungen bekannt.
Als entscheidend könnte sich erweisen, dass Donald Trump in den letzten Tagen seiner Amtszeit die Regelungen zur Erteilung von Schürfgenehmigungen vereinfacht und gleichzeitig zahlreiche Minenprojekte genehmigt hat. Diese Beschlüsse rückgängig zu machen, wäre sehr aufwendig und könnte sich zum Teil über Jahre hinziehen.