Finanzen

Das Volumen negativ rentierender Staatsschulden explodiert

Noch nie wiesen so viele Anleihen auf der Welt negative Renditen auf wie derzeit. Die Entwicklung – welche es so noch nie in der 4000-jährigen Geschichte der Zinsen gegeben hatte – nimmt offenbar an Fahrt auf.
12.01.2021 07:00
Lesezeit: 2 min
Das Volumen negativ rentierender Staatsschulden explodiert
"Buy Euro Bonds" steht am 23.11.2012 auf einer Hauswand in München (Bayern). (Foto: dpa) Foto: Victoria Bonn-Meuser

Das Volumen negativ verzinster beziehungsweise negativ rentierender Staatsanleihen hat einen neuen Höchststand erreicht. Das der österreichischen Schule nahestehende Mises Institute berichtet unter Berufung auf den Analysten Jim Grant, dass derzeit Staatsschulden im Gesamtvolumen von 18,4 Billionen US-Dollar eine Rendite unter null Prozent aufweisen.

Dem Corporate Finance Institute (CFI) zufolge betrug dieses Volumen im Jahr 2019 noch zwischen 13 und 14 Billionen Dollar. Rund ein Viertel aller mit dem Gütesiegel Investment Garde ausgestatteten Anleihen weltweit, so Schätzungen des CFI, weisen inzwischen eine negative Rendite auf und bescheren dem Gläubiger somit Verluste.

Der finanzielle Wahnsinn ist zur neuen Normalität geworden

Das breit angelegte Auftreten negativ rentierender Staatsschulden ist ein neues Phänomen, das keine Parallele in der Finanzgeschichte hat. Grant zitiert den Historiker Richard Sylla mit den Worten, dass „nominal negativ verzinste Schulden noch nie in signifikantem Umfang in den 4.000 Jahren der Geschichte der Zinsen vor dem gegenwärtigen Wirtschaftszyklus beobachtet“ wurden.

Entsprechend unabsehbar seien die langfristigen Folgen dieser Entwicklung, argumentieren Beobachter. Das Mises Institute zitiert Ludwig von Mises mit den Worten:

„Es kann gar keine Rede sein von einer Abschaffung der Zinsen durch Institutionen, Gesetze oder Manipulationen der Banken. Jeder, der Zinsen ‚abschaffen‘ möchte muss Leute dazu bringen, einen Apfel – den man erst in 100 Jahren erhält – gleich wertzuschätzen wie einen Apfel in der Gegenwart.

Was durch Gesetze und Dekrete abgeschafft werden kann ist nur das Recht des Kapitalisten, Zinsen zu erhalten. Aber solche Dekrete würden zur Konsumierung von Kapital führen und die Menschheit sehr schnell wieder in jenen Anfangszustand der natürlichen Armut zurückwerfen.“

Gibt es eine Korrelation zwischen Negativzinsen und Goldpreis?

Interessant sind zudem Betrachtungen des World Gold Council zu den Negativzinsen im Anleiheuniversum, welche die Institution im Sommer 2019 angestellt hatte. „Während weltweit die Anleihezinsen weiter fallen und in einigen Fällen in den negativen Bereich abtauchen scheint es eine direkte Korrelation zwischen den negativ rentierenden Staatsschulden und dem Anstieg des Goldpreises zu geben, welche den Umstand widerspiegelt, dass die Opportunitätskosten von Goldbesitz sinken, wenn die Renditen von Anleihen sinken.“

Anders ausgedrückt wird Gold in einem Umfeld sinkender Zinsen attraktiver, weil der Vorteil von Anleihen – welche im Gegensatz zu Gold Zinsen abwerfen – mehr und mehr dahinschmilzt.

Grafik: Entwicklung von Goldpreis und dem Volumen negativ verzinster Anleihen. (Quelle: World Gold Council)

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...