Der neue US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping haben zum ersten Mal miteinander telefoniert.
Nach Angaben des Weißen Hauses unterstrich Biden in dem Gespräch seine „grundlegenden Sorgen über Pekings zwangsweise und unfaire wirtschaftliche Praktiken, die Repression in Hongkong, Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und zunehmend herausfordernde Aktionen in der Region, einschließlich gegenüber Taiwan“, wie die dpa berichtet.
Xi hielt dagegen. Er warnte vor einer „Konfrontation“, „die definitiv katastrophal für beide Länder und die Welt ist“, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Auch konterte Xi Jinping, Hongkong, Taiwan und Xinjiang seien „innere Angelegenheiten Chinas“. Es gehe um seine Souveränität und territoriale Integrität. „Die USA sollten Chinas Kerninteressen respektieren und vorsichtig handeln.“
In dem Gespräch am Donnerstagmorgen Pekinger Zeit tauschten sich beide Staatsoberhäupter nach US-Angaben auch über den Kampf gegen die Covid-19-Pandemie und die „gemeinsamen Herausforderungen“ für die Gesundheit in der Welt, den Klimawandel und das Verhindern einer Weiterverbreitung von Waffen aus. Biden setzte sich zudem für einen „freien und offenen Indo-Pazifik“ ein – ein geostrategisches Konzept der US-Regierungen seit Donald Trump, um die Präsenz und Aktivität des US-Militärs in beiden Ozeanen zu rechtfertigen. China beansprucht weite Teile des Südchinesischen Meeres – eines Randmeeres des Pazifik – für sich, wo auch die US-Marine operiert.
Das Verhältnis zwischen den beiden größten Volkswirtschaften ist unter Bidens Vorgänger Donald Trump auf den tiefsten Stand seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen. Beide Länder liefern sich einen erbitterten Handelskrieg mit Strafzöllen. Die USA versuchen, Chinas Zugang zu Technologie zu beschränken und die US-Wirtschaft stärker von China zu „entkoppeln“. Der chinakritische Kurs findet parteiübergreifende Zustimmung im US-Kongress. Biden hatte China zuvor schon mehrfach als aggressiven Rivalen beschrieben und angekündigt, dass das Land eine „extremen Wettbewerb“ aus den USA erfahren werde, wie die Financial Times berichtete.
Pentagon soll neue Strategien entwickeln
„China stellt uns vor wachsende Herausforderungen, denen wir begegnen müssen, um im Indo-Pazifik-Raum und weltweit den Frieden zu bewahren und unsere Interessen zu verteidigen“, sagte Biden am Mittwoch in einer Rede im Pentagon. Darum werde das US-Verteidigungsministerium alle Aspekte seiner China-Strategie überprüfen. Es gehe darum, den „Wettbewerb“ mit der Volksrepublik zu „gewinnen“.
So sollen unter anderem Einsatzkonzepte, Technologien und Truppenstärken auf den Prüfstand gestellt werden. Daran würden zivile und militärische Experten beteiligt, um in wenigen Monaten Handlungsempfehlungen für den weiteren Umgang mit China zu haben. Die US-Streitkräfte unterhalten eine Pazifikflotte und haben in Asien eine bedeutende Militärpräsenz, darunter in Japan, Südkorea und dem US-Außengebiet Guam, die von China als Bedrohung empfunden wird.
Chinas Präsident rief Biden in dem Telefonat dazu auf, Konflikt und Konfrontation zu vermeiden. Kooperation sei die einzig richtige Wahl, während Auseinandersetzung beiden Ländern schaden werde. Die USA und China sollten zusammenarbeiten und sich auf halbem Wege treffen. Differenzen seien normal. Doch sei entscheidend, damit angemessen und konstruktiv umzugehen und sich gegenseitig zu respektieren.
Nach den Turbulenzen unter dem schwer berechenbaren US-Präsidenten Trump sprach sich Xi Jinping auch dafür aus, die verschiedenen Dialogkanäle zwischen beiden Ländern „wiederherzustellen“, um ein besseres Verständnis zu fördern und Missverständnisse zu vermeiden. Außer diplomatischen Kanälen nannte Chinas Präsident einen Ausbau der Kontakte in der Wirtschaft, im Finanzwesen, in der Strafverfolgung und zwischen beiden Streitkräften.
Die China-Politik der neuen US-Regierung bestimmt auch den Spielraum der Europäer im Umgang mit seinem größten Handelspartner. Anders als Trump setzt Biden auf Allianzen mit Verbündeten in Asien und Europa. Um das aufsteigende China einzudämmen. Die Europäer hatten sich um den Jahreswechsel mit China auf ein umfangreiches Investitionsabkommen geeinigt, das Washington kritisch sieht. „Alle Bemühungen der Biden-Administration, Wettbewerb und Kooperation mit China auszubalancieren, werden eine konfrontative Kante haben und Elemente systemischer Rivalität beinhalten, die weiter gehen wird als das, was Europa wahrscheinlich unterstützen wird“, zitiert die dpa einen Analysten des Berliner China-Instituts Merics.
Konfrontation weiterhin „quicklebendig“
Schon häufiger hatten die Deutschen Wirtschaftsnachrichten mit Blick auf den amerikanisch-chinesischen Machtkampf auf die im Forex-Report geäußerten, erfrischend direkten, Kommentare des Finanzdienstleisters Solvecon verwiesen. So heißt es dort zum Gespräch zwischen Biden und Xi:
Hoffnungswerte auf eine nachhaltige Besserung des Verhältnisses USA-China sind fehl am Platz. Präsident Biden lieferte im ersten Telefonat mit dem chinesischen Regierungschef Xi diplomatische Umgangsformen, mehr aber auch nicht. Es heißt, Biden hätte Bedenken über Chinas Umgang mit Hongkong, der Situation in Xinjiang und zunehmenden Aktionen gegenüber Taiwan geäußert. Wir fragen uns, ob Xi die markanten Demokratiedefizite der USA, die erhebliche US-Rassen- und Länderdiskriminierung, die internationalen Rechtsverletzungen seitens der USA und den Eingriff in Chinas Souveränitätsrechte (UN-Charta) als auch provokante Militärspiele im Chinesischen Meer (nicht US-Meer) argumentativ nutzte.
Biden und Xi haben sich darüber hinaus über die Bekämpfung der Corona-Pandemie, über Herausforderungen des Klimawandels und den Waffenhandel ausgetauscht. Die USA streben trotz Meinungsverschiedenheiten eine offene Kommunikation an. Die USA wollen laut Insidern unter Biden zeitnah neue gezielte Einschränkungen auf sensible Technologieexporte nach China in Abstimmung mit Verbündeten erlassen. Die verfügten Strafzölle sollen bestehen bleiben. Fazit: Es ist gut, dass man miteinander redet und diplomatische Formen wahrt und politische Formate nicht aufgibt. Die US-Aggression gegen China mutiert, sie ist aber weiter quicklebendig.