Finanzen
Anzeige

Welche Methoden das Finanzamt bei der Betriebsprüfung einsetzt

Das Finanzamt setzt im Rahmen einer Betriebsprüfung verschiedene Methoden ein. In diesem Artikel werden die Prüfungsmethoden des Finanzamts durchleuchtet. Ein DWN-Service für das deutsche Unternehmertum.
10.02.2021 13:40
Aktualisiert: 10.02.2021 13:40
Lesezeit: 3 min
Welche Methoden das Finanzamt bei der Betriebsprüfung einsetzt
Gesetzestexte zum Steuerstrafrecht stehen am 20.02.2008 im Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung in Köln auf dem Schreibtisch. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Die Finanzämter wenden bei einer Betriebsprüfung verschiedene Methoden an, um Steuerbetrüger ausfindig zu machen. Dabei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz.

Das Benfords-Gesetz bei der Betriebsprüfung

Eine der wichtigsten Methoden bei einer Betriebsprüfung erfolgt nach dem Benfords-Gesetz. Der US-Physiker Frank Benfords hatte nachgewiesen, dass es auf der Welt mehr Zahlen mit niedrigen Ziffern als mit hohen Ziffern gibt. Benfords zufolge ergibt sich dabei folgende mathematische Häufigkeit: Zahl 1 : 30,10 Prozent, Zahl 2 : 17,60 Prozent, Zahl 3 : 12,49 Prozent, Zahl 4 : 9,69 Prozent, Zahl 5 : 7,91 Prozent, Zahl 6 : 6,69 Prozent, Zahl 7 : 5,79 Prozent, Zahl 8 : 5,11 Prozent, Zahl 9 : 4,57 Prozent.

Die Finanzämter nutzen mittlerweile eine Software unter Anwendung des Benfords-Gesetzes, um festzustellen, ob die Buchhaltung einer Firma jener Gesetzesmäßigkeit folgt. Wenn dem nicht so sein sollte, und es gravierende Abweichungen bei der mathematischen Häufigkeit der Zahlen gibt, besteht zumindest ein Verdacht auf Steuerhinterziehung. Ein juristischer Beweis liegt aber noch nicht vor.

Dem Chi-Quadrat-Test zufolge hat “jeder Mensch seine Lieblingszahl”. Es sind also psychologische Faktoren ausschlaggebend. Dieser Test analysiert die Verteilung bestimmter Ziffern. Es ist davon auszugehen, dass jede der Ziffern 0 bis 9 mit einer Häufigkeit von zehn Prozent vorkommt. Wenn der Chi-Quadrat-Test feststellt, dass in der Buchhaltung bestimmte Zahlen mit einer regelmäßigen Häufigkeit vorkommen, besteht zumindest der Verdacht einer Steuerhinterziehung. Ein juristischer Beweis liegt aber noch nicht vor. Der 2. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz stellt in einem Urteil (2 K 1277/10) fest: “Der Test allein ist jedenfalls nicht geeignet, Beweise dafür zu erbringen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist.”

Wenn auffällig viele Eintragungen auf eine Ziffer enden, schlägt der Chi-Quadrat-Test Alarm.

Die Kanzlei Burkhard kritisiert: “Zwar lassen sich mit den Testkombinationen in Versuchsreihen recht gut ausgedachte und manipulierte Zahlen entdecken. Die große Anzahl der untauglichen Ergebnisse und Fehlalarme trüben jedoch das Idealbild eines unfehlbaren und narrensicheren ,Lügendetektors’ für die Buchhaltung durch Chi-Quadrat, Benford, Hill & Co.”

Die Arbeitsgruppe Computational Intelligence liefert zum Chi-Quadrat-Test eine detaillierte wissenschaftliche Anwendungserklärung.

Der Zeitreihenvergleich (Innerer Betriebsvergleich)

Eines der beliebtesten Instrumente bei einer Betriebsprüfung ist der Zeitreihenvergleich. Hierbei werden der Wareneinsatz und der Umsatz miteinander verglichen. Bei der Prüfung erfolgen auch zeitliche Vergleiche im Zusammenhang mit Personal- Energie-, oder sonstige Kosten. Wenn alle Kostenkurven, die in Abhängigkeit zueinander stehen, gleich verlaufen sollten, ist davon auszugehen, dass es keine Kosten gibt, die sich der Unternehmer ausgedacht hat.

Doch der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) führt in einem Urteil (X R 20/13) aus: “Diese Methode wird von der Finanzverwaltung im Rahmen von Außenprüfungen insbesondere bei Gastronomiebetrieben zunehmend häufig angewandt (...) Der BFH hat diese Schätzungsmethode nunmehr nur unter folgenden Einschränkungen zugelassen:

  • Das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb muss über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.
  • Bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ist der Zeitreihenvergleich zum Nachweis materieller Mängel der Buchführung von vornherein ungeeignet.
  • Ist die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten nicht konkret nachgewiesen, sind andere Schätzungsmethoden vorrangig.
  • Auch wenn solche anderen Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, dürfen die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nicht unbesehen übernommen werden, sondern können allenfalls einen Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung bilden.
  • Nur wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Erkenntnisse feststeht, können die Ergebnisse eines --technisch korrekt durchgeführten-- Zeitreihenvergleichs auch für die Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden.”

