Unternehmen

Deutsche Fahrrad-Industrie: Europäischer Marktführer auf wackeligem Untergrund

Die deutsche Fahrrad-Industrie zählt zu den Corona-Gewinnern und hat im vergangenen Jahr satt zugelegt. Doch gibt es ein Problem.
31.01.2021 11:00
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Deutsche Fahrrad-Industrie: Europäischer Marktführer auf wackeligem Untergrund
Ein Mitarbeiter im Werk des Herstellers "Diamant". (Foto: dpa) Foto: Hendrik Schmidt

Die deutsche Fahrrad-Industrie gehört zu den größten der Welt – ähnlich wie die Autobranche. In Europa steuert sie einen gewichtigen Teil zum Gesamtabsatz des Kontinents bei. Dabei stützt sie sich schon seit Jahren auf ein solides Wachstum, weil viele Kunden aufgrund des Klimawandels immer umweltbewusster denken.

Und jetzt hat diese Entwicklung durch die Corona-Krise noch einmal an Fahrt aufgenommen, weil viele Konsumenten die öffentlichen Verkehrsmittel meiden wollen:

„Wir schätzen, dass die Fahrradindustrie im Jahr 2020 ihren Absatz nach Stückzahlen im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent oder sogar noch mehr vergrößert hat“, erklärte David Eisenberger, der Leiter Marketing & Kommunikation beim Zweirad-Industrie-Verband (ZIV), der Branchenvertretung. Allerdings nannte der Fachmann im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) keine konkreten Zahlen.

Zur Einordnung: Nach den letzten Zahlen, die der Verband Anfang September veröffentlicht hat, haben die deutschen Händler zwischen Januar und Juni rund 3,2 Millionen Fahrräder und E-Bikes verkauft. Das war ein Absatzplus von etwa 9,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Damit hat das Wachstum in den letzten sechs Monaten des vergangenen Jahres noch einmal erheblich an Fahrt aufgenommen.

Diese Entwicklung hat folgende Grund: Zwar hat sich im zweiten Halbjahr 2020 die Produktion in China und in den anderen asiatischen Ländern wieder etwas normalisiert. Doch sind weiterhin die Lieferketten nach Europa gestört, vor allem die Logistik. Dadurch haben sich die Produktpreise erhöht, und die Lieferdauer hat sich verzögert. Zusätzlich ist die Nachfrage signifikant gestiegen. Die deutschen Unternehmen hatten sogar das Luxus-Problem, dass sie dem starken Kaufinteresse kaum nachkamen.

Im Sommer komplett ausverkauft

„Wir waren im Sommer komplett ausverkauft. Selbst im Herbst, wo es normalerweise ruhiger zugeht, war der Andrang in den Läden ungewöhnlich groß. Deswegen wurde das teilweise bereits ausgelieferte Modelljahr 2021 schon Ende 2020 stark nachgefragt,“ sagte Eisenberger.

Grundsätzlich kann sich die deutsche Fahrradindustrie mit jährlichen Umsätzen von mehr als fünf Milliarden Euro nicht im Ansatz mit der Autoindustrie messen, die 2019 mehr als 430 Milliarden Euro umgesetzt hat. Doch ähneln sich die beiden Wirtschaftszweige in ihrer Struktur. Denn auch die Fahrrad-Unternehmen verfügen über starke bekannte Marken – beispielsweise „Diamant“ und „Hercules“, deren Ursprünge sogar bis ins 19. Jahrhundert zurückgehen.

Darüber hinaus kommen auch hier mittlerweile die Komponenten und der Zubehör aus der ganzen Welt. Dazu gehören in erster Linie China, Vietnam, aber auch andere asiatische Länder. Beispielsweise wird die komplette Rahmenproduktion hauptsächlich in Asien gestaltet. Das betrifft auch die Herstellung von E-Bikes, die mehr Teile benötigen als Fahrräder. Die elektronischen Fahrzeuge sind deswegen für die Händler so wichtig, weil sie mittlerweile beim Verkauf eine immer größere Rolle einnehmen.

Und an dem Problem, dass derzeit die Lieferketten gestört sind, dürfte sich wohl auch erstmal nichts ändern, auch wenn die Branche wohl immer weiter wachsen wird: „Auch für 2021 gehen wir von einem Absatzplus zum Vorjahr von 20 Prozent aus“, erklärte Eisenberger. „Doch dürfte es auch wieder zu Problemen bei der Bedienung der Nachfrage kommen. Die Zulieferer sind so schnell nicht in der Lage, die Produktion aufgrund der starken Nachfrage adäquat zu skalieren. Diese Entwicklung wird sich wohl erst 2022 wieder langsam normalisieren."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Siton Mining: Mining mit BTC, XRP und DOGE.Verdienen Sie 8.600 $ pro Tag an passivem Einkommen

Auf dem volatilen Kryptowährungsmarkt ist die Frage, wie sich die täglichen Renditen digitaler Währungen maximieren lassen, anstatt sie...

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen Topmanager erwarten Trendwende bei Börsengängen
17.09.2025

Nach Jahren der Flaute sehen Topmanager eine Trendwende am Markt für Börsengänge. Warum Klarna den Wendepunkt markieren könnte und was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Solar-Krise: Solarfirma Meyer Burger schließt Standorte - 600 Beschäftigten gekündigt
17.09.2025

Rettung geplatzt: Warum auch Investoren keinen Ausweg für den insolventen Solarmodul-Hersteller Meyer Burger sehen und was jetzt mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinesische Waren: Europas Industrie gerät zunehmend unter Druck
17.09.2025

Chinesische Waren fluten Europa. Subventionen aus Peking drücken Preise, während Europas Industrie ins Hintertreffen gerät. Deutschland...

DWN
Politik
Politik AfD stärkste Kraft: AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft TOP10 Biotech-Unternehmen: Was Anleger jetzt wissen müssen
17.09.2025

Biotech-Unternehmen dominieren mit GLP-1 und Onkologie – doch Zölle, Patente und Studienerfolge entscheiden über Renditen. Wer jetzt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Halbleiterstandort Sachsen: Ansiedlung von TSMC - Silicon Saxony rechnet mit 100.000 neuen Jobs
17.09.2025

Sachsen ist Europas größter Mikroelektronik-Standort mit rund 3.600 Unternehmen und rund 83.000 Mitarbeitern. Auf der Halbleitermesse...

DWN
Politik
Politik Haushaltsdebatte im Bundestag: Erst Schlagabtausch, dann Bratwürste für den Koalitionsfrieden
17.09.2025

Merz gegen Weidel: Zum zweiten Mal treten die beiden in einer Generaldebatte gegeneinander an. Weidel wirft Merz „Symbolpolitik“ und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berliner Testament: Ungünstige Nebenwirkungen bei größeren Vermögen – und was sonst zu beachten ist
17.09.2025

Das Berliner Testament ist in Deutschland sehr beliebt, denn es sichert den überlebenden Ehepartner ab. Allerdings hat es auch eine Reihe...