Der Lockdown bremst die deutsche Wirtschaft nach Ansicht des DIW-Instituts derzeit kräftig und drückt auch die Konsumlaune. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im laufenden ersten Quartal um drei Prozent sinken, nach einer Stagnation Ende 2020, teilten die Berliner Forscher am Mittwoch mit.
"Vor der deutschen Wirtschaft liegt ein langer und steiniger Weg, bevor sie wieder wachsen kann", sagte DIW-Konjunkturchef Claus Michelsen. Die Bundesregierung erwartet 2021 einen BIP-Anstieg von 3,0 Prozent, wie aus dem Jahreswirtschaftsbericht hervorgeht, der Reuters bereits am Dienstag vorlag und den Wirtschaftsminister Peter Altmaier am Nachmittag vorstellen wird.
Die Stimmung der Verbraucher in Deutschland bricht wegen der Corona-Pandemie ein. Die Nürnberger GfK-Marktforscher prognostizieren in ihrem Konsumklima-Barometer für Februar einen Rückgang um 8,1 auf minus 15,6 Punkte. Schlechter war die Stimmung zuletzt im vergangenen Juni. "Die Schließung von Gastronomie und weiten Teilen des Handels Mitte Dezember 2020 hat die Konsumneigung ähnlich hart getroffen wie beim ersten Lockdown im Frühjahr des vergangenen Jahres", sagte GfK-Experte Rolf Bürkl.
Am Job-Markt dürften die Folgen zunächst noch verhalten sein. Denn die Arbeitsagenturen rechnen nach einer monatlichen Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nicht mit einer drastisch steigenden Arbeitslosigkeit. "Die Arbeitsagenturen erwarten, dass der Arbeitsmarkt insgesamt auch einem verlängerten Lockdown standhalten kann", sagte IAB-Experte Enzo Weber.
"Mit der Perspektive der Impfungen vor Augen halten die Betriebe an ihren Beschäftigten fest", sagte Weber. Eine Rolle spiele auch, dass es Entlassungen aus Pandemiegründen oft bereits im zweiten Quartal 2020 gegeben habe. Mit Neueinstellungen halten sich viele Betriebe aber noch zurück, wie aus einer Umfrage des Ifo-Instituts hervorgeht. Die Münchner Forscher warnten: "Der Lockdown führt insbesondere im Einzelhandel zu mehr Entlassungen."
GERÄT WACHSTUMSMOTOR INDUSTRIE AUCH IN ABWÄRTSSTRUDEL?
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht Einbußen vor allem bei Dienstleistern. DIW-Fachmann Michelsen sagte: "Derzeit gehen wir davon aus, dass der harte Lockdown bis Ende Februar aufrechterhalten und dann allmählich aufgehoben wird – und das ist das optimistische Szenario." Bisher laufe es im Verarbeitenden Gewerbe gut, auch dank mehr Auslands-Nachfrage.
Die anhaltenden Einschränkungen dürften aber nach und nach auch die Industrie beeinträchtigen, erklärte DIW-Experte Simon Junker. "Insbesondere in der Automobilindustrie hat sich die Stimmung jüngst merklich eingetrübt." Ein längerer Lockdown würde sich vor allem auf das zweite Quartal negativ auswirken. "Lässt sich indes das Infektionsgeschehen eindämmen, besteht die Hoffnung auf eine rasche Erholung, wie sie auch im dritten Quartal des vergangenen Jahres eingesetzt hatte." Die neuen Lockdowns hätten jedoch die Substanz vieler Firmen weiter verschlechtert, "was das Risiko einer Insolvenzwelle – zumindest in den besonders betroffenen Branchen – erhöht".
Der Chefökonom des Rückversicherers Munich Re, Michael Menhart, gab sich zuversichtlich für die globale Konjunktur. "Die Lage der Weltwirtschaft ist besser, als es viele aktuelle Schlagzeilen vermuten lassen." Sollten Impfungen wie geplant laufen und Einschränkungen zurückgenommen werden, "dürfen wir mit einem sehr robustem globalen Wachstum ab dem zweiten Quartal und einer Rückkehr der Weltwirtschaft auf ihr Vorkrisenniveau bereits im zweiten Halbjahr rechnen."
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