Politik

Deutscher Ethikrat lehnt Impf-Zweiklassengesellschaft ab

Der deutsche Ethikrat hat eine mögliche Bevorzugung geimpfter Bürger gegenüber nicht geimpften Bürgern als ungerecht zurückgewiesen
04.02.2021 14:49
Lesezeit: 1 min

Der Deutsche Ethikrat spricht sich gegen staatliche Sonderregeln für Corona-Geimpfte. Hauptgrund dafür sei die Unsicherheit, ob Geimpfte weitere Personen anstecken könnten, sagte die Vorsitzende des Ethikrates, Alena Buyx, am Donnerstag in Berlin. Sie forderte zugleich, wenn die Infektionszahlen weiter sinken sollten, müssten Maßnahmen der Pandemiebekämpfung, die gravierende Grundrechtseingriffe beinhalten, für alle zurückgenommen werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte, dass Bund und Länder als erstes Schulen und Kita wieder öffnen würden. Allerdings müsse man vermeiden, dass man Schulen öffne und sie dann bei möglicherweise steigenden Infektionszahlen wieder schließen müsse, sagte sie in einem Bürgerdialog mit Eltern mit Blick auf die Ausbreitung von Virus-Mutationen.

Die zunehmende Zahl an Geimpften sowie die langsam sinkenden Infektionszahlen befeuern die Debatte, ob Geimpfte weniger Einschränkungen unterliegen sollten als Nicht-Geimpfte. Kanzlerin Angela Merkel hatte dies bereits abgelehnt. Der Ethikrat argumentiert, dass eine Sonderbehandlung für Geimpfte als ungerecht empfunden würde - zumal sich noch gar nicht alle Personen hätten impfen lassen können, die dies wollen. Zudem zeigten Studien etwa von Astrazeneca nicht, dass alle Geimpfte nicht mehr ansteckend seien, sagte Sigrid Graumann, Sprecherin der AG Pandemie des Ethikrates. Daran werde sich auch auf absehbare Zeit nichts ändern. "Wir müssen noch eine geraume Zeit mit Kontaktbeschränkungen leben", fügte Graumann hinzu. "Besondere Regelungen für Geimpfte wären hier nicht zielführend."

Allerdings wies der stellvertretende Vorsitzende des Ethikrates, Volker Lipp, darauf hin, dass private Firmen davon abweichende Regelungen wegen ihrer Vertragsfreiheit treffen könnten. Er nannte etwa Fluggesellschaften oder Restaurants, die möglicherweise eine Impfung vorschreiben könnten. Entscheidend sei aber, dass dem eine generelle Öffnung für diese Bereiche vorausgehen müsse und dass die Öffnung nicht an Sonderregelungen speziell für Geimpfte geknüpft werde. Lipp wies darauf hin, dass es keine arbeitsrechtliche Impfpflicht geben könne. Der Ethikrat plädiere dafür, in Pflege- und Altenheimen, in denen die meisten Bewohner geimpft sind, besonders strikte Kontaktbeschränkungen aufzuheben.

Am 10. Februar wollen Bund und Länder über die Verlängerung des Lockdowns reden, der bisher bis zum 14. Februar gilt. "Wir sind auf dem letztem Stück Pandemie", sagte Merkel im Bürgerdialog. Die kommenden Wochen würde aber noch hart. Man dürfe die Maßnahmen nicht zu früh aufheben. Der Ethikrat setzte sich dafür ein, dass bei sinkenden Infektionszahlen auch andere Kriterien wie die Zahl der Toten und Intensivpatienten für Entscheidungen über eine Lockerung herangezogen werden. Länder wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben bereits Stufenpläne für mögliche Öffnungsschritte vorgelegt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...