Es ist allgemein bekannt, dass die Inflation dazu genutzt werden kann, die Staatsschulden abzubauen. Diverse Ökonomen verteidigen diese Ansatz, weil sie der Meinung sind, dass die Staatsschulden sich nicht allein durch Sparmaßnahmen oder Steuererhöhungen abbauen lassen. Dass diese Meinung einleuchtend ist, hat bereits die Schuldenkrise in den südeuropäischen Staaten gezeigt, wo Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen sich nicht sonderlich auf den Abbau der Staatsschulden ausgewirkt haben.
Wenn die US-Regierung nun über ihr fiskalpolitisches Konjunkturpaket finanzielle Mittel an die US-Bürger auszahlen will, würde dies logischerweise die Inflation beflügeln, was sich wiederum positiv auf die immensen Staatsschulden der USA auswirken würde. Die optimale Situation besteht natürlich darin, dass die Inflationsrate höher ist als der Zins. Zum Dezember 2020 wiesen die USA Staatsschulden in Höhe von 27,3 Billionen US-Dollar auf. Es sollen 166 Milliarden US-Dollar an direkten Zahlungen an die Haushalte und an die Arbeiter erfolgen. Haushalte würden in der ersten Runde 600 US-Dollar für jeden Erwachsenen und 600 US-Dollar für jeden Unterhaltsberechtigten erhalten, anstatt 1.200 US-Dollar bzw. 500 US-Dollar – wie dies zu Beginn der Pandemie in einer ersten Runde an Finanzhilfen geschehen ist. Haushalte mit gemischtem Status, in denen einige Personen keine US-Staatsbürger sind, aber auch eigentlich nicht berechtigt sind, würden Zahlungen erhalten, die auf der Anzahl der berechtigten Personen in den Haushalten basieren, anstatt wie zu Beginn der Pandemie ausgeschlossen zu werden. Der größte Unterschied zu den deutschen Nothilfen ist der, dass es sich um Einmalzahlungen handelt – soweit sie weniger als 75.000 US-Dollar (bei Paaren 150.000 US-Dollar) im Jahr verdienen.
An dieser Stelle muss auf eine scheinbare Seltsamkeit hingewiesen werden. Im Verlauf der Pandemie haben die weltweiten Zentralbanken und die US-Notenbank Fed „Rettungspakete“ unvorstellbaren Ausmaßes geschnürt, die jedoch geringe inflationäre Auswirkungen gehabt haben. Dabei muss man sich nur an das Jahr der Finanzkrise 2007/08 erinnern, als es eine inflationäre Alarmstimmung gab. Doch diese Stimmung ist seit März 2020 in zahlreichen Ländern ausgeblieben. Das gilt auch für die USA.
Im Artikel „Großer Börsen-Crash im April 2021: Die EZB muss vorbereitet sein“ wurde zuvor geschildert, dass sich die „Rettungspakete“ vor allem auf die Börsen sehr positiv ausgewirkt haben. Somit konnte ein Börsen-Crash zunächst verhindert werden. „Am 18. März 2020 ging die Fed dazu über, ihre monetäre Basis radikal auszuweiten. Die monetäre Basis steigt, wenn die Zentralbank, Devisen ankauft, Refinanzierungskredite vergibt und Wertpapiere ankauft oder an den Staat Kredite vergibt. Zu diesem Zeitpunkt war der Index-Wert der S&P 500 bereits massiv eingebrochen. Doch durch die Ausweitung der monetären Basis erholte sich der S&P 500-Index relativ schnell. Ein totaler Crash konnte verhindert werden“, heißt es in der Analyse (HIER). Wenn die geldpolitischen Maßnahmen der Fed voraussichtlich am 31. März 2021 auslaufen, müsste es im April 2021 zu einem Crash an den US-Börsen kommen.
Nun müsste man sich dieses mögliche Szenario im Zusammenhang mit den Direktzahlungen der US-Regierung an die Bürger denken:
Ab dem zweiten Quartal würden wir unter den gegebenen Umständen einen Börsen-Crash mit zahlreichen Firmenpleiten in Verbindung mit dem Beginn einer inflationären Phase sehen. Während die inflationäre Phase zu einer Hyperinflation führen könnte, müsste man zu den Firmenpleiten, die der Börsen-Crash auslösen würde, noch jene Firmenpleiten dazurechnen, die aufgrund des Lockdowns untergegangen sind.
Doch was passiert währenddessen in der EU? Die EZB wird an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten, was – wie oben beschrieben – normalerweise die Inflation treiben würde. Im Dezember 2020 lag die Inflationsrate im Euro-Raum nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat wie im November bei minus 0,3 Prozent. Ob das Festhalten der EZB am aktuellen Kurs tatsächlich zu einer Erhöhung der Inflation führen wird, ist unter Berücksichtigung der Abnormalitäten auf den Finanzmärkten ungewiss. Schließlich hat die finanzielle Repression bisher nur dazu geführt, dass die Sparer und Anleger Verluste erlitten haben, während vor allem Deutschland und Frankreich durch die Zinsersparnisse ihre Staatshaushalte sanieren konnten. Dass dieser Kurs weitergefahren werden muss, liegt offenbar auch an der Tatsache, dass die EU-Staaten während der Corona-Pandemie neue Schulden aufnehmen mussten.
An anderer Stelle ergeben sich weitere Realitäten: Deutschland ist über die Nettoauslandspositionen der Bundesbank nach Japan der zweitgrößte Nettogläubiger der Welt. Die Niedrigzinspolitik der EZB hat sich somit bisher nicht nur auf die Anleger und Sparer, sondern auch auf Deutschland als Gläubiger negativ ausgewirkt. Es muss immer wieder wiederholt werden, dass vor allem der deutsche Staat von der Zinspolitik der EZB profitiert hat. Von einem gesamtwirtschaftlichen Profit kann nicht die Rede sein.
Dieser Zustand dürfte sich vertiefen, wenn es in der Euro-Zone in den kommenden Monaten oder Jahren tatsächlich zu einer Inflation und vielleicht sogar zu einer Hyperinflation kommen sollte. Denn dann würden wir einen Fall haben, bei dem erneut der deutsche Staat profitiert, während die Bürger erneut belastet werden.
Die Folgen wären zunächst auch Lücken bei den Löhnen und Renten, aber auch eine Flucht in Sachwerte wäre mehr als nur wahrscheinlich. Der letzte Punkt ist deshalb so brisant, weil die Bürger und Anleger versuchen würden, ihr Geldvermögen in Sachvermögen – vor allem in Immobilien – umzuwandeln, anstatt es an den Kapitalmärkten anzulegen oder auf ihren Bankkonten zu lassen.
Doch wer weiß, vielleicht ist genau das gewollt.