Die IHK Köln führt folgendes Beispiel für einen Zeitreihenvergleich bei einer Betriebsführung an: “Braucht eine Pizzeria, die am Tag 100 Pizzen verkauft, pro Pizza 250 g geschälte Tomaten, kann ein Zeitreihenvergleich Zweifel an der Buchführung ergeben, wenn zwar über ein Jahr betrachtet 7.500 kg (300 Tage zu 100 Pizzen mit 250 g Tomaten) an geschälten Tomaten verbraucht werden, davon aber nur 1.500 kg im Januar und die restlichen 6.000 kg erst im August erworben wurden. Hier wird durch den Zeitreihenvergleich deutlich, dass spätestens von Mitte März an keine Tomaten zur Pizzaproduktion mehr vorhanden waren, der Verkauf aber gleichwohl weiter lief.”

Die Geldverkehrsrechnung (GVR)

Der Geldverkehrsrechnung (GVR) liegt der Gedanke zugrunde, dass in einem bestimmten Zeitabschnitt nicht mehr Geld ausgegeben werden kann als, im selbigen Zeitabschnitt zuvor auch eingenommen wurde.

Es werden im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Deckungsrechnung die Einnahmen und Ausgaben eines Betriebs in einem bestimmten Zeitraum miteinander verglichen. Wenn die Ausgaben höher sind als die Einnahmen, geht das Finanzamt davon aus, dass die wirklichen Einnahmen weitaus höher liegen. Die Kanzlei Luxem Heuel Prowatke führt aus, dass es vier Arten der Geldverkehrsrechnung gibt. Dazu zählen die Gesamtgeldverkehrsrechnung, die private Geldverkehrsrechnung, die Bargeldverkehrsrechnung und die betriebliche oder sonstige Teilbereichs Geldverkehrsrechnung.

Die Vermögenszuwachsrechnung (VZR)

Der Vermögenszuwachsrechnung (VZR) liegt hingegen der Gedanke zugrunde, dass niemand imstande ist, mehr für den Aufbau seines Vermögens und seine Lebenshaltungskosten auszugeben als ihm an Einkunftsquellen zur Verfügung steht.

Die VZR erfasst der IHK Köln zufolge “im Unterschied zur Geldverkehrsrechnung auch den Bestand des Vermögens. Aus der Vermögensseite werden Rückschlüsse auf die Einnahmenseite gezogen.”

Die Nachkalkulation

Im Verlauf der Nachkalkulation anhand betriebsinterner Daten kann das Finanzamt beispielsweise den Rohgewinnaufschlag anhand des Wareneinsatzes ermitteln. Die IHK Köln liefert dazu ein Beispiel: “Eine Pizzeria verkauft Pizzen, deren Zutaten in der Summe (netto) 1,50 € kosten zum Preis von (netto) 6 €. Der Rohgewinn pro Pizza beträgt mithin 4,50 €, was einem Rohgewinnaufschlag von 300 % entspricht. Der aufgezeichnete Wareneinkauf weist Waren in einem Einkaufswert von 50.000 € auf, folglich müsste der Rohgewinn bei 150.000 €, der Umsatz bei 200.000 € liegen.”


DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rohstoffmacht China: Wie Peking Europas Mittelstand in die Abhängigkeit treibt
16.11.2025

China verschiebt seine Exportkontrollen für Seltene Erden – offiziell um ein Jahr. Doch das ist keine Entspannung, sondern eine...

DWN
Technologie
Technologie Kuka weitet Stellenabbau in Augsburg aus – 560 Jobs betroffen
16.11.2025

Der Roboterhersteller Kuka plant an seinem Stammsitz in Augsburg einen größeren Stellenabbau als zunächst angekündigt. Statt der...

DWN
Immobilien
Immobilien PV-Anlagen für Unternehmen: Wie Betriebe mit Steuerbonus und Eigenstrom doppelt punkten
16.11.2025

Gewerbliche Photovoltaikanlagen gewinnen für den Mittelstand zunehmend an Bedeutung. Durch den Investitionsabzugsbetrag und die...

DWN
Politik
Politik Europa im Wandel: Populismus und Spannungen in Deutschland, England und Frankreich
16.11.2025

Europa steht vor politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, während der Zusammenhalt innerhalb der EU zunehmend brüchig wird....

DWN
Politik
Politik Von der Leyen unter Druck: Zwei Billionen Euro und kein Plan für Europas Bauern
16.11.2025

Der Streit um Agrarsubventionen spaltet die Europäische Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den EU-Haushalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...