Finanzen

Nach Brexit: Derivate-Handel wechselt von London nach New York - nicht nach Frankfurt

Hoffnungen, dass der Brexit Teile des Derivate-Handels aus London nach Frankfurt oder nach Paris bringt, haben sich nicht erfüllt. Stattdessen profitieren die USA.
24.01.2021 10:05
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Austritt Großbritanniens aus der EU hat dazu geführt, dass Teile des Derivatehandels aus London in die USA und die Niederlande verlagert worden sind. Dies zeigen Daten, die am Donnerstag von IHS Markit veröffentlicht wurden. Hintergrund ist, dass ein Finanzdienstleistungsabkommen aus dem Post-Brexit-Abkommen zwischen Großbritannien und der EU gestrichen worden war.

In den USA hat sich der Handel mit Swaps, die zur Absicherung gegen Zinsänderungen von Euro und Pfund verwendet werden, im Januar verdoppelt. Damit entfallen auf die US-Handelsplätze nun 23 Prozent des Gesamtvolumens für beide Währungen. Der weltweite Handel mit Dollar-Swaps auf US-Börsen stieg im Januar sogar von 36 Prozent auf 48 Prozent. Zugleich ging der Handel in allen drei Währungsswaps in Europa zurück.

London ist Europas größter Standort für den Handel mit diesen Derivaten, mit denen weltweit täglich etwa 2 Milliarden Dollar umgesetzt werden. Laut Kirston Winters, Geschäftsführer von MarkitSERV, dem Derivatdatenzweig von IHS Markit, ist eine Verlagerung in die USA unvermeidlich. Denn Investoren bevorzugen den Handel an den aktivsten Märkten, und die außerbörslichen Derivatemärkte seien "von Natur aus global".

Doch auch in Europa gibt es offenbar Profiteure der Verlagerung des Derivate-Handels aus London. Amsterdam hat seit Anfang des Jahres auch einige Swaps und Staatsschuldengeschäfte hinzugewonnen, sagte Sander van Leijenhorst, Brexit-Programm-Manager bei der niederländischen Regulierungsbehörde Autoriteit Financiële Markten, gegenüber der Financial Times.

Es war erwartet worden, dass die Hauptstadt der Niederlande zu den Gewinnern der Verlagerung weg von London gehören würde, nachdem viele der größten Marktbetreiber der Welt, darunter die US-Unternehmen Tradeweb, MarketAxess und Bloomberg, sie als Standort für ihre Geschäfte in der Europäischen Union ausgewählt hatten.

Dramatischer als die Verschiebung bei Derivaten und Anleihen war laut van Leijenhorst aber die Verschiebung beim Aktienhandel. Zu Beginn des laufenden Jahres übernahm der Amsterdamer Handelsplatz der US-Börse CME auch den Großteil des Londoner EU-Aktienhandels, der typischerweise bis zu 6 Milliarden Euro pro Tag ausmacht.

Die USA und die Niederlande sind die Nutznießer der Fragmentierung der globalen Anleihemärkte und greifen Londons Dominanz über den europäischen Anleihehandel an, sowie über einige der damit verbundenen Derivate. Zudem ist diese Zersplitterung der globalen Anleihemärkte durch den Streit zwischen London und Brüssel noch vergrößert worden.

Der Verlagerung des Londoner Handels mit Derivaten und anderen Wertpapieren in die USA kehrt einen Trend der Jahre 2013 bis 2015 wieder um. Damals wurden in den Vereinigten Staaten strenge Regeln für ausländische Swap-Händler eingeführt, woraufhin sich zahlreiche Händler von der New Yorker Wall Street verabschiedeten.

Doch noch gibt es Hoffnung für die Handelsplätze in der EU, darunter auch Frankfurt und Paris. So sagt van Leijenhorst: "Wir haben mit einer Reihe von Banken gesprochen, deren anfängliche Reaktion darin bestand, auf US-Handelsplätze auszuweichen, die aber an einem Plan arbeiten, einige Geschäfte auf EU-Handelsplätze zu verlagern."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Unser neues Magazin ist da: Wohin steuert die EU? Europas Kampf um Souveränität und Einfluss
16.09.2025

Europa steht am Scheideweg. Zwischen globalen Machtblöcken und innerer Zerrissenheit muss die Europäische Union ihren Kurs finden....

DWN
Panorama
Panorama Online-Banking überzeugt so viele Deutsche wie nie zuvor
16.09.2025

Bankgeschäfte per Computer oder Smartphone sind in Deutschland auf Rekordniveau. Im Jahr 2024 nutzten 67 Prozent der 16- bis 74-Jährigen...

DWN
Technologie
Technologie Innovation gegen Ärztemangel- Frankreich setzt auf Hightech-Kabinen
16.09.2025

In Frankreich breiten sich in ländlichen Regionen zunehmend Kabinen mit Medizingeräten und Videoberatung durch Ärztinnen und Ärzte aus....

DWN
Politik
Politik Nawrocki besucht Berlin – Bundesregierung weist Reparationsforderungen zurück
16.09.2025

Polens neuer rechtskonservativer Präsident Karol Nawrocki ist zu seinem Antrittsbesuch in Berlin eingetroffen. Dabei könnte es zu...

DWN
Immobilien
Immobilien Smart Cities in Europa: Warum die urbane Zukunft mehr als IT braucht
16.09.2025

Smart Cities gelten als Schlüssel für die urbane Zukunft – doch ohne klare Strategie und Bürgerbeteiligung bleiben sie Stückwerk....

DWN
Politik
Politik EU-Datengesetz: Smart-TV bis E-Bike - mit Data Act haben Nutzer neue Rechte
16.09.2025

Der Data Act der EU sieht seit dem 12. September 2025 vor, dass Hersteller Zugang zu den gespeicherten Daten vernetzter Geräte gewähren...

DWN
Politik
Politik Sondergipfel in Katar: Forderung nach internationalem Waffenembargo gegen Israel
15.09.2025

Der Sondergipfel in Katar hat mit scharfer Kritik auf das israelische Vorgehen reagiert. Mehrere Staaten der Region erklärten ihre...

DWN
Politik
Politik UN-Kritik: Israel zielt auf Journalisten um eigene Gräueltaten zu vertuschen
15.09.2025

252 Reporter sind in gut zweieinhalb Jahren im Gazastreifen getötet worden. Diese Zahl sei kein Zufall, meinen Menschenrechtsexperten und...