Die Ära des Dieselautos geht ihrem Ende entgegen. Durch die Vorgaben der Politik wird er zum einen für Käufer immer weniger attraktiv, zum anderen für die Hersteller zur Belastung. Darüber hinaus setzt vor allem VW komplett auf die E-Mobilität, und andere Autobauer fangen an, es dem Platzhirsch nachzumachen. Dazu kommt der Umstand, dass der Bau der neuen Tesla-Gigafabrik in Brandenburg die Nachfrage nach E-Autos weiter anheizen dürfte. Für Deutschlands Zulieferer bedeutet diese Entwicklung eine Katastrophe.
Zahlen lügen nicht
Wurden im Jahr 2016 in Westeuropa noch fast 6,92 Millionen Diesel verkauft, waren es letztes Jahr nur noch 2,83 Millionen. Also 4,1 Millionen Einheiten weniger – das entspricht einem Rückgang von 59 Prozent in gerade einmal vier Jahren. Und die Tendenz zeigt weiter steil nach unten. Nach Berechnungen des Duisburger „CAR Center Automotive Research“ werden dieses Jahr nur noch knapp 2,41 Millionen Diesel verkauft werden – also mehr als 400.000 Einheiten weniger als letztes Jahr. In dieser Dekade werden die Verkaufszahlen jedes Jahr rapide zurückgehen – bis sie 2030 bei gerade noch mal 391.000 liegen werden. Das entspricht einem Rückgang von 6,53 Millionen verkauften Einheiten (in Prozent: knapp 94,5) innerhalb von 15 Jahren. Um es noch einmal zu verdeutlichen: 2016: 6,92 Millionen Diesel = 100 Prozent. 2030: 391.000 Millionen Diesel = 5,5 Prozent. Der Diesel wird sich zum absoluten Nischenprodukt entwickeln!
Warum der Diesel seinem Ende entgegengeht
Gründe für das bevorstehende Ende der Diesel-Ära gibt es mehrere.
- Für potentielle Käufer wird der Diesel an Bedeutung verlieren, weil:
- Innerhalb der nächsten fünf Jahre die Tonne CO2 mit 55 Euro besteuert werden soll. Diesel wird dadurch um mehr als 20 Cent pro Liter teurer.
- Die Euro-7-Abgasnorm zwar noch nicht verabschiedet wurde, zweifellos aber durchgesetzt werden wird. Die notwendige Abgas-Technik wird laut Experten jeden Diesel-Neuwagen um deutlich mehr als 1.000 Euro teurer machen.
- Für die Hersteller wird sich die Produktion von Diesel-Fahrzeugen im großen Stil nicht mehr rentieren, weil die EU-Kommission strengere CO2-Vorschriften für die Hersteller erlassen wird. Sie besagen, dass die durchschnittlichen Emissionen der neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers einen gesetzlich fixierten Grenzwert in Gramm CO2 pro gefahrenen Kilometer nicht überschreiten dürfen. Mit diesen Vorgaben wird der Diesel für die Autobauer bei der Erfüllung der CO2-Vorgaben zum Problem – das sie ganz einfach dadurch lösen werden, dass sie weniger Diesel produzieren werden.
- Einzelne Hersteller fokussieren sich einseitig auf die E-Mobilität, ganz besonders VW. Auch Tesla dürfte mit dem Bau seiner Giga-Fabrik in Brandenburg die Nachfrage nach E-Autos weiter anheizen. Dazu kommen der EQA von Mercedes, der Q4 E-Tron von Audi: Der Diesel sieht sich zunehmend einer übermächtigen Konkurrenz gegenüber.
- Überall in Europa entstehen derzeit gewaltige Batteriezell-Fabriken. Die Zell-Technik entwickelt sich rasend schnell, die Produktion wird immer günstiger (Tesla plant, seine Batterie-Kosten fast zu halbieren, die anderen Autobauer haben ähnliche Pläne in der Schublade liegen). Etwa Mitte des Jahrzehnts könnte sich die Festkörper-Batterie als Serien-Batterie entwickeln. Das würde bedeuten, dass ein E-Auto über eine Reichweite wie ein Diesel verfügt und auch seine Ladezeiten sich massiv verkürzen.
Ein bitteres Fazit
Für viele Zulieferer – große wie Bosch und Continental, aber auch zahlreiche mittelständisch geprägte -, wird diese Entwicklung zu einer existenziellen Bedrohung. Der Diesel war ihr Goldesel, war der große Gewinnbringer. Fällt er weg, werden Anpassungen unvermeidlich und dürften Entlassungen in großem Stil kaum vermeidbar sein. Wobei die notwendigen Anpassungen nicht problemlos realisiert werden können – Produktionsanlagen lassen sich eben nicht einfach über Nacht umrüsten. Und das Elektroauto steht als Ersatz nicht zur Verfügung: Sein wichtigster Bestandteil ist zur Domäne der Batterie-Hersteller geworden, und viele Teile wie beispielsweise Anlasser, Einspritzsystem, Kurbelgehäuse, Tank und Auspuff fallen ganz einfach weg.
CAR weist auf folgende Ereignisse hin, die noch gar nicht so lange zurückliegen, aber schon fast aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden zu sein scheinen: „Die Tragik … nämlich die Betrügereien bei VW während der Zeit des früheren Vorstandsvorsitzenden Winterkorn, haben den Diesel schneller zerstört, als viele es wahrhaben wollen.“ Das Forschungsinstitut zieht folgendes kurze, aber prägnante Fazit: „Ausgedieselt, so traurig das für den einzelnen sein mag, lautet die Entwicklung.“
Im Dezember letzten Jahres hatten die Deutschen Wirtschaftsnachrichten bereits einen Artikel mit dem Titel „Marktanteile sinken rasant: Der Feldzug gegen den Diesel und seine Folgen“ veröffentlicht“. In der Einleitung hieß es damals: „Seit Jahren sinken die Verkaufszahlen von Diesel-Fahrzeugen - umkehren lässt sich der Trend wohl nicht mehr.“ Die Aussage hat nichts von ihrer Gültigkeit verloren – nur das „wohl“ darf man guten Gewissens streichen.